Polizei : Newsletter Nr. 257, November 2021

 1)   Evaluation von Sicherheitsgesetzen in Deutschland
 2)   Zahl der bei Polizeieinsätzen in den USA getöteten Menschen massiv unterschätzt
 3)   Kontrolle, Normen und soziale Beziehungen in der digitalen Gesellschaft
 4)   Kriminalität gewinnt als nationales Problem in den USA an Bedeutung
 5)   Interventionsalternativen bei psychisch Gestörten und Drogenabhängigen
 6)   Neue Droge aus Katalysatoren-Rückständen und Medikamenten
 7)   Anti-Gewalt Therapie wirkt
 8)   Covid-19 und die räumliche Verteilung von Kriminalität
 9)   Präventionsprogramm gegen Waffengewalt wirkt
10)  Bericht der Expertinnen- und Expertengruppe zur Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung
11)  Kriminalitätsentwicklung in den USA: Mehr Gewalt-, weniger Drogen-, weniger Eigentumsdelikte
12)  Atlas des internationale Genf
13)  Zunehmende Waffengewalt in den USA: Regierung investiert mehr als 5 Milliarden US-Dollar
14)  Bürgerwehren – eine Analyse
15)  Genitalverstümmelungen in den USA: Richter weißt Anklage zurück
16)  Externe Kontrolle der Polizei - schwierig
17)  Mapping Police Violence
 
1) Evaluation von Sicherheitsgesetzen in Deutschland
Die vom Deutschen Institut für Menschenrechte herausgegebene Evaluation gibt einen Überblick über die bisherige Evaluierungspraxis von Sicherheitsgesetzen und diskutiert Konzepte und Methodik. Sie will einen Beitrag zur Stärkung und Weiterentwicklung der grund- und menschenrechtsorientierten Evaluierung von Sicherheitsgesetzen leisten. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=840
 
 
2) Zahl der bei Polizeieinsätzen in den USA getöteten Menschen massiv unterschätzt
Eine Studie der University of Washington schätzt anhand einer empirisch aufwändigen Studie, dass zwischen 1980 und 2018 in den USA insgesamt 30 800 Menschen durch Polizeigewalt starben. Das sind 17.100 mehr als in den offiziellen Statistiken ausgewiesen. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=849
 
 
3) Kontrolle, Normen und soziale Beziehungen in der digitalen Gesellschaft
In seiner Studie „Überwachen und konsumieren“ zeigt Nils Zurawski auf, welche symbolische Kraft Technologien haben und wieso Digitalisierung zu einer Re-Feudalisierung von Lebenswelten führt. In dieser Perspektive wird Überwachung zu einem Teil des Konsums und wirkt identitätsstiftend. Das Buch stellt Alternativen für andere Wege bereit, mit Digitalisierung umzugehen, und neue Möglichkeiten, Überwachung zu diskutieren. Open access http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=841
 
 
4) Kriminalität gewinnt als nationales Problem in den USA an Bedeutung
Eine Studie hat mehr als 100 aktuelle Umfragen zur Einstellung der Bevölkerung gegenüber Polizei und Justiz ausgewertet und zeigt auf, wie Reformer effektiver für einen Systemwechsel argumentieren können. Es besteht Einigkeit, dass Bodycams sinnvoll sind, ebenso wie unabhängige Untersuchungen polizeilichen Schusswaffengebrauchs. Auch ein nationales Register für polizeiliches Fehlverhalten wird von der Mehrheit begrüßt. Allerdings lehnen viele die Idee des „defund the police“ ab. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=842
 
 
5) Interventionsalternativen bei psychisch Gestörten und Drogenabhängigen
Die polizeiliche Notrufnummer wird auch gewählt, wenn es um Situationen geht, bei denen psychisch Gestörte oder Drogenabhängige sich auffällig verhalten. In den USA werden in vielen Städten inzwischen Optionen bereitgehalten, die über die Polizei hinausgehen. Dabei geht es um Sozialarbeiter, Psychologen und anderen in verwandten Bereichen Tätige, die Einsätze i.V.m psychischer Gesundheit, Drogenmissbrauch oder Obdachlosigkeit wahrnehmen, die sonst von einem bewaffneten Beamten bearbeitet worden wären. Ein Beispiel: http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=843
 
 
6) Neue Droge aus Katalysatoren-Rückständen und Medikamenten
Kinshasa, die Hauptstadt des Kongo wird von einer neuen Droge überrollt: Bombé – hergestellt aus Ablagerungen von Autokatalysatoren, gemixt mit einem wilden Medikamentencocktail. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis diese billige Droge auch anderenorts auftaucht. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=844
 
 
7) Anti-Gewalt Therapie wirkt
In Chicago haben randomisierte kontrollierte Studien gezeigt, dass ein Programm, das mit kognitiver Verhaltenstherapie arbeitet, die Verhaftungen von Jugendlichen wegen Gewaltverbrechen um die Hälfte reduzierte, während ein anderes die Verhaftungen bei Tötungsdelikten unter Hochrisikopersonen um 80 Prozent reduzierte. Eine systematische Überprüfung von 58 entsprechenden Studien ergab, dass solche Programme die Rückfälligkeit um 25 Prozent reduzierten. Von den Anti-Gewalt-Interventionen, die keine Strafverfolgung einbeziehen, scheinen diese Programme die stärkste Erfolgsbilanz vorzuweisen. https://counciloncj.org/meeting-bulletin-4-community-based-responses/
 
 
8) Covid-19 und die räumliche Verteilung von Kriminalität
COVID-19 beeinflusst das tägliche Leben von Millionen von Menschen. Diese radikale Veränderung war auch ein natürliches Experiment für die Erforschung der räumlichen Verteilung von Notrufen. Forscher in Belgien analysierten die Auswirkungen der COVID-19-Maßnahmen auf das räumliche Muster polizeilicher Interventionen. Kriminalität ist nicht gleichmäßig über Straßenabschnitte verteilt, und die Frage war, wie sich COVID-19 auf diese räumlichen Muster auswirkt. Im Ergebnis hat sich das Notrufmuster während oder nach Corona-bedingten Sperrungen nicht wesentlich geändert, jedoch könnte sich, so die Forscher, eine qualitative Verschiebung der täglichen Arbeit der Polizeibeamten auf die Polizei ausgewirkt haben. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=848
 
 
9) Präventionsprogramm gegen Waffengewalt wirkt
Gemeinden, in denen in den USA das “Cure Violence”-Programm umgesetzt wird, verzeichnen 73% weniger entsprechende Straftaten. Bei dem Programm “Cure Violence” handelt es sich um ein internationales Waffenpräventionsprogramm, das sich auf soziale Ungleichheit konzentriert und auf Input durch Menschen vertraut, die am meisten von Waffengewalt betroffen sind. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=845
 
 
10) Bericht der Expertinnen- und Expertengruppe zur Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung
Das derzeitige System zur Dokumentation der Hauptverhandlung sieht zwar eine schriftliche Protokollierung der Hauptverhandlung durch ein Hauptverhandlungsprotokoll vor. Das Protokoll beschränkt sich jedoch auf wenige relevante Passagen, denn ausschließlicher Zweck der Niederschrift ist die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verfahrens. Nicht erfasst sind dagegen die (wesentlichen) Ergebnisse der Beweisaufnahme. Dies erschwert entscheidend die Arbeit von Strafverteidigern, vor allem, wenn sie alleine tätig sind. Der Bericht des BMJ beschäftigt sich mit der Problematik und macht Änderungsvorschläge. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=846
 
 
11) Kriminalitätsentwicklung in den USA: Mehr Gewalt-, weniger Drogen-, weniger Eigentumsdelikte
Die Kriminalitätsentwicklung in den USA ist (auch wegen Corona) nur schwer zu interpretieren. Eine gute Übersicht findet sich hier: http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=847
 
 
12) Atlas des internationale Genf
Genf, zweiter Hauptsitz der Vereinten Nationen, wird in dem von der Konrad-Adenauer-Stiftung herausgegeben «Kleine Atlas des internationalen Genf 2019/2020» mit über 45 hier ansässigen internationalen Organisationen und über 750 Nichtregierungsorganisationen dargestellt. Anhand zentraler Politikfelder, wie Globaler Gesundheit, Humanitärer Hilfe, Welthandel, Digitalisierung, Menschenrechten oder Flucht und Migration zeigt der Atlas schlaglichtartig die zentrale Bedeutung des internationalen Genf für globale Entwicklungen und den Multilateralismus auf. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=850
 
 
13) Zunehmende Waffengewalt in den USA: Regierung investiert mehr als 5 Milliarden US-Dollar
Die Regierung plant, der zunehmenden Waffengewalt durch die Unterstützung gemeindeorientierter Interventions- und Straßenhilfeprogramme sowie krankenhausbasierter Programme entgegenzuwirken, die Bewohnern gefährdeter Gemeinden die Dienste bieten können, die sie zur Stabilisierung ihres Lebens benötigen. Über acht Jahre sollen dafür mehr als fünf Milliarden US-Dollar bereitgestellt werden. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=851
 
 
14) Bürgerwehren – eine Analyse
Mit ihrer Studie an der Schnittstelle von Soziologie, Ethnologie und Politikwissenschaft zeigt die Autorin, warum vor allem Männer das staatliche Gewaltmonopol infrage stellen. Darüber hinaus untersucht sie erstmals Bürgerwehren als Strategie rechtsextremer Akteure, die durch die Kontrolle des öffentlichen Raumes politische Macht gewinnen wollen. Die Studie ist als Open Access verfügbar unter http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=852
 
 
15) Genitalverstümmelungen in den USA: Richter weißt Anklage zurück
Ein Bundesrichter hat den landesweit ersten Fall der weiblichen Genitalverstümmelung verworfen und damit Staatsanwaltschaft und Überlebenden einen schweren Schlag versetzt, die gehofft hatten, der Fall in Detroit würde dazu beitragen, eine Praxis zu beenden, die immer noch an Millionen von Mädchen weltweit praktiziert wird. Dabei gehen die Ermittler davon aus, dass es in den USA ein geheimes Netzwerk von Ärzten gibt, die solche Genitalverstümmelungen vornehmen. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=853
 
 
16) Externe Kontrolle der Polizei - schwierig
In mehr als 160 Jurisdiktionen in den USA gibt es bereits externe Einrichtungen zur Kontrolle der Polizei (civilian oversight mechanism), in 130 weiteren sind sie geplant. Ein ausführlicher Beitrag in der Washington Post beschreibt, wie und warum diese Einrichtungen von Polizei und Politik unterminiert werden. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=854
 
 
17) Mapping Police Violence
Nach Schätzungen eines amerikanischen Projektes wurden dort zwischen Mai 2020 und Mai 2021 etwa 1.000 Menschen von den Strafverfolgungsbehörden getötet. Diese Zahl unterschätzt mit Sicherheit die Anzahl der Todesfälle in (Polizei-) Haft, da die Datenbank auf Medienberichten zur Verfolgung von Polizeigewalt beruht und Todesfälle in Justizvollzugsanstalten nicht berücksichtigt. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=855