Arthur Kreuzer – Kriminologen – Kriminalisten – Andere Kriminelle

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Kreuzer, Arthur;  Kriminologen – Kriminalisten – Andere Kriminelle
Erlebtes und Erlesenes rund um Verbrechen und Strafjustiz. Eine Realsatire.; Baden-Baden, Nomos-Verlag 2015, 129 S., ISBN 978-3-8487-2176-4, 14,90 Euro

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Arthur Kreuzer, emeritierter Gießener Kriminologie-Professor, hat „Geschichtchen“ rund um Verbrechen und Strafjustiz, die das Leben geschrieben hat, zusammengestellt. Mal amüsant, humorvoll, mal skurril, makaber, mal tragikomisch, immer merkwürdig, meist zum Schmunzeln. Viele hat der Autor in Praxis und Wissenschaft wohl selbst erlebt, die meisten stammen aus der einschlägigen Sach- und Fachliteratur – oder auch aus der Belletristik. Man liest Entlarvendes und Unglaubliches über Strafrechtsprofessoren mit „Lehrbuchkriminalität“ oder Kriminologen, die den Sitz des Bösen im Hirn und die Physiognomie des „geborenen Verbrechers“ entdeckt haben wollen (übrigens: den Beweis dafür oder auch dagegen hat noch niemand angetreten). Zudem werden „Stilblüten“ Studierender serviert und die „garstige und gestrenge, lachende und lächerliche Justiz demaskiert“ (so die Verlagsankündigung). Es geht um kriminelle Machenschaften von „des Teufels Advokaten“, groteske Fehleinschätzungen der „Götter in Weiß“, manipulierte Gerichtsreportagen, schießwütige Politiker und es treten „diebische Elstern“, Mordsmänner, mörderische Frauen und Hochstapler auf.

Interessant für Kriminologen und Polizeiwissenschaftler wird es vor allem dort, wo der Autor „Dönnekes“ (wie der Ruhrpottler sagt) aus seiner eigenen Biografie erzählt. Da wird dann tatsächlich die Juristenzunft gehörig entlarvt, und hier und da bekommt auch der eine oder andere Kollege sein Fett weg. Letztlich wird deutlich, dass die Juristerei alles andere als ein „objektives Geschehen“ ist, sondern vieles, was da so entschieden oder geregelt wird, von Zufällen und persönlichen Marotten (oder auch Beziehungen) abhängt. Der Verfasser dieser Besprechung könnte dazu auch einiges beitragen, verzichtet aber an dieser Stelle darauf (vielleicht nach seiner Pensionierung? Er fürchtet aber, dass sein Gedächtnis nicht annähernd so gut ist wie das des Kollegen Kreuzer).

Vielleicht sollte man tatsächlich mehr „Oral History“ in der Juristenzunft betreiben und Dönnekes sammeln, solange sie sich noch sammeln lassen[1]. Das würde zur Demaskierung von Wissenschaft und Praxis gleichermaßen beitragen. Nur: Wer würde davon profitieren? Denn spätestens seit Niklas Luhmann wissen wir, dass Recht seine Legitimation aus dem Verfahren bezieht[2], und nicht daraus, dass tatsächlich „Recht“ gesprochen oder recht geschrieben wird – im Gegenteil!

[1] Übrigens hatte die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) oder besser gesagt die entsprechenden Gutachterkollegen dort einen entsprechenden Antrag des Rezensenten, solche „Lebensgeschichten“ von Juristen und Kriminologen zu sammeln, vor einigen Jahren abgelehnt. Ein Schelm ist, der Böses dabei denkt oder dachte…

[2] „Luhmann legt darin zunächst dar, dass Entscheidungsfindungsverfahren wie Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sich nicht an Wahrheit im naturwissenschaftlichen Sinne orientieren können und in Abkehr vom Naturrechtsgedanken rechtliche Regelungen vor allem rechtspositivistischer Art und damit nicht universell seien. Auch die Kommunikation der Verfahrensbeteiligten könne nicht die Wahrheitsfindung gewährleisten. So sei etwa eine nach Diskussion in demokratischer Abstimmung gefundene Entscheidung nicht unbedingt „richtig“ im Sinne von „universell wahr“, und das im Gerichtsverfahren bestehende Postulat von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zeige, dass auch im Nachhinein als unrichtig erkannte Entscheidungen ihre Gültigkeit behielten.“ Quelle: Wikipedia (der Ausbund an Internet-Wahrheit…); https://de.wikipedia.org/wiki/Legitimation_durch_Verfahren

Rezensiert von: Thomas Feltes