Polizei : Newsletter Nr. 117, März 2009

 1)   Vergleichende Studie zur Gewaltanwendung bei Polizeieinsätzen
 2)   Gewalt durch Polizeibeamte in Deutschland
 3)   Erhalten weibliche Straftäter nur aufgrund ihres Geschlechts eine geringere Freiheitsstrafe?
 4)   US-Opferbefragung 2007: Kriminalität weiter rückläufig
 5)   Stiftung Kriminalprävention
 6)   Jenseits der Kriminalitätsbelastung: Alternative Beurteilungskriterien für „gute“ Polizeiarbeit
 7)   Neues Projekt in Hessen: Medienkompetenz
 8)   Europaweite Evaluation der Justizsysteme veröffentlicht
 9)   Dossiers zur Organisierten Kriminalität und Dunkelfeldkriminalität
10)  Wie soziale Netzwerke Kriminalitätsfurcht verringern
11)  Transfer Laws: Wenn Jugendliche wie Erwachsene verurteilt werden
12)  Zusammenhang von Mobilität und Kriminalität
13)  Kunst im Namen der Sicherheit
14)  Ausschreibung: DAAD-Stipendien im Bereich Polizeiwissenschaft
15)  Tagungshinweis: International Police Executive Symposium
16)  Tagungshinweis: Jugendgewalt und Prävention
17)  Rezensionen/Online-Dokumente
 
1) Vergleichende Studie zur Gewaltanwendung bei Polizeieinsätzen
Mit verschiedenen Erklärungsansätzen zum Thema “Gewalt bei Polizeieinsätzen” setzt sich eine aktuelle US-Studie auseinander. Untersucht wurde die Schwere des Gewalteinsatzes bei 747 selbstberichteten Fällen von Polizeigewalt. Dabei berück-sichtigt der Autor neben situationsbedingten Gegebenheiten und Faktoren in der Person des Polizisten auch örtliche Besonderheiten. Die Ergebnisse werden sodann mit Hypothesen vorangegangener Arbeiten verglichen, so z.B. die Thesen, dass die Beteiligung verschiedener Nationalitäten Einfluss auf das Maß der Gewalt hat oder dass Gewaltanwendung eine Folge gewaltgeneigter Polizeibeamter ist. Quelle: Lawton, B. A. (2007), Levels of Nonlethal Force: An Examination of Individual, Situational, and Contextual Factors, in: Journal of Research in Crime and Delinquency, 44 (2), 163-184. http://jrc.sagepub.com/cgi/content/abstract/44/2/163
 
 
2) Gewalt durch Polizeibeamte in Deutschland
Amnesty Polizei dokumentiert unter anderem Fälle von Polizeigewalt und stellt in diesem Zusammenhang Nachforschungen bei den Innen- und Justizministerien der Länder an. Konkrete Statistiken über Straftaten im Amt sind selten, jedoch liegt nun die Antwort auf eine entsprechende „kleine Anfrage“ an die sächsische Staatsregierung vor. Von 2004 bis 2008 wurden demnach in Sachsen 560 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte aufgrund des Vorwurfs einer Körperverletzung im Amt, Strafvereitelung im Amt oder unterlassenen Hilfeleistung geführt. Über den Ausgang der Verfahren konnten keine Informationen geliefert werden. In 27 Fällen wurden jedoch Entschädigungszahlungen geleistet. Weitere Informationen unter: http://www.amnesty-polizei.de.
 
 
3) Erhalten weibliche Straftäter nur aufgrund ihres Geschlechts eine geringere Freiheitsstrafe?
Eine Auswertung von Daten über die Verurteilung von Straftätern in den USA soll die Frage klären, welche Rolle das Geschlecht beim Strafmaß spielt. Im Durch-schnitt werden Frauen zu einer um zwei Jahre geringeren Freiheitsstrafe verurteilt. Filtert man Faktoren wie die kriminelle Vergangenheit oder ein Geständnis im Prozess heraus, bleiben noch 15,4 Monate, um die unter sonst gleichen Bedingungen das Strafmaß gegenüber Frauen dasjenige gegenüber Männern unterschreitet. Die Forscher führen diesen Unterschied darauf zurück, dass die Gerichte die familiäre Situation bei der Strafzumessung zugunsten weiblicher Straftäter berücksichtigen. Quelle: Sarnikar, S., Sorensen, T., Oaxaca, R.L. (2007), Do you Receive a Lighter Prison Sentence Because you are a Woman? An Economic Analysis of Federal Criminal Sentencing Guidelines. Discussion Paper No. 2870. Bonn, Germany: Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA), 42 Seiten, http://ssrn.com/abstract=999358.
 
 
4) US-Opferbefragung 2007: Kriminalität weiter rückläufig
Das „US Bureau of Justice Statistics“ hat die Ergebnisse der nationalen Opferbefra-gung des Jahres 2007 veröffentlicht. Insgesamt ereigneten sich schätzungsweise 23 Millionen Gewalt- und Eigentumsdelikte (Bevölkerung ab 12 Jahre). Dabei kann seit 1998 ein Rückgang der Inzidenzrate sowohl bei Gewaltdelikten (-43 %) als auch bei Eigentumsdelikten (-33 %) festgestellt werden. Im Jahr 2007 wurden 20,7 Gewaltdelikte pro 1000 Personen und 146,5 Eigentumsdelikte pro 1000 Haushalte gemessen. Das vollständige pdf-Dokument ist im Internet verfügbar unter: http://www.ojp.usdoj.gov/bjs/pub/pdf/cv07.pdf.
 
 
5) Stiftung Kriminalprävention

 
 
6) Jenseits der Kriminalitätsbelastung: Alternative Beurteilungskriterien für „gute“ Polizeiarbeit
Polizeiliche Arbeit muss sich oft an ihrem Einfluss auf die Kriminalitätsbelastung messen lassen. Der Nachteil dieser Größe ist, dass sie keine qualitativen Aussagen über „gute“ Polizeiarbeit oder eine überdurchschnittliche Leistung einzelner Polizei-beamter liefert. Einen neuen Ansatz präsentieren nun US-Forscher, die an den Erfolg während der Polizeiausbildung anknüpfen wollen, um auf diese Weise Aussagen über die zukünftige Entwicklung der Beamten geben zu können. Als Prädiktoren für eine zukünftige herausragende Entwicklung eignen sich dabei Alter, Geschlecht und nationale Herkunft der Auszubildenden sowie der Grad ihres Leseverständnisses. Eher ungeeignet für eine Beurteilung sind der Schulabschluss, militärische Erfahrungen sowie die Wohngegend. Quelle: White, M.D. (2008), Identifying Good Cops Early: Predicting Recruit Performance in the Academy, in: Police Quarterly, 11 (1), 27-49. http://pqx.sagepub.com/cgi/content/abstract/11/1/27
 
 
7) Neues Projekt in Hessen: Medienkompetenz
Die Webseite www.medienkompetenz-hessen.de ist das neueste Projekt des hessi-schen Netzwerks gegen Gewalt (www.netzwerk-gegen-gewalt.de). Sie soll all denje-nigen als Anlaufstelle dienen, die privat oder beruflich mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben und die deren mediale Sozialisation nicht dem Zufall, dem Freundeskreis oder allein modischen Trends überlassen wollen. Die Website sammelt Ressourcen und bündelt diese in praxisorientierten Themen. Diese thematische Aufteilung erleichtert die Navigation auf der Seite, so dass relevante Informationen schnell gefunden werden: Welche Inhalte, Werkzeuge und Kommunikationsmöglichkeiten gibt es im Internet? Was kann ein Handy? Welche Computerspiele sind zu empfehlen, bei welchen sollte man lieber Vorsicht walten lassen? Kann man Musik mit anderen im Internet eigentlich tauschen? Ergänzt wird das Angebot durch Arbeitsblätter und Unterrichtsvorschläge für die Schule, aktuelle Nachrichten und Verweise auf weitere Quellen. (Dank an M. Weller)
 
 
8) Europaweite Evaluation der Justizsysteme veröffentlicht
Die Europäische Kommission für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) hat ihre Eva-luation der 45 verschiedenen Justizsysteme Europas veröffentlicht. Darin werden verschiedene Kennzahlen wie z.B. die staatlichen Ausgaben für das Justizsystem oder die Verfahrensdauer der einzelnen Länder. Der Bericht enthält darüber hinaus Angaben zu allgemeinen Trends und Schwierigkeiten bei der Umsetzung europä-ischer Standards. Das vollständige Dokument kann unter http://www.coe.int/t/dghl/cooperation/cepej/evaluation/2008/Overview2008_en.pdf heruntergeladen werden.
 
 
9) Dossiers zur Organisierten Kriminalität und Dunkelfeldkriminalität
Um den Einfluss organisierter Kriminalität (OK) auf lokale Kleinunternehmer in Großbritannien geht es bei einer Opferbefragung, deren Dokumentation unter http://www.homeoffice.gov.uk/rds/abstracts/horr10.html heruntergeladen werden kann. Ein Großteil der befragten Unternehmer (n=420), konnte von zum Teil mehrfa-cher Viktimisierung berichten. Dabei handelte es sich allerdings nur zu einem kleinen Teil um Delikte aus dem Bereich der OK. Stark verbreitet waren jedoch Angebote an die Unternehmen, sich an organisierter Kriminalität zu beteiligen, z.B. durch Hehlerei. Parallel dazu wurden die Ergebnisse der allgemeinen nationalen Opferbefragung in England und Wales veröffentlicht Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum konnte ein Kriminalitätsrückgang von 10 % beobachtet werden; Gewaltdelikte nahmen um 12 % ab. Die Kriminalitätsrate weist damit den niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1981 auf. Die subjektive Wahrnehmung deckt sich mit diesen Ergebnissen jedoch nicht Zwei Drittel der Befragten meinen, dass die Kriminalität in den letzten Jahren zugenommen hat. Erfasst wurde auch das Vertrauen in die Polizeiarbeit. Nur knapp die Hälfte der Befragten meint, die Polizei mache ihre Arbeit gut. Lediglich 43 % sind der Ansicht, man könne sich auf die Polizei verlassen. Die Ergebnisse stehen online zur Verfügung: http://www.homeoffice.gov.uk/rds/pdfs08/hosb0708summ.pdf
 
 
10) Wie soziale Netzwerke Kriminalitätsfurcht verringern
Nach der Theorie des “sozialen Kapitals” können soziale Strukturen positive gesamtgesellschaftliche Wirkungen entfalten. Empirisch untersucht wurde nun der Einfluss solch sozialer Faktoren auf Kriminalitätsängste in der US-Stadt Dallas. Positiven Einfluss auf Kriminalitätsfurcht haben demnach eine stärkere Polizeipräsenz in der Nachbarschaft, Förderung gemeinnütziger Gruppen oder Steigerung der Zufriedenheit in der Nachbarschaft. Dies zeigt, dass über eine Stärkung des „sozialen Kapitals“ das Sicherheitsgefühl innerhalb der Nachbarschaft erhöht werden kann. Quelle: Ferguson, K. M.; Mindel, C. H. (2007), Modeling fear of crime in Dallas neighborhoods: A test of social capital theory, in: Crime & Delinquency 53 (2), 322-349. http://cad.sagepub.com/cgi/content/abstract/53/2/322
 
 
11) Transfer Laws: Wenn Jugendliche wie Erwachsene verurteilt werden
Etliche US-Staaten haben in den vergangenen Jahren so genannten „Transfer Laws“ verabschiedet, die eine Verurteilung jugendlicher Täter nach dem Erwachsenenstrafrecht erlauben. Mit der abschreckenden und rückfallmindernder Wirkung derartiger Regelungen beschäftigt sich ein Bericht des US-Justizministeriums, das im Volltext unter http://www.ncjrs.gov/pdffiles1/ojjdp/220595.pdf verfügbar ist. Wie die vergleichende Darstellung verschiedener Studien ergibt, konnte bislang keine positive Wirkung der „Transfer Laws“ festgestellt werden. Bei Gewalttätern wurde aufgrund der Behandlung nach dem Erwachsenenstrafrecht sogar eine höhere Rückfallrate fest-gestellt. Quelle: Redding, Richard E. (2008), Juvenile Transfer Laws: An Effective Deterrent to Delinquency?, hrsg. vom US Office of Juvenile Justice and Delinquency Prevention, im Volltext verfügbar unter: http://cclp.org/media/documents/doc_81.pdf
 
 
12) Zusammenhang von Mobilität und Kriminalität
Die zunehmende Mobilität der Bevölkerung beeinflusst das Ausmaß an wohnungs-bezogener Kriminalität. Dies ergibt eine Auswertung von Daten aus US-amerikanischen Opferbefragungen. Demnach erhöht sich alleine durch den Neubezug von Wohnungen das Risiko, dass im Zusammenhang mit dieser Wohnung ein Delikt – z.B. ein Einbruchdiebstahl – verübt wird. Beobachtet werden konnte auch ein umgekehrter Zusammenhang zwischen Kriminalität und Mobilität, indem Personen, die in ihrem Wohnumfeld Opfer eines Verbrechens werden, eine höhere Umzugswahrscheinlichkeit aufweisen. Dieser Effekt lässt sich sogar bei indirekter Viktimisierung feststellen. Konkret heißt dies, dass Eigentumskriminalität in der Nachbarschaft einen Umzug wahrscheinlicher macht, selbst wenn ein anderer Haushalt betroffen ist. Kein Zusammenhang konnte festgestellt werden bei Gewaltdelikten innerhalb der Nachbarschaft. Die Forscher führen dies darauf zurück, dass Gewaltdelikte meist nicht durch Unbekannte verübt werden – ein Umstand, der Nachbarn offenbar weniger beunruhigt. Quelle: Xie, Min; McDowall, David (2008), The Effects of Residential Turnover on Household Victimization, in: Criminology 46 (3) 2008, S. 539-575. http://www.ingentaconnect.com/content/bsc/crim/2008/00000046/00000003/art00001; dies. (2008), Escaping Crime: The Effects of Direct and Indirect Victimization on Moving, in: Criminology 46 (4) 2008, S. 809
 
 
13) Kunst im Namen der Sicherheit
Noch bis zum 22.03.2009 findet in der Berliner Akademie der Künste eine Veranstaltung zum Thema “Kunst im Namen der Sicherheit“ statt. Gegenstand der Installationen, Performances, Vorträge und Filmreihen ist die Bedrohung eines freien öffentlichen Lebens durch den Terrorismus. Mehr Informationen unter: http://www.embeddedart.de
 
 
14) Ausschreibung: DAAD-Stipendien im Bereich Polizeiwissenschaft
PhD-Net Police Science: Theory, Methodology and Practice. Summer Schools 2009 and 2010 organised by Ruhr-University Bochum, Germany (Professor Dr. Thomas Feltes) and the University of Cape Town, Cape Town, South Africa (Professor Dr. Clifford Shearing) with financial support by the German Academic Exchange Ser-vice (DAAD) The first Summer School to prepare the PhD-Net will be held 23 August 2009 – 4 September 2009 in Muenster. The organizers invite submissions of applications. Please send curriculum vitae with photo, letter of intent, letter of recommendation and abstract of proposed PhD-thesis by 30.04.2009. The German applicant must fulfil the requirements of the respective PhD-regulations of either the Faculty of Law in Bochum or the Faculty of Social Sciences in Bochum (www.rub.de). Selected applicants will be supported by the German Academic Exchange Council (DAAD) regarding travel expenses from South Africa to Germany (Summerschool 2009) and from Germany to South Africa (Summerschool 2010) plus accommodation and subsistence. German PdD-Students send application to Prof. Dr. Thomas Feltes, Lehrstuhl für Kriminologie, Ruhr-Universität Bochum, 44801 Bochum (by mail only). Further information is avaliable at http://www.ruhr-uni-bochum.de/kriminologie/PhDNet/index.html
 
 
15) Tagungshinweis: International Police Executive Symposium
Das jährlich stattfindende „International Police Executive Symposium“ bringt Polizei-forscher und -praktiker sowie Regierungsmitarbeiter aus über 60 Ländern zusam-men. Das diesjährige Treffen wird vom 9. bis 14. Juni 2009 in Ohrid (Mazedonien) unter dem Titel „Policing, the Private Sector, Economic Development & Social Chan-ge: Contemporary Global Trends“ stattfinden. Weitere Informationen unter: http://www.ipes.info/.
 
 
16) Tagungshinweis: Jugendgewalt und Prävention
Bereits zum zweiten mal führt das Kriminologische Institut der Universität Zürich in Zusammenarbeit mit der Stadtpolizei Zürich ein Präventionsforum durch, das eine Brücke zwischen Wissenschaft, Evaluationsforschung und den verschiedensten Bereichen der Kriminalprävention schlagen soll. Die Tagung findet am 24. März 2009 statt und bringt Experten der Kriminologie und Jugendkriminalprävention zusammen. Eine Anmeldung ist noch bis zum 05. März 2009 möglich. Das Tagungsprogramm ist zu finden unter: http://www.eiz.uzh.ch/fileadmin/Dokumente/2008/Seminare_und_Tagungen_2008/Zweites_Zürcher_Präventionsforum-GzD.pdf
 
 
17) Rezensionen/Online-Dokumente
Unter der Rubrik „Buchbesprechungen“ auf http://www.polizei-newsletter.de ist eine Rezension zu Klaus Sessar/Wolfgang Stangl/René van Swaaningen (Hrsg.), Großstadtängste – Anxious Cities. Untersuchungen zu Unsicherheitsgefühlen und Sicherheitspolitiken in europäischen Kommunen, verfasst von Joseph Prestl, eingestellt worden. Unter „Online-Dokumente“ finden Sie ein englischsprachiges Dokument zum Thema „Integrated Border Management from the perspective of Hungary“ sowie ein polnischsprachiges Dokument, das sich mit dem deutsch/polnischen Grenzschutz auseinandersetzt. Beide Dokumente wurden verfasst von Janos Sallai.