Polizei : Newsletter Nr. 267, Oktober 2022

 1)   PNL-Umfrage zum „Gendern“
 2)   Anti-Folter-Kommission des Europarates (CPT) legt Bericht über den Besuch in Deutschland Ende 2020 vor
 3)   Administrativer Ansatz –Ergänzung zum klassischen strafrechtlichen Instrumentarium?
 4)   Organisierte Kriminalität 3.0
 5)   Sicherheitsempfinden und Lebensstil
 6)   Hamburger Sicherheitsrechtstag
 7)   Längsschnitt-Studie über Wahrnehmung und Folgen von Kriminalität
 8)   „Cold Cases“ und Langzeitvermisstenfälle
 9)   Künstliche Intelligenz im Strafverfahren
10)  Bystander: Entschärfende Fähigkeiten
11)  Der Europäische Drogenbericht 2022
12)  Cheats, Bedrohungen und Reflexivität: Organisatorische Narrative zur Überwachung von organisierter und Wirtschaftskriminalität
13)  Reduzieren härtere Strafen Angriffe auf Polizei- und Rettungskräfte?
14)  Häusliche Gewalt – präventive Ansätze
15)  Waffen-Rückkaufprogramme in den USA wirkungslos
16)  Auswirkungen von Straßenbeleuchtung auf die Kriminalität
17)  Neue Notrufnummer in den USA: 988
 
1) PNL-Umfrage zum „Gendern“
In der September-Ausgabe hatte der PNL eine kleine Umfrage zur Frage, ob und wie der PNL „gendern“ soll, gestartet. Rund 250 Leser (sic!) haben sich daran beteiligt. Wir bedanken uns dafür ganz herzlich. Hier die wesentlichen Ergebnisse: Mehr als 60% sind der Auffassung, dass der PNL nicht „gendern“ sollte. 87% der Leser sind (sehr) zufrieden mit dem PNL, 11% gaben hier „teils-teils“ an, und nur 1,4% sind unzufrieden mit unserem Newsletter. Bei der Frage, über welche Inhalt noch mehr berichtet werden sollte, liegen Praxisberichte (51%) an der Spitze, gefolgt von Polizeiforschung allgemein (46%) und Kriminalpolitik, Beiträge in Fachzeitschriften und Forschung zur Kriminalität allgemein (jeweils ca. 33%). Die regionale Verteilung der Meldungen betrachten 69% als ausgewogen. Diese Ergebnisse, und auch die Anmerkungen, die zusätzlich gegeben wurden, werden wir zukünftig versuchen umzusetzen.
 
 
2) Anti-Folter-Kommission des Europarates (CPT) legt Bericht über den Besuch in Deutschland Ende 2020 vor
Im September wurde der Bericht veröffentlicht. Das CPT hatte Polizeieinrichtungen, Gefängnisse und psychiatrische Einrichtungen besucht und erneut wieder teilweise nicht unerhebliche Mängel festgestellt. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=931
 
 
3) Administrativer Ansatz –Ergänzung zum klassischen strafrechtlichen Instrumentarium?
Für den Autor dieses Beitrages stellt dieser Ansatz ein vielversprechendes Konzept dar, bei dem die gemeinsame Zusammenarbeit aller Behörden ein effektiveres Vorgehen gegen die Organisierte Kriminalität ermöglichen könne. Leider übersieht er dabei wesentliche verfassungsrechtliche Aspekte, die an anderer Stelle (Rauls/Feltes 2021) herausgearbeitet wurden.  https://www.zfistw.de/dat/artikel/2022_7-8_1512.pdf
 
 
4) Organisierte Kriminalität 3.0
Das dem Beitrag zugrunde liegende Projekt „Organisierte Kriminalität 3.0“ an der Universität Osnabrück wird durch Mittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und stellt (so die Website), „das in Deutschland größte seiner Art dar und ist ein Meilenstein der Sicherheitsforschung“. https://www.org-krim.uni-osnabrueck.de/ueber_das_projekt.html
 
 
5) Sicherheitsempfinden und Lebensstil
Von Februar bis März 2022 befragte die Opinions and Lifestyle Survey (OPN) in Großbritannien die Menschen zu ihrem aktuellen Lebensstil, Sicherheitswahrnehmung und Belästigungserfahrungen in den letzten 12 Monaten. Die Ergebnisse wurden verglichen mit denen vom Juni 2021. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=932
 
 
6) Hamburger Sicherheitsrechtstag
Am 25.10.2022 findet der 5. Hamburger Sicherheitsrechtstag mit dem Titel „Smart Big Data Policing – Chancen, Risiken und regulative Herausforderungen“ statt. Programm und Anmeldemodalitäten finden sich hier: http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=933
 
 
7) Längsschnitt-Studie über Wahrnehmung und Folgen von Kriminalität
Die „Panelstudie zur Wahrnehmung von Kriminalität und Straftäter:innen“ ist die erste repräsentative Längsschnitt-Studie in Deutschland, die auf die Wahrnehmung von Kriminalität sowie von Straftätern zielt. Die aktuellen Berichte sind online verfügbar unter https://www.zkfs.de/pawaks
 
 
8) „Cold Cases“ und Langzeitvermisstenfälle
Eine Studie präsentiert Einblicke in Fälle von schon länger vermissten Personen aus England und Wales im Vergleich zu Kanada im Rahmen einer vergleichenden Untersuchung. Daraus werden Empfehlungen abgeleitet, um die Reaktion der Polizei zu verbessern. https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/01924036.2022.2094433
 
 
9) Künstliche Intelligenz im Strafverfahren
Der Einsatz von KI kann – so die Autoren eines Beitrages - im Strafverfahren langfristig zu schnelleren und ökonomischeren Entscheidungen mit höherer Qualität jedenfalls dort führen, wo – wie bei der Erstellung von Kriminalprognosen – eine Vielzahl von Faktoren des Einzelfalls empirisch nachvollziehbar das Ergebnis bestimmen. Vorläufig sind die verfügbaren KI-Anwendungen allerdings noch nicht hinlänglich entwickelt, um den dabei anstehenden inhaltlichen und normativen Anforderungen zu genügen. https://www.zfistw.de/dat/artikel/2022_7-8_1510.pdf
 
 
10) Bystander: Entschärfende Fähigkeiten
Um das kollektive Eingreifen Dritter bei Gewaltvorfällen zu verstehen, wurden 131 mit Mobiltelefonen aufgenommenen Videoclips analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die körperliche Ausrichtung zwischen Umstehenden Situationsgruppen schafft, die kollektives deeskalierendes Handeln fördern. Dritte bilden situative Gruppen, wenn sie kreisförmige Formationen bilden. Im Gegensatz zu veralteten Vorstellungen über den gefährlichen Einfluss von Versammlungen auf das individuelle Verhalten (der angeblich zu Unordnung oder Apathie führt), betonen diese Ergebnisse die selbstregulierende, entschärfende Fähigkeit von Gruppen von Bystandern. https://academic.oup.com/bjc/article/62/1/18/6299950
 
 
11) Der Europäische Drogenbericht 2022
Der Bericht stellt Entwicklungen basierend auf Daten aus 29 Ländern dar. Fast alles mit psychoaktiven Eigenschaften kann demnach eine Droge sein, da die Grenzen zwischen legalen und illegalen Substanzen verschwimmen. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=934
 
 
12) Cheats, Bedrohungen und Reflexivität: Organisatorische Narrative zur Überwachung von organisierter und Wirtschaftskriminalität
Die Studie analysiert drei organisatorische Narrative, die diese Kriminalitätsformen als grundlegende kriminogene Veränderung, als Stabilität und als reflexives Produkt des Kontrollapparats erklären. Die Erforschung solcher Narrative in Organisationen ermöglicht es zu sehen, wie ähnliche Ereignisse unterschiedlich erzählt werden können und welche Reaktionen daraus erfolgen. https://academic.oup.com/bjc/article/62/1/200/6304578
 
 
13) Reduzieren härtere Strafen Angriffe auf Polizei- und Rettungskräfte?
Die Höchststrafe für den Angriff auf diese Personen hat sich in GB in den letzten vier Jahren zweimal verdoppelt. Die neue Studie stellt fest, dass dies nicht dazu beigetragen hat, Gewalt oder Missbrauch gegenüber Rettungskräften zu reduzieren, sondern auch nachteilige Folgen hat und mehr Menschen mit psychischen Erkrankungen in das Strafjustizsystem zieht. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=935
 
 
14) Häusliche Gewalt – präventive Ansätze
Als häusliche Gewalt in Ländern wie Australien, USA und GB unter Strafe gestellt wurde, sahen viele dies als Sieg an, da der Staat die Verantwortung für Gewalt gegen Frauen übernahm. Das Problem war, dass seine Polizeiarbeit an eine maskulinisierte Polizei delegiert wurde, die schlecht gerüstet war, um auf Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt zu reagieren. Lateinamerika richtete deshalb von Frauen geführte Polizeistationen ein. Eine Studie beschäftigt sich mit den Wirkungen und Konsequenzen und betont die Vorteile eines präventiven Ansatzes mit multidisziplinären Teams aus Polizei, Sozialarbeitern, Psychologen und Anwälten gegenüber einem rein strafenden. https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/10439463.2021.1956925
 
 
15) Waffen-Rückkaufprogramme in den USA wirkungslos
Eine aktuelle Studie in den USA zeigt, dass die dort populären Waffen-Rückkaufprogramme viel Geld kosten, aber die Kriminalität nicht verringern. Es geben diejenigen die Waffen zurück, die sie ohnehin nicht mehr wollen, meist sind es alte Waffen und sie werden in Gebieten mit ohnehin niedrigem Kriminalitätsaufkommen zurückgegeben. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=936
 
 
16) Auswirkungen von Straßenbeleuchtung auf die Kriminalität
In Verbindung mit Energiesparmaßnahmen wird gegenwärtig diskutiert, die Straßenbeleuchtung zu reduzieren. In einer Meta-Studie (21 empirische Studien wurden ausgewertet) wurden die Auswirkungen der Straßenbeleuchtung untersucht. Ergebnis: Veränderung der Straßenbeleuchtung (mehr Licht) sind mit einer signifikanten wünschenswerten Wirkung auf die Gesamtkriminalität verbunden (14 % Reduzierung); wünschenswerte Effekte sind größer in Studien, die sowohl Nacht- als auch Tageskriminalität gemessen haben, als in Studien, die nur Nachtkriminalität gemessen haben; und einer besseren Straßenbeleuchtung folgt ein deutlicher Rückgang der Eigentumsdelikte, nicht aber der Gewaltdelikte. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=937
 
 
17) Neue Notrufnummer in den USA: 988
Die lang erwartete nationale Krisen-Hotline 988 für psychische Gesundheit ist im Juli 2022 gestartet. Die vereinfachte Nummer wird als erster Schritt auf dem Weg zur Ausweitung der Krisenversorgung gesehen. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=938