Polizei : Newsletter Nr. 265, Juli 2022

 1)   Kriminologische Langzeitstudien – aktuelles Buch zum Download verfügbar
 2)   Der „Flitterwochen-Kater-Effekt“ bei Polizeiauszubildenden
 3)   Prävention und Bekämpfung von Geldwäsche
 4)   „Blended Learning“ in der Polizeiausbildung
 5)   Jahresbericht der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter
 6)   Probleme mit der Erfassung von Kriminalitätsdaten in den USA
 7)   Lügenerkennung und Vernehmungstaktiken
 8)   Gangs und Globalisierung
 9)   Polizeigewalt und Bürgervertrauen
10)  Motivationshintergründe des Attentäters von Hanau
11)  Suizid von Polizeibeamten als arbeitsbedingtes Trauma
12)  Bewaffnung von Lehrern als Lösung gegen Amokläufe in Schulen?
13)  Vertrauen in die Demokratie
14)  Umfangreiche Sicherheits- und Kriminalitätsberichte
15)  Mehr Polizei und Prävention mit Covid-19-Geldern
16)  „Den richtigen Riecher haben“ – proaktive Polizeiarbeit
17)  Jürgen Habermas zu Corona
18)  Über 50% mehr Todesfälle durch Polizeigewalt in den USA als offiziell registriert
 
1) Kriminologische Langzeitstudien – aktuelles Buch zum Download verfügbar
Die meisten kriminologischen Theorien erlauben keine quantitativen Vorhersagen über kriminelle Karrieremerkmale wie die Prävalenz und Häufigkeit von Straftaten in verschiedenen Altersstufen. Das Buch “Testing Criminal Career Theories in British and American Longitudinal Studies” von MacLeod und Farrington versucht hier eine Lücke zu schließen. Es ist noch bis 04.07.2022 kostenlos downloadbar unter http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=919
 
 
2) Der „Flitterwochen-Kater-Effekt“ bei Polizeiauszubildenden
Untersuchungen zum Flitterwochen-Kater-Effekt deuten darauf hin, dass Neuankömmlinge beim Beginn einer neuen Stelle einen anfänglichen Anstieg der Arbeitseinstellung und -motivation erfahren, gefolgt von einem anschließenden Rückgang. In dieser Studie werden Schwankungen in den vorhergesagten und gefühlten Emotionen (d. h. Glück, Angst und Wut) von Polizeianwärtern während der organisatorischen Sozialisation (d. h. 6-monatige Ausbildung an der Polizeiakademie) untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass sich ihr empfundenes Glück zwar nicht wesentlich veränderte, ihre Angst- und Wutpegel im Laufe der Zeit jedoch zunahmen. https://iaap-journals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/apps.12400
 
 
3) Prävention und Bekämpfung von Geldwäsche
Mit dem Schwerpunktthema Prävention und Bekämpfung der Geldwäsche beschäftigen sich mehrere Beiträge in dem Heft 1, 2022 der Zeitschrift „eucrim“. https://eucrim.eu/issues/2022-01/
 
 
4) „Blended Learning“ in der Polizeiausbildung
Die evidenzbasierte Einführung von Blended Learning in der Polizeiausbildung bei allen Polizeikräften in England und Wales wurde untersucht. 42 Studien wurden ausgewertet. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Blended Learning mindestens so gut, wenn nicht sogar effektiver ist als nur Präsenz- oder nur Online-Lernmethoden. https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/15614263.2022.2073230
 
 
5) Jahresbericht der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter
Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter führte im Jahr 2021 insgesamt 30 Besuche in Alten- und Pflegeheimen, in Gewahrsamseinrichtungen der Bundes- und Landespolizei sowie des Zolls, im Justizvollzug und in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendpsychiatrie durch. Ein besonderer Schwerpunkt der Besuche lag auf Einrichtungen des Maßregelvollzugs bzw. der forensischen Psychiatrie und auf der Beobachtung von Abschiebungsmaßnahmen. Der Jahresbericht 2021 ist hier verfügbar: https://www.nationale-stelle.de/publikationen.html
 
 
6) Probleme mit der Erfassung von Kriminalitätsdaten in den USA
Fast 40 Prozent der Strafverfolgungsbehörden in den USA haben im Jahr 2021 keine Daten an ein neu überarbeitetes Programm zur Erhebung von Kriminalstatistiken des FBI übermittelt, was eine massive Informationslücke hinterlässt, die von Politikern in Wahlkämpfen, die bereits von öffentlicher Angst dominiert werden, mit Sicherheit ausgenutzt wird. Auch andere folgen kommentieren Kriminologen in einem Beitrag hier: http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=920
 
 
7) Lügenerkennung und Vernehmungstaktiken
Mit der Notwendigkeit einer kritischen Prüfung von Methoden zur Lügenerkennung und Vernehmungstaktiken zur Informationsgewinnung von Beschuldigten setzt sich ein Positionspapier auseinander. Danach erhalten polizeiliche Entscheidungsträger*innen und Ermittelnde in Deutschland regelmäßig Aus- und Fortbildungsangebote zu Methoden der Lügenerkennung und zu Vernehmungstaktiken für Beschuldigte, die teilweise unseriös sind. Keinesfalls sollten aber ineffektive oder ungeprüfte Methoden und Taktiken durch die Polizei angewandt werden, da sie gravierende Folgen für unschuldige Personen und die Bevölkerung nach sich ziehen können. https://link.springer.com/article/10.1007/s11757-021-00703-7
 
 
8) Gangs und Globalisierung
Ein Anfang 2022 erschienenes Heft der Zeitschrift “Youth and Globalization“  enthält mehrere Beiträge zu (Jugend)Gangs in verschiedenen Ländern und zur Bedeutung von Globalisierung in diesem Kontext. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=921
 
 
9) Polizeigewalt und Bürgervertrauen
Die Anwendung von Gewalt durch die Polizei kann die Effektivität der Polizeibehörden gefährden, indem sie den Rechtszynismus der Bürger und ihre Distanzierung von der Polizei verstärkt. Eine Studie aus den USA hat gezeigt, dass exzessive Polizeigewalt negative Auswirkungen auf das Vertrauen in die Polizei und die Bereitschaft der Bürger, mit der Polizei zu kooperieren, z.B. bei der Aufklärung von Straftaten, hat. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1745-9133.12592
 
 
10) Motivationshintergründe des Attentäters von Hanau
Eine aus der Biografie entwickelte Analyse des Motivationshintergrundes beim Attentäter von Hanau zeigt einen primären, in einer Liebesenttäuschung entstandenen Verfolgungswahn, der später durch fremdenfeindlich-völkische Ideologien und Verschwörungsdenken ergänzt wurde. Zur Gefährlichkeit der unerkannt und unbehandelt gebliebenen Erkrankung trug nach Auffassung des Autors bei, dass die Persönlichkeit in ihrem Sichtbild nach außen bemerkenswert unauffällig blieb. https://link.springer.com/article/10.1007/s11757-022-00709-9
 
 
11) Suizid von Polizeibeamten als arbeitsbedingtes Trauma
In den USA sollen Selbstmorde von Polizeibeamten als Folge eines arbeitsbedingten Traumas und daher als Tod im Dienst eingestuft werden. Dadurch haben Beamte und ihre Familien Anspruch auf besondere Leistungen. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=912
 
 
12) Bewaffnung von Lehrern als Lösung gegen Amokläufe in Schulen?
Der bekannte Polizeiforscher Alex Vitale beschäftigt sich in einem Beitrag mit der von Politikern in den USA erhobenen Forderung, Lehrer in Schulen zu bewaffnen, um Amokläufe dort zu verhindern. Er macht deutlich, dass die Probleme wesentliche tiefer liegen und schlägt Alternativen vor. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=913
 
 
13) Vertrauen in die Demokratie
Die niedrige Wahlbeteiligung bei den Landtagswahlen in NRW hat wieder die Frage aufgeworfen, wie es um das Vertrauen in Parteien, Demokratie und Staat steht. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat im März eine Zusammenstellung veröffentlicht, in der Studien der vergangenen Jahre zusammengefasst sind. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=914
 
 
14) Umfangreiche Sicherheits- und Kriminalitätsberichte
Im Gegensatz zu Deutschland, wo selbst die Polizeiliche Kriminalstatistik inzwischen nur noch in einzelnen Teilen online verfügbar ist, hat Österreich umfangreiche Sicherheits- und Kriminalitätsberichte vorgelegt, die auf insgesamt mehr als 500 Seiten die Entwicklung der inneren Sicherheit aus verschiedenen Sichtwinkeln betrachten. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=915 sowie https://www.bmi.gv.at/508/files/SiB_2020/SIB2020-Justizteil.pdf
 
 
15) Mehr Polizei und Prävention mit Covid-19-Geldern
In den USA hat die Waffengewalt während der Pandemie zugenommen. Daher will der Präsident Mittel aus dem 1,9 Billionen Dollar schweren Covid-19-Hilfspaket dafür einsetzen, mehr Polizisten und Kriseninterventionskräfte einzustellen und Gemeinschaftsprogramme zu finanzieren, die sich auf Kriminalprävention konzentrieren. Bereits bis Mai 2022 wurden 10 Milliarden US-Dollar verwendet, um die örtlichen Polizeikräfte aufzustocken und öffentliche Sicherheitsprogramme zu finanzieren, die sich auf Bereiche wie die Unterstützung der psychischen Gesundheit und die Intervention bei Drogenmissbrauch konzentrieren. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=916
 
 
16) „Den richtigen Riecher haben“ – proaktive Polizeiarbeit
Es wird deutlich, dass proaktive anlassunabhängige Polizeiarbeit noch viel stärker von bestimmten Verdachtskonstruktionen und stereotypisierten Verallgemeinerungen gegenüber verschiedenen Personengruppen abhängig ist als reaktive Polizeiarbeit. https://www.kriminologie.de/index.php/krimoj/article/view/164
 
 
17) Jürgen Habermas zu Corona
Jürgen Habermas hat sich in den Blättern für mit Covid-19 und seinen gesellschaftlichen Auswirkungen und der Frage, was der Staat tun kann und muss, um Leben zu schützen, beschäftigt. Zur Grundrechtsdebatte in der pandemischen Ausnahmesituation. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=917
 
 
18) Über 50% mehr Todesfälle durch Polizeigewalt in den USA als offiziell registriert
Eine Meta-Studie hat in den USA verschiedene Datenquellen zu Todesfällen, die durch Polizei verursacht wurden, ausgewertet. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass es zwischen 1980 und 2018 insgesamt fast 31.000 Todesfälle aufgrund von Polizeigewalt gab; dies entspricht über 17.000 mehr Todesfällen als in der offiziellen Statistik (NVSS) der USA verzeichnet. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=918