Polizei : Newsletter Nr. 247, Dezember 2020

 1)   Rassismus und Diskriminierungserfahrungen im Kontext polizeilicher Gewaltausübung
 2)   Notrufe wegen psychischer Probleme werden nicht mehr von Polizisten bearbeitet
 3)   Ersatz für Polizei bei Notrufen
 4)   Vortragsreihe "Organisation, Dauer und Eigendynamik von Gewalt"
 5)   Umfangreiche Studie zu polizeilichem Fehlverhalten in Australien – Nebentätigkeiten als Prädiktor
 6)   Undercover Policing
 7)   Predictive Policing
 8)   Kriminalitätsbekämpfung nach wie vor nachrangig bei polizeilichem Alltagshandeln
 9)   Polizeinotrufe in den USA
10)  Überwachung von Hotspots
11)  Vertrauen in die Polizei in den USA gesunken
12)  Police Watch in Belgien
13)  Straftaten richtig zählen – anhand eines Schadensindex
14)  Kann man Massentötungen durch waffenrechtliche Restriktionen verhindern?
15)  Verzweifelte Identitäten? Analyse von Tätern von Massengewalt
16)  Studie „Sicherheit und Kriminalität in Deutschland (SKiD)“
 
1) Rassismus und Diskriminierungserfahrungen im Kontext polizeilicher Gewaltausübung
Das Projektteam KViAPol hat einen zweiten Zwischenbericht veröffentlicht. In der Betroffenenbefragung wurden Diskriminierungserfahrungen im Kontext von als rechtswidrig wahrgenommener polizeilicher Gewaltanwendung erhoben und auch in Interviews mit Personen aus Polizei und Zivilgesellschaft wurden Rassismus und Diskriminierung thematisiert. https://kviapol.rub.de/index.php/inhalte/zweiter-zwischenbericht
 
 
2) Notrufe wegen psychischer Probleme werden nicht mehr von Polizisten bearbeitet
Ab Februar 2021 werden in New York im Rahmen eines Pilotprogramms Notrufe, die Personen mit emotionaler oder psychischer Belastung betreffen, von Sozialarbeitern und Krisenarbeitern für psychische Gesundheit beantwortet. Polizeibeamte werden nur noch einbezogen, wenn eine klare Bedrohungssituation besteht. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=743 Das Projekt baut auf einem Vorgängerprojekt in Eugene auf http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=744
 
 
3) Ersatz für Polizei bei Notrufen
Sozialarbeiter, Mediziner und Kriseninterventionsexperten: Sie alle könnten Einsätze übernehmen, für die herkömmlich Polizeibeamte gerufen werden und an denen Menschen beteiligt sind, deren psychische Gesundheit, Obdachlosigkeit, Drogenprobleme oder geringfügige Belästigungen Aufmerksamkeit erfordern - und nicht die Art von Aufmerksamkeit, die die Polizei bei Verhaftungen mit sich bringt. Eine Zusammenstellung entsprechender Ansätze in den USA findet sich hier http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=745
 
 
4) Vortragsreihe "Organisation, Dauer und Eigendynamik von Gewalt"
Die Vorträge im Zusammenhang mit dem ORDEX-Forschungsprojekt stehen auf der Website der Universität Bielefeld zur Verfügung. Die Forschungsgruppe ORDEX untersuchte, wie soziale Situationen entstehen, in denen kontinuierlich oder immer wieder aufs Neue Gewalt stattfindet. https://www.uni-bielefeld.de/soz/ab3/ordex/vortragsreihe.html
 
 
5) Umfangreiche Studie zu polizeilichem Fehlverhalten in Australien – Nebentätigkeiten als Prädiktor
Die Studie versucht, die Vorgeschichte schwerwiegenden Fehlverhaltens der Polizei, die zur Entlassung oder strafrechtlichen Anklage von Beamten führen, zu identifizieren. Daten zu Fehlverhalten von 600 Beamten ermittelt, die Fälle von schwerem Fehlverhalten begangen haben, sowie für eine Stichprobe von 600 Vergleichsbeamten über einen Zeitraum von 13 Jahren. Frühere Fälle von schwerwiegendem Fehlverhalten waren besonders prädiktiv für weiteres schwerwiegendes Fehlverhalten, während Fehlverhalten in der Mitte der Karriere am häufigsten auftrat. Sekundärbeschäftigung und Leistungsprobleme waren wichtige Prädiktoren. Diese Studie legt nahe, dass Nebentätigkeiten ein wichtiger Indikator für das Risiko von Fehlverhalten sind. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=746
 
 
6) Undercover Policing
Das Londoner Center for Crime and Justice Studies beschäftigt sich auf seiner aktuellen Website mit “Spycops” und verschiedenen Aspekten von verdeckten Ermittlungen durch die Polizei – vor allem auch in Verbindung mit politischen Protesten. https://www.crimeandjustice.org.uk/tags/undercover-policing
 
 
7) Predictive Policing
Ein Beitrag beschäftigt sich kritisch mit der Entwicklung der Software für Predictive-Policing-Modelle – auch in Deutschland. https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/10439463.2019.1611821
 
 
8) Kriminalitätsbekämpfung nach wie vor nachrangig bei polizeilichem Alltagshandeln
Ein Übersichtbeitrag zeigt, dass weniger als ein Viertel aller Polizeieinsätze in einigen Städten der USA sich mit Kriminalität beschäftigen. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=747
 
 
9) Polizeinotrufe in den USA
Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommt eine umfassende Studie des VERA-Instituts: Nur in weniger als 20% aller Einsätze geht es um schwere Straftaten; die meisten Fälle beschäftigen sich mit Ruhestörungen. In einer umfangreichen Studie hat das Vera-Institut in New York Notrufe über einen Zeitraum von zwei Jahren in zwei Polizeibehörden der USA ausgewertet. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=748
 
 
10) Überwachung von Hotspots
Die Sicht von Polizeibeamten auf die Überwachung von Hotspots kann sicherstellen, dass Programme zur Überwachung vor der Implementierung realistischer sind. Eine Studie zeigt Ressentiments von Beamten gegenüber der Fußstreife auf, um solche Hotspots zu kontrollieren. Die Beamten glaubten, dass Fußpatrouillen die Beziehungen zwischen Polizei und Gemeinde verbessern, das Sammeln von Informationen erleichtern, die Kriminalität durch Abschreckung und heimliche Verhaftungen verringern und für Bewegung sorgen könnten. Sie kritisierten aber die Fußpatrouille als ressourcenintensiv, körperlich anstrengend, möglicherweise langweilig oder zu räumlicher Verschiebung von Kriminalität führen. https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/10439463.2019.1611822
 
 
11) Vertrauen in die Polizei in den USA gesunken
Gleichzeitig befürwortet die Mehrheit der Bevölkerung die Möglichkeit, Polizei für Fehlverhalten auch zivilrechtlich zur Verantwortung zu ziehen und die auch dort geltende Immunität für Beamte aufzuheben. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=749
 
 
12) Police Watch in Belgien
Police Watch Report ist das am 15. März 2020 gestartete Observatorium für Polizeigewalt der Liga für Menschenrechte in Belgien. Die Website bietet Informationen zu rechtlichen Fragen, Veröffentlichungen sowie einen Fragebogen zur Erfassung der Aussagen von Opfern und Zeugen von Polizeigewalt. Aktuell wurden 75 Fälle zwischen März und Mai 2020 ausgewertet. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=750
 
 
13) Straftaten richtig zählen – anhand eines Schadensindex
Schon seit Jahrzehnten wird die Art der Erfassung von Straftaten kritisiert. So wird ein Raubüberfall als eine Tat erfasst, gleich ob der Schaden 2 Euro oder 2 Mio. Euro betrug. Und das Beschädigen eines Autospiegels zählt ebenso zur „Straßenkriminalität“ wie eine Gruppenvergewaltigung im öffentlichen Raum. Hier wird eine andere, nicht nur kriminologisch sinnvolle Art der Registrierung von Kriminalität vorgestellt: https://link.springer.com/article/10.1007/s41887-020-00043-2
 
 
14) Kann man Massentötungen durch waffenrechtliche Restriktionen verhindern?
Eine Studie untersuchte alle 89 Vorfälle dieser Art in den USA zwischen 2014 und 2017 und kommt zu dem Ergebnis, dass ein hoher Anteil der Täter zuvor durch häusliche Gewalt aufgefallen und polizeibekannt war (28 von 89). Allerdings gab es nur bei 6 Personen entsprechende waffenrechtliche Beschränkungen. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=751
 
 
15) Verzweifelte Identitäten? Analyse von Tätern von Massengewalt
Die Täter mehrerer Massentötungsdelikte in den USA werden in Bezug auf drei psychologische Kategorien (psychopathisch, psychotisch und traumatisiert) und soziales Versagen diskutiert. Es wird beschrieben, wie die Angreifer versuchten, ihre als geschädigte Männlichkeit empfundene Unzulänglichkeit durch Gewaltakte zu überwinden und welche Faktoren zu Massengewalttaten beitragen. https://schoolshooters.info/sites/default/files/Desperate_Identities.pdf
 
 
16) Studie „Sicherheit und Kriminalität in Deutschland (SKiD)“
Die Bund-Länder-Dunkelfeldbefragung SKiD 2020 ist gestartet. Sie soll im Zwei-Jahres-Turnus wiederholt werden und Erkenntnisse zu Kriminalitätserfahrungen und dem Schutz vor Kriminalität bringen. Bundesweit werden 120 000 Bürgerinnen und Bürger befragt. https://www.bka.de/skid