Polizei : Newsletter Nr. 164, Juni 2013

 1)   Symposium zur Polizeiwissenschaft: Hat die deutsche Polizeiwissenschaft eine Zukunft?
 2)   Polizei forscht Fußball-Fans aus
 3)   Können die negativen Auswirkungen von Budgetkürzungen im Polizeidienst begrenzt werden?
 4)   Wenn das Vertrauen in die Polizei steigt, verringert sich die Kriminalitätsfurcht
 5)   Kooperationsdilemma: Menschenrechtsorganisationen und Polizei
 6)   Videobeitrag: Jugendkriminalität – Mythen und Fakten
 7)   Die Behandlung von Straftätern sollte als präventiver Opferschutz verstanden werden
 8)   Ausgabe 1/2013 des Online-Journals eucrim erschienen
 9)   Videobeitrag: John Braithwaite über Restorative Justice
10)  Online-Seminar: Fehlurteile in den USA
11)  Scheinheiliger Ausbau des Strafrechts wegen Sportdoping
12)  Einsatz von Körperscannern trotz schlechter Evaluationsergebnisse
13)  Beitrag zum Thema Kunstfälschungen
14)  Mediation in Österreich
15)  Veranstaltungshinweis: 29. Deutscher Jugendgerichtstag
 
1) Symposium zur Polizeiwissenschaft: Hat die deutsche Polizeiwissenschaft eine Zukunft?
Der Lehrstuhl für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum veranstaltet in Kooperation mit dem Arbeitskreis empirische Polizeiforschung am 22. und 23. November 2013 ein Symposium zur Polizeiwissenschaft. Der Fokus des ersten Veranstaltungstages ist auf den Stand und die Entwicklung der Polizeiwissenschaft in Deutschland gerichtet, während am zweiten Tag diskutiert werden soll, ob Polizeiforschung eine Polizeiwissenschaft benötigt. Zu den Themen äußern sich namhafte Referenten aus Wissenschaft und Praxis der Polizeiwissenschaft. Weitere Informationen zur Veranstaltung sowie zum Anmeldeverfahren sind online verfügbar: http://www.kriminologie.ruhr-uni-bochum.de/
 
 
2) Polizei forscht Fußball-Fans aus
Die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) der Polizeibehörden steht wegen systematischer und anlassunabhängiger Datenerfassung in der Kritik. Die ZIS erstellt zur Planung polizeilicher Einsatzkonzepte bei Fußballspielen regelmäßig sogenannte „Vorauslage”-Berichte. In diesen Berichten werden bspw. Informationen über Anreisewege der Fußballfans präsentiert. Teilweise werden hier sogar die Kennzeichen von einzelnen Reisebussen erfasst, mit denen Fußballfans zu den Spielen reisen. „Verbunden damit sind Zuschreibungen an bestimmte Personengruppen bezüglich ihres vermeintlich zu erwartenden Verhaltens. Auffallend ist dabei, dass die weitaus überwiegende Mehrheit der von der Polizei sorgfältig beobachteten Fans selbst in diesen Lageberichten als friedlich eingestuft werden – was sie aber dennoch keineswegs vor einer systematischen Erfassung schützt.“ Quelle und weitere Informationen: http://www.publikative.org/2013/05/17/sicherheits-leak-die-vorab-berichte-der-zis-zu-den-letzten-spieltagen-der-1-2-und-3-liga/?utm_medium=twitter&utm_source=twitterfeed
 
 
3) Können die negativen Auswirkungen von Budgetkürzungen im Polizeidienst begrenzt werden?
Im Vereinigten Königreich wurden in den letzten Jahren erhebliche Einsparungen und teilweise drastische Privatisierungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst vorgenommen. In diesem Zusammenhang kam es auch zu einem Personalabbau bei der Polizei. Die Auswirkungen des Personalabbaus sind jedoch umstritten: Einige Wissenschaftler haben bspw. darauf hingewiesen, dass durch die Streichung von Verwaltungsaufgaben die Auswirkungen des Personalabbaus auf die eigentliche Polizeiarbeit, und damit einhergehend auch auf das öffentliche Vertrauen in die Polizei vermieden werden können. Sindall und Sturgis berichten im Rahmen einer Untersuchung mit Daten des British Crime Survey nun darüber, dass der Personalabbau ungeachtet einer effizienten Gestaltung von Verwaltungsaufgaben auf jeden Fall negative Auswirkungen auf die öffentliche Wahrnehmung der Polizei hat. Quelle: Sindall, K. & Sturgis, P. (2013) Austerity policing: is visibility more important than numbers in determining public confidence in the police? European Journal of Criminology, 10, p. 137-153.
 
 
4) Wenn das Vertrauen in die Polizei steigt, verringert sich die Kriminalitätsfurcht
Ebutalip Aktas hat im Rahmen seiner Dissertation Einwohner der türkischen Städte Bursa und Eskişehir zu ihrer Furcht vor Kriminalität und zu ihrer Haltung gegenüber der Polizei befragt. Dabei zeigte sich ein direkter Zusammenhang zwischen dem Vertrauen in die Polizei und dem Maß an Kriminalitätsfurcht. „Wenn das Vertrauen in die Polizei steigt, verringert sich die Kriminalitätsfurcht“. Um das Vertrauen in die Polizei zu stärken, so eine weiteres Ergebnis, muss die Polizeiarbeit bürgernah gestaltet sein und auf Kooperation zielen. Quelle und weitere Informationen: http://idw-online.de/de/news535348
 
 
5) Kooperationsdilemma: Menschenrechtsorganisationen und Polizei
Philipp Hoelscher hat im Rahmen seiner Dissertation Kooperationen zwischen Menschenrechtsorganisationen und der Polizei untersucht. Die Arbeit basiert unter anderem auf Experteninterviews und zeigt ein grundsätzliches Problem bei der Zusammenarbeit dieser Institutionen: „Beispielhaft verkörpert wird das Dilemma durch die Begutachtung der polizeilichen Gefangenensammelstelle am Rande des G8-Gipfels in Heiligendamm [...]: Einerseits eröffnete sich der NGO die Gelegenheit, das Verhalten der Polizei zu beeinflussen; andererseits konnte sie für polizeiliches Fehlverhalten in der Folge mit haftbar gemacht werden, was dann auch mit entsprechendem Schaden für die Organisation geschah.“ Die Dissertation „Gefährliche Nähe? Menschenrechtsorganisationen in Kooperation mit der Polizei“ ist online verfügbar: http://digital.bibliothek.uni-halle.de/download/pdf/1410914?name=Gefährliche
 
 
6) Videobeitrag: Jugendkriminalität – Mythen und Fakten
Wolfang Heinz berichtet in einem Vortrag über Mythen und Missverständnisse im Zusammenhang mit Jugendkriminalität. Im Rahmen des Vortrags wird die Entwicklung einschlägiger Statistiken kritisch beleuchtet. Darüber hinaus wird die allgemeine Wissensbasis über Jugendkriminalität, mit deren Hilfe zwischen Mythos und Fakten getrennt werden soll, kritisch erörtert. Der Vortrag ist online verfügbar: http://www.fluegel.tv/beitrag/5349
 
 
7) Die Behandlung von Straftätern sollte als präventiver Opferschutz verstanden werden
Die Behandlungsinitiative Opferschutz e.V. (BIOS) hat den Jahrestätigkeitsbericht für das Jahr 2012 veröffentlicht. Darin wird nochmals erläutert, dass die psychologische Behandlung von Straftätern als präventiver Opferschutz verstanden werden sollte. Link zum Jahresbericht sowie weitere Informationen zum Verein finden sich hier: http://www.bios-bw.de/jahresberichte.html
 
 
8) Ausgabe 1/2013 des Online-Journals eucrim erschienen
Eucrim ist ein Online-Journal und bietet eine europaweite Plattform für das europäische Strafrecht. Es will Praktiker wie Akademiker zur Diskussion in diesem Bereich ermutigen. Die aktuelle Ausgabe 1/2013 kann kostenlos heruntergeladen werden und enthält u.a. Kurzübersichten zu aktuellen Entwicklungen bei verschiedenen europäischen Institutionen und Deliktsbereichen auf EU-Ebene. Link zum Journal: http://www.mpicc.de/eucrim/archiv/eucrim_13-01.pdf
 
 
9) Videobeitrag: John Braithwaite über Restorative Justice
Im Rahmen einer open lecture series der University of Cape Town (RSA) hat der australische Kriminologe John Braithwaite einen Vortag über Restorative Justice gehalten. Unter dem Begriff werden alternative Formen der Konfliktlösung und Konflikttransformation in Rechtsordnungen diskutiert. Restorative Justice setzt dabei primär auf Wiedergutmachung und Wiederherstellung positiver Beziehungen und nicht auf Strafe oder Vergeltung. Der Vortrag ist als YouTube-Video verfügbar: https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=aEtb7lX2wD4#
 
 
10) Online-Seminar: Fehlurteile in den USA
Das US-amerikanische National Institute of Justice (NIJ) hat im März dieses Jahres ein weiteres Seminar im Rahmen der Reihe „Research for the Real World“ veranstaltet. Im Rahmen der Veranstaltung „Wrongful Convictions“ berichteten Jon Gould von der American University in Washington (USA) und John Firman von der International Association of Chiefs of Police (IACP) über Fehlurteile und Justizirrtümer in den USA. Der Schwerpunkt des Vortrags von Jon Gould liegt dabei auf der Darstellung von Ergebnissen einer groß angelegten Studie, in deren Rahmen bestimmte Verfahrensumstände identifiziert wurden, die die Möglichkeit einer späteren juristischen Fehlentscheidung begünstigen können. John Firman thematisiert in seinem Vortrag die Perspektive der Ermittlungsbehörden in entsprechenden Verfahren. Die Vorträge und die anschließenden Interviews bzw. Diskussionen sind online abrufbar: http://nij.gov/multimedia/presenter/presenter-gould-firman/
 
 
11) Scheinheiliger Ausbau des Strafrechts wegen Sportdoping
Die Forderung nach härteren Strafen wegen Sportdopings erfreut sich zunehmender Unterstützung durch die Politik. Nun haben auch die GRÜNEN einen Vorschlag zur „Bekämpfung“ von Doping übernommen, der Verfolgsmaßnahmen erlauben soll, die sonst der Terrorabwehr dienen. Arthur Kreuzer entlarvt diese Forderungen in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung als scheinheilig und kontraproduktiv. „Wir brauchen keinen weiteren aussichtslosen ‚Krieg gegen Doping‘ nach dem weitgehenden Versagen des ‚Kriegs gegen Drogen.‘“ Der Beitrag ist online verfügbar: http://www.arthur-kreuzer.de/FAZ-4-2013-Sportdoping.pdf
 
 
12) Einsatz von Körperscannern trotz schlechter Evaluationsergebnisse
Am Düsseldorfer Flughafen ist vor kurzem der erste Körperscanner in NRW in Betrieb genommen worden. Die Installation des Geräts überrascht, da die Ergebnisse eines Testbetriebs am Flughafen Hamburg gezeigt haben, dass die Körperscanner das Sicherheitsniveau an den Flughäfen keinesfalls verbessern. Die Gewerkschaft der Polizei GdP forderte daraufhin auf die Geräte zu verzichten. Der Einsatz der Geräte ist mit erheblichen ethischen und datenschutzrechtlichen Bedenken behaftet. Dies gilt auch für die Geräte neuerer Bauart. Weitere Informationen zum Testbetrieb in Hamburg: http://www.abendblatt.de/hamburg/article1976424/Ministerium-Die-Koerperscanner-sind-nicht-durchgefallen.html
 
 
13) Beitrag zum Thema Kunstfälschungen
Kristian Grüning, Kriminalrat aus Berlin behandelt in einem Fachaufsatz das Thema Kunstfälschungen in Deutschland. Dabei kritisiert er, dass Fälle von Kunstfälschungen statistisch nicht einheitlich erfasst werden. In der Folge kursieren in den Medien nicht belegbare Zahlen zum Ausmaß des Phänomens zu den Schadenssummen. Teilweise wurde über Vermögensschäden von zwei Mrd. Euro berichtet. Der Beitrag thematisiert darüber hinaus die aktuellen Ermittlungsmethoden (Computertomographie, Thermographie, Dendrochronologie, etc.). Grüning, K. (2013). Kunstfälschung – mit modernen Ermittlungsmethoden gegen ein altes Phänomen. Kriminalistik, 67, S. 281- 287.
 
 
14) Mediation in Österreich
Unter der Rubrik „Online-Dokumente“ (http://www.polizei-newsletter.de/online_documents_german.php) ist auf der Website des PNL eine Abhandlung über das Thema Mediation in Österreich erschienen. In dem ca. 20-seitigen Dokument erläutert der Autor, Islam Qerimi, die wesentlichen Merkmale und Abläufe von Mediationsverfahren.
 
 
15) Veranstaltungshinweis: 29. Deutscher Jugendgerichtstag
Die Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfe (DVJJ) richtet regelmäßig eine Fachtagung für alle mit Jugendstrafverfahren und Jugenddelinquenz befassten Berufsgruppen aus. Der nunmehr 29. deutsche Jugendgerichtstag wird zwischen dem 14. und 17.09.2013 in Nürnberg stattfinden. Die Veranstaltung trägt den Titel: „Jugend ohne Rettungsschirm. Herausforderungen annehmen!“ Neben den Plenarvorträgen – es referieren Jutta Allmendinger (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung), Joachim Bauer (Uniklinik Freiburg) sowie Karl-Ludwig Kunz (Universität Bern) – werden zahlreiche Arbeitskreise und Vorträge in Foren zu unterschiedlichen aktuellen und grundlegenden Themen aus dem Bereich der Jugenddelinquenz und der Jugendkriminalrechtspflege angeboten. Quelle und weitere Informationen: http://www.dvjj.de/veranstaltung.php?artikel=1708