Polizei : Newsletter Nr. 20, August 2000

 1)   Soziale Kontrolle und Straßenkriminalität
 2)   Computer-Wut nimmt zu
 3)   Ausgangssperren für Jugendliche – ein Mittel gegen Jugendkriminalität?
 4)   Gesundheitsüberwachung via Internet und Satellit
 5)   Ausgediente Handys für Notfälle
 6)   Sofort-Maßnahmen gegen Web-Sabotage
 7)   Mehrfachtatverdächtige im Freistaat Sachsen
 8)   Effektive kriminalpolizeiliche Arbeit: Was macht einen guten Kripo-Beamten aus?
 9)   Nachdiplomstudiengang Kriminologie in Bern
10)  Sicherheitsfaktor Mensch
11)  Jahrestagung der „Kritischen Polizisten“
12)  The Safety and Democracy 2001 Forum
13)  LKA Hamburg veröffentlicht Studie zum Methadonprogramm
14)  Verpolizeilichung der Bundesrepublik Deutschland – Polizei und Bürgerrechte in den Städten (Tagung)
15)  Das (Aller)letzte:
 
1) Soziale Kontrolle und Straßenkriminalität
Seit langem wird die These vertreten, dass dort, wo eine funktionierende (informelle) soziale Kontrolle vorhanden ist, die (Strassen)Kriminalität geringer ist. Umgekehrt wird auch davon ausgegangen, dass dort, wo die Straßenkriminalität ansteigt, die informelle soziale Kontrolle und die informelle Überwachung zurückgehen, weil die Kriminalitätsfurcht bei den Anwohnern ansteigt. Die empirische Studie von Bellair geht diesen Zusammenhängen nach und versucht eine Antwort auf die Frage zu finden, was wodurch beeinflusst wird. Quelle: Paul E. Bellair, Informal Surveillance and Street Crime: A Complex Relationship. In: Criminology 38,1, 2000, S. 137-169.
 
 
2) Computer-Wut nimmt zu
Nicht nur auf der Autobahn oder im Flugzeug, auch am Computer verlieren die Briten zunehmend die Nerven. Nach einer kürzlich veröffentlichten Umfrage werden Bürokollegen häufig beleidigende Worte oder gar Computerteile an den Kopf geworfen, wenn der PC zusammenbricht. Am schlimmsten ist es, wenn das Gerät "einfriert" und wichtige Daten verloren gehen, fand die Software-Gesellschaft Symantec in Zusammenarbeit mit einem nationalen Umfrage-Institut heraus. http://www.symantec.co.uk Quelle: Newsflash 05/00
 
 
3) Ausgangssperren für Jugendliche – ein Mittel gegen Jugendkriminalität?
Nachdem in den USA seit Jahren Städte abendliche Ausgangssperren für Jugendliche verhängt haben, um so gegen die Jugendkriminalität vorzugehen, ist immer wieder die Frage diskutiert worden, ob diese Ausgangssperren überhaupt eine Wirkung haben. Inzwischen verfügen 80% der 200 größten Städte in den USA über solche Gesetze (juvenile curfew laws), die z.B. in New Orleans Jugendlichen den Aufenthalt auf öffentlichen Wegen und Plätzen ohne Begleitung eines Erziehungsberechtigten nach 20 Uhr bzw. 21 Uhr (in der Woche über im Winter bzw. Sommer) bzw. nach 23 Uhr (an Wochenenden) verbieten. Eine gerade veröffentlichte empirische Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Viktimisierungen ebenso wie die Verhaftungen von Jugendlichen nicht signifikant rückläufig waren, nachdem ein solches Gesetz (und zwar eines des restriktivsten in den USA) in New Orleans in Kraft gesetzt worden war. Gleichzeitig stiegen die Viktimisierungen zu den Nicht-Curfew-Zeiten an. Die Autoren gehen auch der Frage nach, wieso solche von jedem als „wirksam“ erachtete Regelungen offensichtlich keine signifikanten Wirkungen (und zum Teil sogar kontraproduktive) haben. Quelle: K.M. Reynolds, R. Seydlitz, P. Jenkins: Do Juvenile Curfew Laws Work? In: Justice Quarterly 17, 1, 2000, S. 205-230.
 
 
4) Gesundheitsüberwachung via Internet und Satellit
Ein Lifeshirt mit eingebauten Sensoren überwacht ständig die Gesundheit seines Trägers und übermittelt die Daten via Internet an die Klinik. Verschlechtert sich der Gesundheitszustand, wird automatisch der Hausarzt alarmiert. Kosten ca. DM 500.-, plus pro Tag ca. DM 60.-, bislang wohl nur in den USA verfügbar; http://www.lifeshirt.com . Ein Satellitenortungssystem, das unter die Haut implantiert wird, bietet eine US-Firma an www.adsx.com. Muskelbewegungen des Trägers sorgen für die Energie. Ende 2000 soll der erste Prototyp fertig sein. (Quelle: Trendletter 2/2000).
 
 
5) Ausgediente Handys für Notfälle
Der Cuxhavener Polizeikommissar Peter Döscher sammelt alte Handys ohne gültige Karte und verteilt sie an Leute, für die sie lebenswichtig sein können. Die Notruf-Funktion bleibt bei diesen Handys aktiv und wer z.B. als Rollstuhlfahrer in eine Notsituation gerät, kann dies dann nutzen. Quelle: 1/2000 New World (Siemens Magazin).
 
 
6) Sofort-Maßnahmen gegen Web-Sabotage
Unter www.bsi.de/ddos.html hat die durch BIM Otto Schily ins Leben gerufene Task Force "Sicheres Internet" einen Katalog mit 15 Maßnahmen für mehr Sicherheit im Internet vorgelegt. Nicht zuletzt "ILOVEYOU" hat wieder einmal vorgeführt, wie hochgradig abhängig man heute von einer intakt funktionierenden Informationstechnik ist. Der Katalog will sogenannte "Distibuted Denials of Service, DDoS) erschweren. Anlass waren die im Februar verstärkt beobachteten DoS-Angriffe auf renommierte Internet-Anbieter. Der Katalog ist gegliedert in Maßnahmen für Serverbetreiber, Netzvermittler und Endanwender. Auf der selben Webseite erfährt man auch eine Mail-Adresse, unter der man kostenlos das IT-Grundschutzhandbuch als CD-ROM bestellen kann. Wer nicht warten will, kann es auch online einsehen.

Quelle: c't 10/2000 S. 38, bsi-homepage
 
 
7) Mehrfachtatverdächtige im Freistaat Sachsen
Die Untersuchung des Landeskriminalamtes Sachsen (http://www.lka.sachsen.de ; empfehlenswert ist auch die Präventionshomepage des sächsischen LKA, vor allem zur Kinderprävention mit „Poldi“!)ist jetzt in der Forschungsreihe des Kriminalistischen Instituts im BKA erschienen (Wiesbaden 2000) (leider kein Internet-Nachweis). Ausgewertet wurden Daten über Tatverdächtige im Zeitraum von 1991 bis 1996. Danach traten 30% aller ermittelten Tatverdächtigen mindestens zweimal polizeilich in Erscheinung. Sie begingen insgesamt etwa zwei Drittel der aufgeklärten Kriminalität in Sachsen. Der Tatverdächtigenkreis mit besonders hoher krimineller Energie (mehr als 10 Delikte) reduziert sich auf 3% der TV. Wichtig auch das folgende Ergebnis: „Trotz steigende Anteile von tatverdächtigen Kindern und Jugendlichen trägt die Kriminalität dieser Altersgruppe in der Regel Episodencharakter. Die seit 1991 kontinuierlich gewachsenen Tatverdächtigenzahlen sind vor allem Ausdruck besserer Aufklärung und nicht gleichbedeutend mit einem adäquaten Anstieg der Kinder- und Jugendkriminalität.“ (S.59) Gut, so etwas einmal aus polizeilicher Quelle zu erfahren. Die auch methodisch aufwendige und sauber durchgeführte Studie ist auch durch viele Tabellen und eine ausführlichen Anhang für weitere Analysen geeignet.
 
 
8) Effektive kriminalpolizeiliche Arbeit: Was macht einen guten Kripo-Beamten aus?
Mit dieser Frage beschäftigt sich eine Studie des britischen Home Office, in der 40 Kriminalpolizisten, die von ihren Kollegen als besonders „effektiv“ bezeichnet wurden, befragt wurden. Die Ergebnisse werden in 22 „core skills“ (Grundfertigkeiten) zusammengefasst, die sich in drei Bereiche aufteilen: Ermittlung, Wissen, Management. Die Studie beschäftigt sich auch mit der Auswahl und der Fortbildung der entsprechenden Beamten. Nicky Smith, Conor Flanagan, The Effective Detective: Identifying the skills of an effective SIO. Police Research Series paper 122, Home Office, Policing and Reducing Crime Unit, London 2000 (http://www.homeoffice.gov.uk, aber auf der Homepage kein Nachweis der Studie).
 
 
9) Nachdiplomstudiengang Kriminologie in Bern
Die Universität Bern bietet neu einen Nachdiplomstudiengang Kriminologie an. Näheres dazu erfahren Sie auf der website http://www.cx.unibe.ch/krim/de/index.htm.
 
 
10) Sicherheitsfaktor Mensch
Wie das FBI, das US-Justizministerium und das Institut für System Administration, Networking & Security (SANS) in einer Auflistung der größten Sicherheitsbedrohungen für Computersysteme veröffentlicht haben, sind die fünf gravierendsten Punkte im Regelfall auf Fehler des (Internet-)Users zurückzuführen. Allen voran steht das Öffnen von E-Mail-Attachments unbekannter oder zweifelhafter Herkunft gefolgt von der unzureichenden Installation an Sicherheits-Updates für Browser- und E-Mail-Client-Software. Die Sicherheitsproblematik ist angesichts von weltweiten Milliardenschäden für die Wirtschaft durch die jüngsten Viren-Attacken von Loveletter und Co, auch dem unbekümmertsten Anwender vor Augen geführt worden. Quelle:  http://www.forumnews.de/Artikel.asp?AID=4036
 
 
11) Jahrestagung der „Kritischen Polizisten“
vom 10. bis 12. November 2000 findet in Hamburg die Jahrestagung der Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten zum Thema „Die Polizei als Organisation mit Gewaltlizenz“ statt. Referenten sind u.a. Michael Farrell (New York), Werner Hackmann (ehem. Innensenator HH), Hans-Joachim Heuer (PFA), Hans Lisken (Polizeipräsident a.D.), Jan Philipp Reemtsma und Jerome Skolnik (New York/Berkeley). Nähere Informationen (Programm etc.) über Martin Herrnkind (Herrnkind.Martin@t-online.de).
 
 
12) The Safety and Democracy 2001 Forum
Das Europäische Forum für Sicherheit in den Städten (ein Netzwerk europäischer Grosstädten, die sich seit vielen Jahren mit dem Thema „Sichere Stadt“ beschäftigen) veranstaltet vom 7.-9. Dezember 2000 in Neapel eine Tagung, die sich mit Kriminalität in den Städten beschäftigt. Gewalt, Stadtplanung, Jugendliche und Mobilität sind einige der Themen. Näheres unter www.urbansecurity.org . Die Homepage enthält auch weitere Informationen zur Arbeit des Europäischen Forums.
 
 
13) LKA Hamburg veröffentlicht Studie zum Methadonprogramm
Unter dem Titel „Einfluss des Methadonprogramms auf die Delinquenzentwicklung polizeibekannter Drogenkonsument/-innen“ hat das LKA Hamburg eine Studie veröffentlicht, die in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer erstellt worden war. Danach senkt das Hamburger Substitutionsprogramm die indirekte Beschaffungskriminalität, und zwar am stärksten in den Bereichen Wohnungseinbruch, Diebstahl auf Kfz, Schwarzfahren und Handel und Erwerb mit/von Heroin. Die staatliche Methadonvergabe hat den zusätzlichen Effekt, dass die Schwarzmarktpreise für Heroin und Kokain sinken. Bezug über Polizei Hamburg, LKA 14, Kriminologische Forschung, Hindenburgstr. 47, 22297 Hamburg. Oder lka14@bfi.hamburg.de
 
 
14) Verpolizeilichung der Bundesrepublik Deutschland – Polizei und Bürgerrechte in den Städten (Tagung)
Mit diesem Titel findet vom 15.-17. September 2000 in der Evangelischen Akademie Arnoldshain eine Tagung statt, die gemeinsam mit dem Komitee für Grundrecht und Demokratie veranstaltet wird. Zu den Referenten gehören u.a. Roland Roth aus Berlin und Fritz Sack aus Hamburg sowie Vertreter von CILIP, Berlin und von der BAG Kritische Polizisten. Nähere Infos über EvAkademie@t-online.de oder Grundrechtekomitee@t-online.de.
 
 
15) Das (Aller)letzte:
Wie er fährt, so liebt er („der“ Mann natürlich...).

Eine englische Studie glaubt nachweisen zu können, dass Rüpel am Steuer auch im Bett eher ruppige Zeitgenossen sind. Der für die Studie verantwortliche Psychologe Chris Brugess rät denn auch Frauen, sich vor einer Heirat erst einmal die Fahrkünste ihres Zukünftigen anzusehen, da schlechte Autofahrer auch schlechte Liebhaber seien. Die Berliner Psychologin Gisela Thiedemann fügt dem noch hinzu: Fahrbahnwechsler neigen auch oft dazu, die Partnerin zu wechseln. Ob die links-fahrenden Engländer auch im Bett eher links liegen, wird dagegen nicht berichtet... Quelle: Tagesspiegel (Berlin) 6.7.2000.