Polizei : Newsletter Nr. 253, Juni 2021

 1)   Medienkodex zum Schutz von Journalist*innen
 2)   Eine Bestandsaufnahme Jahrzehnte später
 3)   Polizei und Menschenrechtsrichtlinien – eine empirische Bestandsaufnahme
 4)   Studie zu Beschwerde- und Kontrolleinrichtungen in Bezug auf die Polizei – auch in Deutschland
 5)   Forschung in der Polizei Sachsen
 6)   Strafverfolgung mit Thermografie – Wärme als Tatortspur
 7)   Zusammenhang zwischen Corona-Verweigerern, AfD-Anhängern und Inzidenzraten
 8)   Wie gefährlich ist es in Nachbarschaften mit hohem Migrantenanteil zu wohnen?
 9)   Regionale AfD-Milieus und die Dynamik der Corona-Ausbreitung
10)  Freilassungen von zu Todesstrafe Verurteilten in den USA wegen schwerer Verfahrens- und Polizeifehler
11)  Gegenüberstellungen – Fehler und Alternativen
12)  Fehler in der Forensik
13)  Governing Mentalities: Wie sich polizeiliches Handeln auf lokaler Ebene bestimmt
14)  Weniger Polizeigewalt dank Body-Cams
15)  Der „Sekundenbruchteil-Standard“ bei der Tötung von Menschen durch Polizeibeamt*innen
16)  Bekanntmachung eines Forschungsprojekts zu arbeitsbezogenen Werten und verfassungsmäßigen Grundwerten im BKA
 
1) Medienkodex zum Schutz von Journalist*innen
Die Gewalt gegen Journalist*innen in Deutschland hat ein neues Niveau erreicht. Das haben die jüngsten Erhebungen von Reporter ohne Grenzen (RSF) und dem Europäischen Zentrum für Presse- und Meinungsfreiheit (ECPMF) gezeigt. Zudem häufen sich verbale Übergriffe per E-Mail oder Social Media bis hin zu Morddrohungen. Um die Pressefreiheit zu gewährleisten und Journalist*innen vor Gewalt und Bedrohungen zu schützen, wurde ein Schutzkodex für Medienhäuser formuliert. Der Kodex umfasst ein Dutzend praktische Maßnahmen, wie unter anderem feste Ansprechpersonen bei den Arbeitgeber*innen sowie psychologische und juristische Unterstützung der Betroffenen und steht hier zum Download zur Verfügung. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=800
 
 
2) Eine Bestandsaufnahme Jahrzehnte später
Eine gute Zusammenstellung der Evaluationen über und nach der Theorie von „Broken Windows“ wurde gerade veröffentlicht. Die dort enthaltenen Links führen zu früheren Studien. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=801 . Wer die deutsche Rezeption des Ansatzes und der Übertragung nachlesen will, der kann dies in unserem 1998 veröffentlichten Buch tun, das jetzt kostenlos zum Download zur Verfügung steht.  http://www.felix-verlag.de/images/pdf/Polizeiforschung/Band_12_a.pdf
 
 
3) Polizei und Menschenrechtsrichtlinien – eine empirische Bestandsaufnahme
Eine Studie der University of Chicago und ihrer Forschungspartner ergab, dass nicht eine Polizeidienststelle der dort untersuchten Städte Richtlinien hatte, die den Menschenrechtsrichtlinien der Vereinten Nationen in Bezug auf Gewaltanwendungsrichtlinien entsprachen. Der Bericht umfasste 48 große US-amerikanische und internationale Städte, viele davon in einigen der reichsten und demokratischsten Länder der Welt, darunter auch Berlin sowie mehrere europäische Hauptstädte. Die Untersuchung zeigt, dass Polizeibeamte nicht nur ungestraft gewalttätig handeln, sondern dass ihre Berufsregeln dies auch zulassen (sog. impunity, Straffreiheit). https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3832989
 
 
4) Studie zu Beschwerde- und Kontrolleinrichtungen in Bezug auf die Polizei – auch in Deutschland
Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und Schwesterorganisationen geförderte internationale und interdisziplinäre Verbundforschungsprojekt „Police Accountability – towards international standards“ (POLACS) untersucht Beschwerde- und Kontrollmöglichkeiten in Bezug auf Polizei. Dabei sollen sowohl Implementierung als auch Funktions- und Wirkungsweisen von unterschiedlichen Mechanismen und deren Einbettung in größere Zusammenhänge von Police Accountability Systemen untersucht werden. https://www.kriminologie.rub.de/index.php/de/forschung/accountability-polacs
 
 
5) Forschung in der Polizei Sachsen
Die (interessante) Antwort auf eine Kleine Anfrage der LINKEN im Landtag, wie viele und welche Anfragen zu welchen Themenstellungen und Forschungsfragen im Rahmen wissenschaftlicher Projekte, die die Polizei Sachsen betreffen, seit 2016 durch externe Personen durchgeführt wurden und wie damit umgegangen wurde, findet sich hier: http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=802
 
 
6) Strafverfolgung mit Thermografie – Wärme als Tatortspur
Mit diesem Thema beschäftigt sich ein Beitrag von Frank Kawelovski, der auf seiner Website verfügbar ist und in ausführlicherer Form auch als Buch erscheint. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=803
 
 
7) Zusammenhang zwischen Corona-Verweigerern, AfD-Anhängern und Inzidenzraten
Schätzungen von Forschern am ZEW Mannheim und der HU Berlin legen nahe, dass zwischen 16.000 bis 21.000 COVID-19-Infektionen hätten verhindert werden können, wenn die lokalen Behörden zwei groß angelegte Proteste gegen die COVID-19-Politik verboten hätten. Dieser Befund unterstreicht die Gesundheitskosten, COVID-19-Leugner ohne (durchsetzbare) Strategien zur Eindämmung von Coronaviren protestieren. https://ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/dp21009.pdf
 
 
8) Wie gefährlich ist es in Nachbarschaften mit hohem Migrantenanteil zu wohnen?
Ergebnisse einer aktuellen Studie in den USA zeigen, dass die Konzentration der Einwanderer negativ mit Kriminalitätszählungen korreliert. Im Allgemeinen wirkt sich Einwanderung kriminalitätsmindernd aus. https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/00111287211007736
 
 
9) Regionale AfD-Milieus und die Dynamik der Corona-Ausbreitung
Eine Analyse auf der Basis kreisfreier Städte und Landkreise in Sachsen hat Karl-Heinz Reuband vorgelegt, der schon früher zu kriminalgeografischen Themen geforscht hat. In den Regionen, in denen die AfD in den Wahlen besonders erfolgreich war, hat sich Corona in der Zeit der zweiten Infektionswelle in überproportionaler Weise ausgebreitet. Damit dürfte der Corona-Virus dort besonders erfolgreich geworden sein, wo die Zweifel an dessen Existenz und Gefährlichkeit am größten waren und man die Corona-Maßnahmen für übertrieben hielt. https://mip.pruf.hhu.de/article/view/181/199
 
 
10) Freilassungen von zu Todesstrafe Verurteilten in den USA wegen schwerer Verfahrens- und Polizeifehler
Allein in Philadelphia wurden 20 Mordverurteilungen seit 2018 aufgehoben, die meisten aufgrund von Fehlverhalten von Polizeibeamt*innen oder Staatsanwält*innen. Philadelphia ist nach Chicago der zweite Bundesstaat, wenn es um Entlastungen von Todestraktinsassen im letzten halben Jahrhundert geht. Die Stadt hat 37 Millionen US-Dollar an Entschädigungen nur für Mordverurteilungen gezahlt, die im letzten Jahrzehnt aufgehoben wurden. Mindestens zehn weitere Verurteilungen wegen rechtswidriger Verurteilung sind anhängig. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=804
 
 
11) Gegenüberstellungen – Fehler und Alternativen
Ein Beitrag beschäftigt sich mit den häufigen Fehlern und Problemen bei polizeilichen Gegenüberstellungen („Line-ups“) und zeigt eine bessere Alternative auf. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2211368120301236#bib0290
 
 
12) Fehler in der Forensik
Unter dem Titel “Autopsy of a Crime Lab: Exposing the Flaws in Forensics” beschäftigte sich ein Webinar mit Risiken und Problemen bei forensischen Beweismitteln. Fehler und unzuverlässige wissenschaftliche Ergebnisse können jeden Schritt des Prozesses der Sammlung forensischer Beweise untergraben, und sie sollten aus dem Gerichtssaal ferngehalten werden, bis ihre Gültigkeit bestätigt ist. Bei YouTube verfügbar: https://www.youtube.com/watch?v=HrlTsB4VE-8
 
 
13) Governing Mentalities: Wie sich polizeiliches Handeln auf lokaler Ebene bestimmt
Polizeiliche Entscheidungen werden immer vor dem Hintergrund von sog. „governing mentalities“ getroffen. Dabei geht es um Organisationsdynamik, grundlegende, überkommene lokale Einstellungen und alltägliche Rituale, bestimmte organisatorische Denkstile und Praktiken, die je nach Behörde sehr unterschiedlich sein können. In einer ethnografischen Studie zur Polizeiarbeit in einer Großstadt in den Niederlanden werden verschiedene Aspekte genauer untersucht. https://academic.oup.com/bjc/article/61/3/690/6044484
 
 
14) Weniger Polizeigewalt dank Body-Cams
Eine Meta-Analyse von bislang vorliegenden Studien zu Body-Cams des University of Chicago Crime Lab und des Council on Criminal Justice’s Task Force on Policing zeigt einen Rückgang von Polizeigewalt dort, wo solche Kameras eingesetzt werden. https://www.documentcloud.org/documents/20533586-cl_bwc-study
 
 
15) Der „Sekundenbruchteil-Standard“ bei der Tötung von Menschen durch Polizeibeamt*innen
Innerhalb von sechs Wochen wurden zwischen März und April 2021 in den USA mehr als 100 Menschen von der Polizei erschossen. Daraufhin, begann eine Diskussion um Polizeikultur und den sog. „Skundenbruchteil-Standard“. In vielen solchen Fällen stützen sich Beamte auf eine Doktrin, die der Oberste Gerichtshof vor drei Jahrzehnten aufgestellt hat und die tief in der Polizeikultur verwurzelt ist: Richter und Jurys sollten die Entscheidungen von Beamten in Sekundenbruchteilen nicht hinterfragen, egal wie unnötig ein Mord im Nachhinein erscheint. Die durch den Tod von George Floyd ins Leben gerufene nationale Bewegung drängt darauf, diesen Standard zu ändern. Experten sagen, dass der Sekundenbruchteil-Standard teilweise für die Zahl der Todesopfer verantwortlich ist. "Ich bin überzeugt, dass dies die Hauptursache ist", sagte der Kriminologe Lawrence Sherman, emeritierter Professor an der Universität von Cambridge. "Es versetzt die Vereinigten Staaten in einen extremen Ausnahmezustand, wenn es darum geht, Morde zuzulassen, die anderswo wie in Großbritannien als Mord geahndet würden." http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=805
 
 
16) Bekanntmachung eines Forschungsprojekts zu arbeitsbezogenen Werten und verfassungsmäßigen Grundwerten im BKA
Auf der e-Vergabe-Plattform des Bundes wurde die Bekanntmachung eines Forschungsprojekts zur Bedeutung von arbeitsbezogenen Werten und verfassungsmäßigen Grundwerten im Arbeitsalltag des Bundeskriminalamts veröffentlicht. Bei Interesse folgen Sie bitte diesem Link: https://www.evergabe-online.de/tenderdetails.html?2&id=393377