Polizei : Newsletter Nr. 288, September 2024

 1)   Polizei und Schmerzgriffe
 2)   Einkommen, Demografie und Bildung: Schlüsselfaktoren für Wahlerfolge von AfD und BSW
 3)   Ermittlungen wegen sexueller Gewalt an Frauen mit Behinderungen werden zu häufig eingestellt
 4)   Hass in der Stadt
 5)   Gewalt in der Familie: Gibt es Hinweise für Wiederholungstaten?
 6)   Kriminalität im Kontext großfamiliärer Strukturen
 7)   Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
 8)   7. Hamburger Sicherheitsrechtstag
 9)   Broken-Windows Meta-Studie
10)  Berliner Polizeistudie
11)  Bibliografie Wirtschaftsstrafrecht Edition 2024 zum Download
12)  Intimizide durch Polizisten
13)  Zu den Nebenwirkungen von „police accountability measures“
14)  Ökozids als transnationales Verbrechen
15)  Kriminalität auf einem Tiefpunkt – in den USA
16)  Umleitung von Polizeinotrufen an zivile Ersthelfer
 
1) Polizei und Schmerzgriffe
Wie sind polizeiliche Schmerzgriffe, die Beamte bei friedlichen Versammlungen einsetzen, rechtlich zu beurteilen? Obwohl solche Grifftechniken extreme Schmerzen verursachen, wenden Polizeikräfte diese in einigen Bundesländern fast schon routinemäßig an. Eine Debatte im „Verfassungsblog“ Debatte leuchtet den Rechtsrahmen von Schmerzgriffen aus straf- und verfassungsrechtlicher Perspektive aus. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1124
 
 
2) Einkommen, Demografie und Bildung: Schlüsselfaktoren für Wahlerfolge von AfD und BSW
Eine Studie untersucht, welche regionalen Strukturmerkmale mit Erfolg von AfD und BSW bei Europawahl 2024 zusammenhängen. Im Osten ist Überalterung und Bildungsniveau in Kreisen entscheidend, im Westen auch drohende Arbeitsplatzverluste, geringe Einkommen sowie hoher Anteil an Menschen ohne deutschen Pass. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1125
 
 
3) Ermittlungen wegen sexueller Gewalt an Frauen mit Behinderungen werden zu häufig eingestellt
Der Berliner Verfassungsgerichtshof hob die Entscheidung des Kammergerichts Berlin wegen Verfassungsverstößen auf (Beschluss vom 19. Juni 2024, VerfGH 80/22). Das Kammergericht muss jetzt neu prüfen, ob die Einstellung eines Verfahrens rechtens war. Die Kläger kritisieren eine strukturelle Diskriminierung gegen Frauen mit Behinderungen im Ermittlungsverfahren. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1126
 
 
4) Hass in der Stadt
2022 wurde in Hannover eine nach Alter und Geschlecht repräsentativ angelegte Online-Bevölkerungsbefragung von 50.000 Einwohnerinnen und Einwohner ab dem 16. Lebensjahr durchgeführt, die Informationen über Prävalenzraten, die Art und Weise der Viktimisierung und die Folgen liefern sollte. Daraus sollten passgenauerer Präventionskonzepte für bestimmte Opfergruppen sowie Handlungsempfehlungen entwickelt werden. Der Bericht ist hier verfügbar: http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1127
 
 
5) Gewalt in der Familie: Gibt es Hinweise für Wiederholungstaten?
Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Personen, die Gewalt in der Familie ausüben, ihr Verhalten nicht zwangsläufig wiederholen oder eskalieren und dass eine kleine Untergruppe von Fällen für einen großen Teil der gemeldeten Schäden verantwortlich ist. Diese Studie zeigt, wie Informationen, die die Polizei routinemäßig sammelt, genutzt werden können, um die latenten Verhaltenszustände von Aggressoren einzuschätzen und Wege zu modellieren, die die Wahrscheinlichkeit vermitteln, dass sie weiterhin wegen Gewalt in der Familie polizeilich in Erscheinung treten, was zu einer verbesserten Risikobewertung beiträgt. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1128
 
 
6) Kriminalität im Kontext großfamiliärer Strukturen
Als „Broschüre für Sicherheitsbehörden, Justiz, kommunale Ämter, Medien, Politik und Soziale Arbeit“ wird eine Broschüre bezeichnet, die wesentliche Ergebnisse eines Forschungsprojektes an der TU Berlin zur „Clankriminalität“ zusammenfasst. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1129
 
 
7) Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
Mit diesen Themen beschäftigen sich zwei Überblicksbeiträge in der Zeitschrift für internationale Strafrechtswissenschaft. https://www.zfistw.de/index.php
 
 
8) 7. Hamburger Sicherheitsrechtstag
Die Veranstaltung findet am 05. November 2024 hybrid unter dem Titel „Artificial Intelligence and Law Enforcement under the AI-Act” statt. https://akademie-der-polizei.hamburg.de/hamburger-sicherheitsrechtstage-770708
 
 
9) Broken-Windows Meta-Studie
Die Broken-Windows-Theorie besagt, dass die Polizei schwere Verbrechen verhindern kann, indem sie die soziale und physische Unordnung in den Stadtvierteln bekämpft. In vielen U.S.-amerikanischen Städten hat die jüngste Zunahme von Unordnung, Angst und Kriminalität zu den Ruf nach einer Intensivierung der polizeilichen Maßnahmen gegen Unordnung intensiviert. Eine Studie setzt meta-analytische Techniken ein, um solche Auswirkungen zu untersuchen. 56 Studien wurden in die Untersuchung einbezogen. Die aktualisierte Meta-Analyse legt nahe, dass polizeiliche Strategien zur Störungsbeseitigung mit statistisch signifikanten Effekten zur Reduzierung der Kriminalität beitragen, die in die umliegenden Gebiete ausstrahlen. Die stärksten Effekte werden durch gemeinschaftliche und problemlösende Interventionen erzielt, die darauf abzielen, die sozialen und physischen Bedingungen an Brennpunkten der Kriminalität zu verändern. Umgekehrt führten aggressive Strategien zur Aufrechterhaltung der Ordnung nicht zu signifikanten Rückgang der Kriminalität. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1132
 
 
10) Berliner Polizeistudie
Eine „diskriminierungskritische, qualitative Untersuchung ausgewählter Dienstbereiche der Polizei Berlin“ wurde 2021 und 2022 durchgeführt. Der Bericht steht hier zur Verfügung: http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1130
 
 
11) Bibliografie Wirtschaftsstrafrecht Edition 2024 zum Download
Der Lehrstuhl Mustafa Temmuz Oğlakcıoğluhat (Universität des Saarlandes) hat eine Mini-Bibliografie zum Wirtschaftsstrafrecht erstellt, die für all diejenigen von Nutzen sein könnte, die sich auf die Schnelle einen Überblick zu wirtschaftsstrafrechtlichen Veröffentlichungen (zu einem bestimmten Teilgebiet) aus neuerer Zeit verschaffen wollen. Die „Bibliografie“ umfasst nicht nur Aufsätze zum Wirtschaftsstrafrecht im Zeitraum 2020 bis Mai 2024; vielmehr wurden auch E-Bibliotheken relevanter Verlage zum Wirtschaftsstrafrecht gesichtet und diese gesondert bei den jeweiligen Thementopoi aufgeführt. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1131
 
 
12) Intimizide durch Polizisten
In ihrem Beruf müssen Polizisten oft stark und souverän sein. Wenn sie von ihrer Partnerin verlassen werden oder in schwere Beziehungskrisen geraten, sind sie oft besonders vulnerabel. Auf diese Verletzlichkeit sind sie meist nicht vorbereitet. Das kostet nicht selten ihrer Partnerin und anschließend ihnen selbst das Leben. Intimizid und Suizid sind dann zwei Seiten derselben Medaille. „Murder Suicide“ ist der Fachbegriff für diesen menschlichen Abgrund. Auch Polizisten können in diesen Abgrund gerissen werden. Eine Untersuchung von 14 Fällen in Deutschland http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1133
 
 
13) Zu den Nebenwirkungen von „police accountability measures“
Die Polizei sieht sich mit verstärkten Rechenschaftspflichten konfrontiert, was die Beamten dazu veranlasst, sich zu schützen und zu viel zu dokumentieren. In dieser qualitativen Studie mit Polizeibeamten aus drei kanadischen Provinzen wird die „Cover-your-ass“-Mentalität entschlüsselt, indem der Papierkram als unbeabsichtigte Folge einer größeren polizeilichen Rechenschaftspflicht untersucht wird. Die Forscher stellen fest, dass das „sich absichern“ die Beamten dazu bringt, Papiere auszufüllen, um sich vor persönlichen Ermittlungen zu schützen. Sie nutzen dies um ihre Handlungen zu rechtfertigen und ihre Interpretationen der Handlungen anderer Beamter erläutern. https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/17488958221140551
 
 
14) Ökozids als transnationales Verbrechen
Bisher wurde diskutiert, den Ökozid-Tatbestand als Kernverbrechen in das IStGH-Statut einzuführen. In einer neuen Richtlinie zum Umweltstrafrecht, die derzeit von der EU überarbeitet wird, wird erwogen, den Ökozid-Tatbestand als transnationales Verbrechen aufzunehmen. Transnationale Verbrechen sind Verbrechen, die gegebenenfalls auf Basis einer völkerrechtlichen Vereinbarung durch das nationale Recht unter Strafe gestellt und durch die nationale Justiz verfolgt werden sollen. https://www.zfistw.de/dat/artikel/2024_1_1599.pdf
 
 
15) Kriminalität auf einem Tiefpunkt – in den USA
Ein längerer Beitrag mit dem Titel „Das goldene Zeitalter zur Reduzierung von Kriminalität ist jetzt“ beschäftigt sich mit der Entwicklung der Kriminalität am Beispiel von Ne York und den Gründen, warum und welche Präventionsansätze gerade in größeren Städten wichtig sind. https://www.vitalcitynyc.org/articles/the-golden-age-of-crime-reduction-is-now
 
 
16) Umleitung von Polizeinotrufen an zivile Ersthelfer
Die Suche nach Möglichkeiten, mehr Notrufe von der Polizei auf zivile Ersthelfer umzuleiten, wird von zwei Faktoren bestimmt: (1) polizeiliche Maßnahmen können zu unbeabsichtigten Schäden für die Bürger führen und (2) viele Anrufe, auf die die Polizei reagiert, erfordern Dienstleistungen, die die Polizei oft nicht erbringen kann. Daher kann der Einsatz von anderem Personal die Beziehungen zwischen Polizei und Bürgern verbessern und die Verbrechensbekämpfung stärken, indem die Belastung der Polizei verringert wird. Mithilfe eines Fallstudiendesigns wurden Pilotprojekte in drei großen US-Städten untersucht. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1134