Polizei : Newsletter Nr. 148, Januar 2012

 1)   BKA-Präsident Ziercke verweist auf die Bedeutung des „sozialen Zusammenhalts“
 2)   Neue Untersuchung zur Gewalt gegen Polizeibeamte
 3)   Ehrenmorde in Deutschland
 4)   Untersuchung der Lebensläufe von konvertierten Islamisten
 5)   Vortrag über die N’Drangheta in Deutschland
 6)   Neuer Infopool Kriminalitätsbekämpfung und Verkehrssicherheitsarbeit
 7)   Neues Online Portal zum Thema Kriminalitätsprävention: beccaria-portal.org
 8)   Das Fehlen der Vaterfigur und das Risiko für delinquentes Verhalten
 9)   Sexuelle Gewalt geht häufig vom Intimpartner aus
10)  Der Polizei im Vereinigten Königreich wird weniger Vertrauen entgegengebracht
11)  Zum Verhältnis von Wissenschaft und Polizieren
12)  Recht ist, was der Richter zum Frühstück gegessen hat: Essenspausen beeinflussen Richtersprüche
13)  Vermeidung und Prävention von Folter weltweit
14)  Rezensionen
15)  Wechsel im Team des Polizei-Newsletter
 
1) BKA-Präsident Ziercke verweist auf die Bedeutung des „sozialen Zusammenhalts“
Der Präsident des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke hat in seiner Begrüßungsrede anlässlich der BKA-Herbsttagung die Bedeutung des sozialen Kapitals und des sozialen Zusammenhaltes herausgehoben. „Prozesse der Globalisierung und Individualisierung, dynamische Umbrüche und sozialer Wandel können zu Gefühlen der Unsicherheit, der Ausgrenzung und der Orientierungslosigkeit führen. Diese sind der Nährboden für vermeintlich einfache Zuschreibungen von Ursache und Wirkung, für Stereotype und Vorurteile, für Ausgrenzungen des Anderen und des Fremden. Die Bekämpfung des Rechtsextremismus ist eine Aufgabe, die Staat und Gesellschaft nur gemeinsam bewältigen können. Das soziale Kapital, das notwendig ist, um wehrhaft zu sein gegen Extremismen, Stereotypisierungen und Stigmatisierung, reproduziert sich nur innerhalb einer vitalen Zivilgesellschaft.“ Eine Abschrift der vollständigen Rede steht auf der Homepage des BKA zum kostenlosen Download bereit: http://www.bka.de/nn_234912/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Herbsttagungen/2011/herbsttagung2011aZierckeBegruessung,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/herbsttagung2011aZierckeBegruessung.pdf
 
 
2) Neue Untersuchung zur Gewalt gegen Polizeibeamte
In Nordrhein-Westfalen wird es 2012 eine weitere groß angelegte Untersuchung zum Thema Gewalt gegen Polizeibeamte geben. Im Rahmen der geplanten Studie sollen alle Polizeibeamten des Landes Nordrhein-Westfalen (ca. 42.000 Personen) zu ihren „persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen im Zusammenhang mit Gewalt gegen Polizisten“ befragt werden. Die Gestaltung der Untersuchung wurde dem Kieler Psychologieprofessor Thomas Bliesener übertragen, der bisher nur wenige einschlägige Beiträge zum Thema Polizei und Gewalt veröffentlicht hat. Quelle: http://www.mik.nrw.de/presse-mediathek/aktuelle-meldungen/archiv/archiv-meldungen-im-detail/news/neue-nrw-studie-soll-wichtige-erkenntnisse-ueber-gewalt-gegen-polizisten-liefern-innenminister-j.html
 
 
3) Ehrenmorde in Deutschland
In der kostenlos zugänglichen Reihe „Polizei + Forschung“ des Bundeskriminalamtes ist der Ergebnisbericht der Studie „Ehrenmorde in Deutschland“ erschienen. Die Untersuchung ist die erste systematische Analyse in Deutschland. „Sie basiert auf einer Vollerhebung aller bekannt gewordenen Fälle von Ehrenmorden in Deutschland im Zeitraum von 1996 bis 2005 und analysiert deren zentrale Merkmale anhand der Prozessakten zu 78 Fällen.“ Im Ergebnis zeigt sich, dass die Täter „beinahe ausnahmslos einer schlecht integrierten ethnischen Unterschicht“ zugeordnet werden können. Der vollständige Ergebnisbericht der Untersuchung kann über die Website des BKA kostenlos heruntergeladen werden: http://www.bka.de/nn_193902/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Publikationsreihen/01PolizeiUndForschung/1__42__Ehrenmorde_20in_20Deutschland,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/1_42_Ehrenmorde%20in%20Deutschland.pdf
 
 
4) Untersuchung der Lebensläufe von konvertierten Islamisten
Der Verfassungsschutz des Landes Nordrhein Westfalen hat gemeinsam mit Islamwissenschaftlern die Lebensläufe von rund 130 in NRW lebenden Konvertiten analysiert. Dabei zeigte sich, „dass es sich sehr häufig um labile Charaktere mit Auffälligkeiten im Sozialisationsverlauf handelt. Der Großteil ist männlich und zwischen 20 und 30 Jahre alt. Oftmals liegen gestörte familiäre Verhältnisse und ein Mangel an sozialen Bindungen vor. 25 Prozent dieser Gruppe sind arbeitslos. Rund 60 Prozent haben vor oder nach ihrer Konversion Straftaten verübt. Bei etwa 15 Prozent besteht eine Affinität zur Gewalt.“ Quelle und weitere Informationen sich im Internet: http://www.nrw.de/landesregierung/jaeger-salafisten-im-visier-des-nrw-verfassungsschutzes-11484/
 
 
5) Vortrag über die N’Drangheta in Deutschland
Andreas Ulrich, Autor und Redakteur beim Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hat im Rahmen der Herbsttagung des Bundeskriminalamtes einen Vortrag über die N’Drangheta in Deutschland gehalten. Im Rahmen des Vortrages schilderte er auf eindrucksvolle Weise die gesellschaftlichen Strukturen und Hintergründe, die es der N’Drangheta ermöglichen, ihren Einfluss zu entfalten. Eine sehr lesenswerte Abschrift des Vortrags steht auf der Homepage des BKA zum kostenlosen Download bereit: http://www.bka.de/nn_234912/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Herbsttagungen/2011/herbsttagung2011ulrichLangfassung,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/herbsttagung2011ulrichLangfassung.pdf
 
 
6) Neuer Infopool Kriminalitätsbekämpfung und Verkehrssicherheitsarbeit
Das Bundeskriminalamt hat den ehemaligen „Infopool Prävention“ vollständig überarbeitet und erweitert. Polizeiliche Praxiskonzepte, die der Prävention und Bekämpfung von Kriminalität und Verkehrsdelinquenz dienen, werden seit kurzem im „Infopool Kriminalitätsbekämpfung und Verkehrssicherheitsarbeit“ dokumentiert. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf solchen Programmen, die sowohl repressive als auch präventive Elemente beinhalten. Soweit möglich erfolgt hier eine Beschränkung auf diejenigen Konzepte bzw. Projekte zu denen externe Evaluationen verfügbar sind. Nachdem der Infopool über Extrapol bislang allein den Polizeien zur Recherche zur Verfügung stand, wird nunmehr auch eine Version für alle anderen Interessierten angeboten, die über folgenden Link im Internet erreicht werden kann: http://www.infopool-polizeikonzepte.bka.de/.
 
 
7) Neues Online Portal zum Thema Kriminalitätsprävention: beccaria-portal.org
Das neu eingerichtete Beccaria Portal soll den Wissenstransfer in den Bereichen Kriminologie und Kriminalprävention weiter vorantreiben. Das Portal versteht sich auch als Plattform für den Austausch und die Vernetzung von Experten aus Wissenschaft und Praxis. Das Website kann über folgende URL erreicht werden: http://www.beccaria-portal.org/
 
 
8) Das Fehlen der Vaterfigur und das Risiko für delinquentes Verhalten
Deborah Cobb-Clark und Erdal Tekin sind mit Hilfe von Daten der US-amerikanischen National Longitudinal Study of Adolescent Health der Frage nachgegangen, wie sich das Fehlen der Vaterfigur auf den Werdegang von Kindern und Jugendlichen auswirken kann. Dabei zeigte sich, dass das Aufwachsen ohne männliches Rollenvorbild für Jungs einen Risikofaktor für delinquentes Verhalten darstellen kann. Der vollständige Beitrag steht im Internet zum Download bereit: http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=fathers%20and%20youth%E2%80%99s%20delinquent%20behavior&source=web&cd=2&ved=0CCwQFjAB&url=http%3A%2F%2Fftp.iza.org%2Fdp6042.pdf&ei=24n8TumpGpOssAb475DrDw&usg=AFQjCNHhGSEr0aFvhVo8a-ZIXHazKn5jzg
 
 
9) Sexuelle Gewalt geht häufig vom Intimpartner aus
Das US-amerikanische Center for Injury Prevention and Control hat seinen Bericht über sexuelle Gewalt zwischen Intimpartnern vorgestellt. Dem Bericht liegen die Daten von Telefonumfragen von Englisch oder Spanisch sprechenden Erwachsenen in den USA zugrunde. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass in den USA 18,3% der Frauen und 1,4% der Männer Opfer sexueller Gewalt geworden sind. Mehr als die Hälfte der weiblichen Opfer (51,1%) erfuhren diese sexuelle Gewalt durch ihre eigenen Intimpartner. Der vollständige Bericht steht im Internet zum Download bereit: http://www.cdc.gov/ViolencePrevention/pdf/NISVS_Report2010-a.pdf
 
 
10) Der Polizei im Vereinigten Königreich wird weniger Vertrauen entgegengebracht
Eine Auswertung von Daten des European Social Surveys hat ergeben, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei im Vereinigten Königreich stark nachgelassen hat. Darüber hinaus wird der Kontakt zur Polizei von den Bürgern deutlich unbefriedigender bewertet als in den meisten anderen Ländern, die sich am European Social Surveys beteiligt haben. Großbritannien liegt im internationalen Vergleich in Bezug auf das Vertrauen in die Polizei nun auf Platz 16 (von 20 befragten Staaten) und damit nur noch vor Ungarn, Bulgarien, Slowenien und Russland. Quelle und weitere Informationen finden sich im Internet: http://www.guardian.co.uk/global/2011/dec/12/news-police-force-europe
 
 
11) Zum Verhältnis von Wissenschaft und Polizieren
David Weisburd and Peter Neyroud haben einen kritischen Beitrag zum Verhältnis von Wissenschaft und Polizieren vorgelegt. In „Police Science: Toward a New Paradigm“ sprechen sie sich für ein radikales Umdenken bei Wissenschaftlern und bei Polizeipraktikern aus. Die Polizei kann ihre Legitimation und Ihren Rückhalt in der Öffentlichkeit ihrer Meinung nach nur dann langfristig behalten, wenn sie die empirisch abgesicherten Erkenntnisse der Wissenschaft konsequent beachtet und verarbeitet. Von den Wissenschaftlern fordern die Autoren hingegen die polizeiliche Praxis nicht außer Acht zu lassen und die wissenschaftlichen Erkenntnisse auch offen zugänglich zu machen. Der vollständige Beitrag steht im Internet zum kostenlosen Download bereit: http://www.hks.harvard.edu/var/ezp_site/storage/fckeditor/file/pdfs/centers-programs/programs/criminal-justice/NPIP-Police%20Science-TowardaNewParadigm.pdf
 
 
12) Recht ist, was der Richter zum Frühstück gegessen hat: Essenspausen beeinflussen Richtersprüche
Wissenschaftler von der Ben Gurion University of the Negev (Israel) haben 1112 richterliche Entscheidungen analysiert, die sich überwiegend mit Bewährungsanträgen von Strafgefangen beschäftigt haben. „Die Forscher prüften dabei, ob Ablehnung oder Gewährung der Anträge mit der Tageszeit, beziehungsweise den zwei Essenspausen der Richter im Zusammenhang stehen.“ Dabei zeigte sich, dass die Anzahl der Urteile in denen die Richter einem Bewährungsantrag stattgaben, mit fortschreitender Uhrzeit abnahm. Unmittelbar nach den Essenspausen schnellte die Anzahl milder Richtersprüche jedoch wieder hoch. „Strafgefangene können nur hoffen, dass ein Richter ihren Bewährungsantrag am Anfang des Tages oder nach einer Essenspause bearbeitet.“ Quelle und weitere Informationen finden sich im Internet: http://www.focus.de/panorama/welt/wissenschaft-fruehstueckspause-beeinflusst-richtersprueche_aid_617495.html
 
 
13) Vermeidung und Prävention von Folter weltweit
Die Association for the Prevention of Torture (APT) ist eine weltweit tätige Organisation, die sich der Vermeidung und Prävention von Folter verschrieben hat. Auf ihrer Homepage dokumentiert die APT zahlreiche Aktivitäten, die sich gegen Folter richten. Dabei werden sowohl staatliche wie auch zivile Programme in verschiedenen Ländern der Welt berücksichtigt. Unter der Rubrik „Online-Dokumente“ (http://www.polizei-newsletter.de/online_documents_german.php) ist auf der Website des PNL nun eine tabellarische Aufstellung der Aktivitäten erschienen, die die APT auf ihrer Homepage dokumentiert hat.
 
 
14) Rezensionen
Unter der Rubrik Buchbesprechungen sind auf der Website des Polizei-Newsletters (http://polizei-newsletter.de/books_german.php) neue Rezensionen erschienen: Frank Ebert hat eine Besprechung von Richard Thies „Ladendiebstahl erkennen, verhindern, verfolgen“ vorgelegt. Das übersichtlich gestaltete und sehr informative Buch versteht sich als „Handbuch für die Praxis“. Es richtet sich an all jene, die mit Ladendiebstählen in der Praxis zu tun haben. Sandra Figgen stellt Oliver Bosserts „Die Kommunikation konkurrierender Gruppierungen der Organisierten Kriminalität“ vor und bespricht darüber hinaus „Die verlogene Politik“ von Pascal Beucker und Anja Krüger.
 
 
15) Wechsel im Team des Polizei-Newsletter
Mit dieser Ausgabe des Polizei-Newsletter verabschiedet sich Martin Lühning als technischer Administrator. Seine Nachfolge wird Detlef Wydra antreten. Martin Lühning war seit der ersten Ausgabe des PNL vom März 1999 für die Technik des Newsletter verantwortlich. Die Herausgeber bedanken sich bei Martin Lühning für die hervorragende Arbeit, die er mehr als zwölf Jahre erbracht hat und wünschen Detlef Wydra für die Zukunft viel Erfolg.