Ralph Ghadban – Arabische Clans – Die unterschätzte Gefahr – Rezensiert von: Patrick Rohde

Ghadban, Ralph; Arabische Clans, Die unterschätzte Gefahr; Econ Verlag , Berlin 2018, 304 Seiten, € 18,00; ISBN 978-3-430-20255-8

Vorab: Ralph Ghadban ist Islamwissenschaftler, Politologe und Publizist der im Libanon geboren wurde und im Erwachsenenalter aus dem Libanon nach Berlin zog. In dieser Hinsicht kann er nicht nur als studierter Wissenschaftler vom Thema arabische Clans sprechen, sondern auch von seinem praktischen Erleben in Berlin und im Libanon. Man wird ihm zumindest nur schwerer als bei anderen potentiellen Autoren Rassismus beziehungsweise Ausländerfeindlichkeit unterstellen können, zumal er als ehemaliger Sozialarbeiter in diesem Migrationsbereich aktiv war.

Sein Buch „Arabische Clans“ ist mit über 270 Seiten Textteil sehr umfassend aufgebaut.

Der Autor bietet in seinem Buch einen guten historischen Abriss über die gesamte Entwicklungsgeschichte arabischer Großfamilien, die aus dem Gebiet des Libanons stammen, oder aber, bevor sie nach Deutschland migrierten im Libanon zumindest kurzfristig lebten und ihren eigentliche kulturellen Ursprung in einem anderen Gebiet hatten. Zunächst bezieht sich die Darstellung im Buch nicht nur auf Clans, sondern auf die komplette ethnische Gruppe. Einen Schwerpunkt des Buchinhalts nehmen dabei die Mhallami-Kurden ein. Dabei wird bis auf die Zeit vor den Propheten Mohammeds und den beginnenden Islam zurückgegangen um die kulturelle Entwicklung zu beschreiben. Das Buch macht so auf die von der Religiosität losgelösten Gründe aufmerksam. Des Weiteren wird das Verhältnis der Clans zum Rechtsstaat ausführlich beschrieben und zum Schluss noch Lösungsvorschläge des Autors zur Bekämpfung der Clankriminalität vorgestellt.

Das Buch hat dokumentarischen Charakter und weist Fußnoten auf, was den Anschein eines wissenschaftlichen Sachbuchs hervorrufen könnte, zudem ist ein Literaturverzeichnis am Ende des Buches vorhanden. Allerdings sind viele Quellen, die zitiert werden, nicht wissenschaftlichen Standards entsprechend (bspw. Youtube, Kölner Stadtanzeiger, WAZ, Focus etc.).

Die Beschreibung der arabischen Familienstrukturen (Großfamilien, Leben nach der Scharia, teilweise Ablehnung westlicher Werte) im Buch zeigt Probleme in den aktuellen Integrationsdebatten auf, auf die der Autor aufmerksam macht und auf bereits in den 70er und 80er Jahren begangene Fehler in der Integrationspolitik hinweist. Dazu zählt er die damaligen rechtlichen Integrationshemmnissen, wie das Asylrecht und den damit einhergehenden Erschwernissen bei der Arbeitsaufnahme oder fehlenden Zugang zur Bildung, da keine Schulpflicht für zugewanderte Flüchtlinge der 70er Jahre, auf.

Beeindruckend ist auch der Blick des Autors auf die derzeitig stattfindenden parallelen Entwicklungen bei der Zuwanderung seit 2015, die Ähnlichkeiten aufweisen. Ähnliche patriarchalische Familienstrukturen sind auch dort vorhanden, sodass Fehler der Integrationspolitik, wie bei arabischen Migranten (darunter auch Clanfamilien) der 70er Jahre, sich zu wiederholen scheinen. Die Möglichkeit sieht der Autor zumindest.

Der Autor beschreibt im Buch offen, die teilweise unangenehmen und daher ungern gehörten kulturellen Besonderheiten (endogame Hochzeiten, Ablehnung des Rechtsstaates, patriarchalische Strukturen) der arabischen Clans, die einer Integration eindeutig im Weg stehen und soweit führen können, dass ein Abgleiten in kriminelles Milieu möglich ist. Dies ist aber kein Muss, was integrierte Muslime als Gegenbeispiel jeden Tag aufs Neue verdeutlichen. Insbesondere das Kriterium des Wohlstandsausschlusses von (ehemaligen) Flüchtlingen, worauf die Clankriminalität die Antwort sei[1] wirkt undifferenziert. Immerhin lassen sich in der bestehenden Gesellschaft vom Wohlstand Ausgeschlossene finden, die nicht kriminell werden (auch in arabischen Großfamilien). Der Hinweis auf eine nicht zwangsläufige Entwicklung zur Kriminalität hilft keine Stigmatisierung zu schaffen. Er fehlt allerdings. Gerade in der Zeit in der das Buch erschienen ist, mit der Diskussion um das Thema, scheint eine sensible Ursachenforschung angezeigt.

Eine Vielzahl an Erklärungsansätzen hinsichtlich der Gründe (die kumulativ gesehen ihren Einfluss) für die Entwicklungen arabischer Clans, auch hin zu kriminellen Strukturen, werden im Buch geliefert. Insbesondere der erste Teil, mit der Beschreibung der kulturellen Entstehung, kann helfen das Wissen über arabische Clans und ihrer Entwicklung bis zur heutigen Zeit zu vertiefen. Daher ist es ein Beitrag (trotz der kleinen Schwächen), der beim Verstehen helfen kann.

[1] S. 85 unten: „Die Clankriminalität ist die Antwort“.

Rezensiert von: Patrick Rohde