Strafvollzugsgesetze – Feest, Johannes / Lesting, Wolfgang / Lindemann, Michael (Hrsg.) – Rezensiert von: Andreas Ruch

Strafvollzugsgesetze; Feest, Johannes / Lesting, Wolfgang / Lindemann, Michael (Hrsg.), 7. Aufl. Köln; 2017, 1923 Seiten, 168,00 €, ISBN 9783452284464

 

Die Reihe „Alternativkommentare“ unterscheidet sich von klassischer Kommentarliteratur dadurch, dass zur Erläuterung des Gesetzestextes neben Rechtsprechung, Literatur und Gesetzesmaterialien auch rechtstatsächliche Erkenntnisse herangezogen werden. Dieser Blick über den juristischen Tellerrand ist vor allem im Strafvollzugsrecht von Bedeutung. Denn in kaum einem anderen Rechtsgebiet greift der Staat derart unmittelbar und intensiv in die Grundrechte der Bürger ein, zuvorderst namentlich durch die Entziehung der Freiheit. Dem Staat steht im Strafvollzug eine in der Regel von vielfältigen persönlichen und sozialen Problemlagen betroffene Personengruppe gegenüber, die durch fehlende Rechts- und Beschwerdemacht in der Wahrnehmung ihrer Interessen eingeschränkt ist. Das Weggesperrt-Sein geht dabei mit einem Verlust von Sichtbarkeit einher. Für Außenstehende ist es nur unter großer Anstrengung möglich, Einblicke in die Welt des Strafvollzugs zu erlangen und das staatliche Handeln auf den Prüfstand zu stellen.

Während die vorgenannten Umstände in klassischen Kommentaren zum Strafvollzugsgesetz allenfalls im Vorwort oder am Rande aufgegriffen werden, räumt der Alternativkommentar zum Strafvollzugsgesetz ihnen traditionell breiten Raum ein. So auch in der hier zu besprechenden 7. Auflage, in der im Anschluss an die Erläuterung des Gesetzestextes auf besondere Vollzugsformen (Sicherungsverwahrung und Sozialtherapie) sowie auf besondere Personengruppen (z.B. Ausländische Gefangene, Drogenabhängige Gefangene, Frauen im Strafvollzug, Menschen mit Behinderung) eingegangen wird. Der AK-StVollzG kann hier neben seiner inhaltlichen auch seine personelle Stärke ausspielen. Neben versierten Praktikern aus Anwaltschaft, Gerichten, Ministerien und Vollzug kommen Vertretern nicht-juristischer Disziplinen, insbesondere der sozialen Arbeit, zu Wort. Gerade hierdurch wird der Anspruch der Reihe „Alternativkommentare“ umgesetzt, auch die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen Rechtsanwendung stattfindet, abzubilden.

Auch für den klassischen Bereich der Rechtsanwendung im Umgang mit Behörden und Gerichten ist der AK-StVollzG eine wertvolle Arbeitshilfe. Im Hauptteil des Buches werden die landesrechtlichen Vorschriften und die nach der Föderalismusreform in Kraft gebliebenen bundesrechtlichen Regelungen (v.a. zum Rechtsschutz) kommentiert. Der Aufbau ist trotz der unterschiedlichen landesrechtlichen Regelungssystematiken nachvollziehbar und benutzerfreundlich. Als Gliederung wird auf den Musterentwurf eines Landesstrafvollzugsgesetzes zurück gegriffen, unter dem die einzelnen Landesgesetze erläutert werden.

Das Gesamtpaket überzeugt daher auch in der 7. Auflage des AK-StVollzG. Wer in der alltäglichen Rechtsanwendung eine klassische Gesetzeskommentierung benötigt, wird ebenso fündig wie derjenige, der auf Materialien zur rechtstatsächlichen Situation in Deutschen JVAs zurückgreifen möchte. Genau hierin liegt die Stärke der Reihe „Alternativkommentare“.

Rezensiert von: Andreas Ruch