OLG Braunschweig 30.8.2018: Rechtswidrige Gewahrsamnahme eines vorgeblichen „Ultras“

Eine nicht seltene Praxis des Einschreitens gegen Fußballfans aus der sog. Ultra-Szene war im zu entscheidenden Fall nach Ansicht des OLG Braunschweig von der Rechtslage nicht gedeckt; die Gewahrsamsnahme war damit rechtswidrig: Allein eine Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur Ultra-Szene und dessen Einstufung als Fan der Kategorie „B“ durch einen szenekundigen Beamten genügt nicht, um eine den dargestellten Anforderungen genügende Gefahrenprognose zu erstellen. Vielmehr müssen weitere (lndiz-)Tatsachen hinzukommen, die die Annahme rechtfertigen, dass die gruppenzugehörige Person in einem bestimmten Gebiet eine Straftat begehen wird. Die Beurteilung des jeweiligen Einzelfalls kann dabei insbesondere von der fraglichen Gruppe, der zu ihr vorhandenen polizeilichen und sonstigen Erkenntnisse, der Einbindung des Betroffenen in diese Gruppe sowie seinem gruppenbezogenen Verhalten in der Vergangenheit abhängig sein (…).

Steht „lediglich“ fest, dass eine Person (einfaches) Mitglied einer sogenannten Ultra-Gruppierung ist oder in einem polizeilichen Informationssystem geführt wird, so ist dies in der Regel für sich gesehen nicht ausreichend, um die erforderliche Gefahrenprognose zu begründen (…). Das Bevorstehen von Straftaten aus einer Gruppe heraus rechtfertigt allein nicht den Gewahrsam gegen jedes Gruppenmitglied. Anders ist dies nur zu beurteilen, wenn es konkrete Anhaltspunkte für einen kollektiven Vorsatz gibt.“ Mit Blick auf die Schwere des Eingriffs steht in solchen Fällen auch eine Klage auf Schmerzensgeld im Raume.

Quelle: 2018-08-30 Beschluss OLG Braunschweig