Polizei : Newsletter Nr. 245, Oktober 2020

 1)   Polizei und psychisch Kranke
 2)   IBM gegen Gesichtserkennungssoftware
 3)   Jahresbericht 2019 der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter
 4)   Reform der Polizeigesetze in Deutschland
 5)   Zusammenhang zwischen polizeilichem Fehlverhalten und Fehlurteilen
 6)   Warum fast alle Polizeidienststellen in großen Städten der USA die Menschenrechtsstandards nicht einhalten
 7)   Abschlussbericht der Regierungskommission „Mehr Sicherheit für Nordrhein-Westfalen“
 8)   Warum der „War on Drugs“ gescheitert ist
 9)   Mehr häusliche Gewalt unter Covid-19
10)  Aus- und Fortbildung verändert nicht „racial bias“
11)  Polizeiliche Zwangsmaßnahmen, Würgegriffe und Fixierungen enden tödlich
12)  Sippenforschung und die Graugans Martina
13)  Studie zu Polizeiethik in GB
14)  Kriminologie lyrisch-poetisch
15)  Migration und Sexualdelinquenz
 
1) Polizei und psychisch Kranke
Eine Studie der „Hochschule in der Akademie der Polizei Hamburg“ hat die Häufigkeit von Polizeieinsätzen mit psychisch kranken Personen untersucht, sowie die subjektiven Herausforderungen und Wahrnehmungen von Polizeibeamten im Zusammenhang mit der Interaktion. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Mehrheit der Beamten die Verhaltensweisen von psychisch Kranken als unvorhersehbar, widersprüchlich und irrational empfanden, einschließlich verbaler und physischer Aggressionen. Insgesamt 27,9% waren während der Interaktionen besorgt. https://link.springer.com/article/10.1007/s11896-020-09398-8
 
 
2) IBM gegen Gesichtserkennungssoftware
Vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen hat IBM entschieden, aus Entwicklung und Vertrieb von Gesichtserkennungssoftware auszusteigen. Grund ist der mögliche Missbrauch. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=725
 
 
3) Jahresbericht 2019 der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter
Die Bundesregierung verweist zwar darauf, dass „auch diesmal“ keine Anzeichen für die Anwendung von Folter oder Beweise für Misshandlung von Inhaftierten gefunden wurden. Wenn man den Bericht genauer liest, dann stellt man fest, dass sowohl im Bereich von Polizei und Zoll, als auch in Verbindung mit Abschiebungen gravierende Mängel festgestellt wurden. Statt darauf zu drängen, dass diese, teilweise schon seit Jahren immer wieder berichteten Probleme abgestellt werden, verharmlost die Bundesregierung dies immer wieder. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=726
 
 
4) Reform der Polizeigesetze in Deutschland
Ein ganzes Themenheft des KrimJ beschäftigt sich mit dieser Reform, wobei die Beiträge verschiedene Facetten behandeln. Vom Gefahren- über den Gefährderbegriff bis hin zu der Vorverlagerung polizeilicher Eingriffsbefugnisse. Ein Überblick findet sich hier  http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=727
 
 
5) Zusammenhang zwischen polizeilichem Fehlverhalten und Fehlurteilen
Eine Studie ging der Rolle offiziellen polizeilichen Fehlverhaltens bei der Verurteilung unschuldiger Menschen nach. Es wurden Fälle, die im „National Registry of Exonerations“ aufgeführt sind (also im nationalen Register derjenigen, die nachträglich für unschuldig erklärt wurden), das alle seit 1989 bekannten Entlastungen in den USA (immerhin 2.663 Fälle). Schwarze, die wegen Mordes verurteilt wurden, waren etwa 50% häufiger unschuldig als andere verurteilte Mörder, unschuldige Schwarze wurden etwa 12-mal häufiger wegen Drogenverbrechen verurteilt wurden als unschuldige Weiße Einige dieser Unterschiede sind auf die Art des polizeilichen Fehlverhaltens zurückzuführen. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=728
 
 
6) Warum fast alle Polizeidienststellen in großen Städten der USA die Menschenrechtsstandards nicht einhalten
Claudia Flores, Rechtsprofessorin an der University of Chicago Law School und Direktorin der International Human Rights Clinic, nimmt dazu in einem Podcast Stellung. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=729
 
 
7) Abschlussbericht der Regierungskommission „Mehr Sicherheit für Nordrhein-Westfalen“
Der Abschlussbericht wurde veröffentliche. Auffällig ist, dass kritische Stimmen oder solche, die politisch nicht opportun erschienen, nicht gehört wurden. https://www.land.nrw/sites/default/files/asset/document/abschlussbericht.pdf
 
 
8) Warum der „War on Drugs“ gescheitert ist
Der Beitrag befasst sich mit Fehlern, die in diesem Zusammenhang gemacht wurden. Insgesamt wurde der Drogenhandel größtenteils als moralisches Versagen und nicht als Markt betrachtet, und man ist nie dazu gekommen, die Größe und Form dieses Marktes zu erkennen oder Marktkräfte einzusetzen, um ihn zu kontrollieren. https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3681043
 
 
9) Mehr häusliche Gewalt unter Covid-19
Die COVID-19-Pandemie führte laut einer neuen Studie in den USA zu einer Zunahme der Aufrufe wegen häuslicher Gewalt. Die Studie untersuchte Daten von 14 amerikanischen Großstädten und verglich Berichte über häusliche Gewalt vor und nach Beginn der Pandemie mit den Trends im gleichen Zeitraum des Jahres 2019. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=730
 
 
10) Aus- und Fortbildung verändert nicht „racial bias“
Eine Studie der Polizei Vermont zeigt, dass Aus- und Fortbildung, die sich gegen rassistisch begründete Kontrollen und Polizeimaßnahmen wendet, nur in einigen Polizeidienststellen des Staates zu kleinen Verbesserungen führte. Insgesamt änderten sie das Verhalten der Polizei im Großen und Ganzen nicht. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=731
 
 
11) Polizeiliche Zwangsmaßnahmen, Würgegriffe und Fixierungen enden tödlich
Europaweit werden immer mehr Fälle bekannt, bei denen es nach polizeilichen Zwangs- oder Festnahmemaßnahmen zu Todesfällen kommt. Dazu gehören auch Würgegriffe (chokeholds). Oftmals werden die nationalen Vorgaben bei Fixierungen auch in anderen Bereichen der Strafverfolgung (einschl. Polizeihaft) und der Psychiatrie nicht beachtet. Eine Übersicht finden sich hier http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=732
 
 
12) Sippenforschung und die Graugans Martina
Unter diesem Titel beschäftigt sich ein Beitrag in der „Neuen Kriminalpolitik“ mit der Diskussion um das Buch „Kriminologie. Für Studium und Praxis“ im VdP-Verlag. Das Magazin Stern warf den Autoren damals vor, „Begriffe aus der NS-Zeit“ zu verwenden, „ohne sie hinreichend einzuordnen“. Ferner würden obsolete Theorien und obskure Theoretiker unkommentiert dargestellt. Zwei Wochen später stampfte der Verlag das Buch ein, und inzwischen haben sich BKA und alle Leiter der Landeskriminalämter aus der Herausgeberschaft der Zeitschrift "Kriminalistik" zurückgezogen, in der das Buch verteidigt worden war. https://www.nk.nomos.de/
 
 
13) Studie zu Polizeiethik in GB
Unter dem Titel „Police ethics and integrity: Keeping the ‘blue code’ of silence” wurde in Großbritannien 1.500 Polizeibeamte zum Umgang mit Straftaten innerhalb der Polizei befragt. Die Methodik könnte auch beispielhaft für Deutschland sein. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es innerhalb der Polizei eine Zurückhaltung, Vergehen innerhalb der eigenen Institution zu melden, gibt. Der unbefugte Zugriff auf den nationalen Computer der Polizei wurde als relativ „ernst“ angesehen, und auch die Anwendung übermäßiger Gewalt wird gemeldet. Die Befragten äußerten Misstrauen gegenüber dem anonymen Meldesystem, das eingerichtet wurde, um Verhalten eines Kollegen zu melden, ohne seine eigene Identität preiszugeben. https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/1461355720947762
 
 
14) Kriminologie lyrisch-poetisch
Die Schweizer Zeitschrift EXPERIMENTA hat eine Kurzgeschichte von Paul Reiners veröffentlicht mit dem Titel „Die Stille“. Auf S. 16 hier zu finden, und lesenswert! http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=733


 
 
15) Migration und Sexualdelinquenz
Ein Beitrag von Kölbel in der „Neuen Kriminalpolitik“, Heft 3, 2020, bietet eine eingehende Aufbereitung der vorliegenden kriminalstatistischen Daten. Die wesentlichen Ergebnisse: Es gibt einen Zuwachs an Sexualdelikten nach 2015/16, der zu erheblichen Teilen durch Migranten verursacht wurde, seit 2015/16 nach Deutschland gekommen sind. Diese „neuen Zuwanderer“ sind aber nicht mehr belastet als der schon vor 2015/16 in Deutschland ansässige nichtdeutsche Teil der Bevölkerung. Dies betrifft aber nur eine sehr kleine Teilgruppe der Migranten. Die Mehrbelastungsgründe sind primär in der (für alle Zuwanderer ähnlichen) Zuwanderungssituation (und nicht in individuellen Kriterien wie Religion, Ethnie etc.) zu suchen. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=733