Uwe Grandel – Selbstverteidigung in der Polizei – Einfache und effektive Abwehr- und Zugriffstechniken

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Grandel, Uwe; Selbstverteidigung in der Polizei – Einfache und effektive Abwehr- und Zugriffstechniken; Juni 2015, BOORBERG Verlag Stuttgart, ISBN 978-3-415-05512-4, A5, 59 Seiten

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Das reichhaltig bebilderte Fachbuch beschreibt auf 59 Seiten präzise und fachlich fundiert das handwerklich-kompetente Arbeiten im Bereich des polizeilichen AZT (Abwehr- und Zugriffstraining) der Polizei des Bundeslandes Baden-Württemberg.

Der Autor ist Polizeibeamter (PHM), durch seine vielfältigen kampf-sportlichen Trainings- und Wettkampferfahrungen befähigt und stellt seinem Werk ein umfangreiches Inhaltsverzeichnis voran.

Vorwort und Kapitel I. (Entstehung des Abwehr- und Zugriffstrainings bei der Polizei Baden-Württemberg) legen Details aus dem polizeilichen Praxis- und Statistikwissen zugrunde. Die Kenntnis über die in BW gelehrte Polizei-Philosophie des „3-Säulen-Modells “ wird einfach vorausgesetzt.

Aus dieser fachlichen Fleißarbeit ist ein strukturiertes „Hand-und Fuß-büchlein“ für den eher erfahrenen Übenden entstanden und das im praktischen A5-Format gut in jeder Trainingstasche zu verstauen ist. (Ein abwaschbarer Einband käme dem feuchten Klima einer Trainingstasche durchaus entgegen; genauso wie eine Art Spiralheftung, um es im Übungsraum geöffnet ab zu legen).

Fachleute werden die statischen Personenabbildungen in ihren Bewegungsabläufen folgerichtig zu antizipieren wissen. Einsteigern könnten sicherlich methodisch-didaktische Bilderserien (z.B. „vom Einfachen zu Komplexen“ oder „vom Leichten zum Schwierigen“), Richtungspfeile für Bewegungsrichtungen oder / und in diversen Farben u. Stärken (zum Ausdruck für Geschwindigkeit und Krafteinsatz) gut gebrauchen.

Eine jeweils angebrachte Bemerkungen zur Gefährlichkeit sowie Einstufung der einzelnen Technik, unter Berücksichtigung von polizeirechtlich erforderlichem Mindesteingriffs und Verhältnismäßigkeit, mittels sog. „Ampel-(Grün/Gelb/Rot)-Systems“, bzw. ein räumlich markierter Freiraum am Seitenrand könnten zu eigenem Denken und Notieren einladen.

In allen Darstellungen muss sich „ ein schwarz gekleideter Polizist “ gegen den “ einen weiß gekleideten Angreifer “ (polizeilicher Fachjargon „Störer“, „Polizeipflichtiger“) wehren. Das dabei in Deutschland übliche „Doppelstreifen-Prinzip“ mit zwei PolizeivollzugsbeamtInen (PVB; vgl. hierzu im Gegensatz das in Nordamerika eingeführte betriebswirtschaftlich günstigere Model der Einzelstreife) harrt (noch ? ) seiner Abbildung.

Es sollten auf alle Fälle sowohl rechtliche Hinweise bei entsprechenden AZT-Handlungen angeboten werden. Neuere polizeiwissenschaftlich Erkenntnisstände, z.B. über den „Lagebedingten Erstickungstod“ („LET“; am. „Positional Asphyxia Syndrome“ /“PAS“; aus den Endneunzigern über entsprechende „Erstickungsgefährdungen beim Fest-Nehmen in der Bodenlage“ , vgl. jap. „Ne-waza“), verdiente mit den zwingend erforderlichen einsatztaktischen Erste-Hilfe-Handlungen (z.B. „einsatztaktische – stabile – Seitenlage“) notwendigerweise einen Hinweis auf den Leitfaden (LF) „Eigensicherung“.

Die auf den Bildern durch die Bekleidung zum Ausdruck gebrachte Sportlichkeit ist wohl (leider) bewusst gewählt; die harte Realität des Einsatzalltags sowie die betriebswirtschaftlich teuren Übungseinheiten erfordern grundsätzlich Übungsanläufe mit allen gesetzlich legitimen Führungs- und Einsatzmitteln (sog. FEM; Schutzweste, Handschuhe, Hiebwaffe – neu, Handschließe, Pfefferspray, etc.) im „Originalmodus“. Nur so wird der übende PVB erfährt aber sicherlich dann durch sachgerechte Berufsbekleidung – in Kombination mit allen getragenen Hilfsmitteln diese der körperlichen Gewalt auch zu schätzen wissen …

Sportliche Selbstverteidigungsmethoden der jeweiligen Verbände folgen, seit jeher, einer Vielzahl von (Kampf-)Regeln; wohingegen die PVB erst dann, in ihren realen, high-stressbetonten straßenkampfähnlichen Auseinandersetzungen, dieses o.g. Rechtsregelwerk (siehe „Verhältnismäßigkeit, Mindesteingriff“) blitzartigst von „freundlichem Sportmodus“ bis hin zur “lebensrettenden Notwehr-Selbstverteidigung“ zu erweitern wissen müssen. Dies wiederum bedeutet dann, dass die sog. Sportlichkeit gegen Null zu reduzieren sein wird, weil nur die eine Regel des Überlebens gelten wird … (Genau solche gesundheitserhaltenden Profi-Tipps wird vom Ratsuchenden Buchkäufer gerne angenommen werden !)

Fazit: Ein positives, neueres Selbstverteidigungsbüchlein in ansprechender Aufmachung, das zwingenderweise eine Fortschreibung vermuten lässt.

Rezensiert von: Wolfgang E. Mallach