Polizei : Newsletter Nr. 300, Oktober 2025

 1)   Reminder: 20. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kriminalistik in Freiburg
 2)   Kriminologische Lehr-Videos
 3)   Die registrierte Kriminalität geht zurück, die Verbrechensfurcht steigt. Auch in den USA
 4)   Stress und seine Bewältigung im ersten Jahr als Polizeibeamter
 5)   Eigenschaften und Verhaltensweisen von Polizeivorgesetzten, die das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter fördern wollen
 6)   Strukturelle Netzwerke und Widerstandsbeamte
 7)   Längsschnitt Pilotstudie zu Polizeiauszubildenden in der Schweiz
 8)   Höheres Suizidrisiko für Polizeibeamte im Ruhestand
 9)   Warum so viel Straftaten mit Waffen in den USA?
10)  Programm zur Verbesserung von Schlafqualität, Gesundheit und Wohlbefinden von Polizeibeamten
11)  USA fährt die Ausbildung von Polizeibeamten weiter herunter
12)  Polizeigewalt und Gewalt gegen Polizei: Probleme bei der Datenerfassung
13)  Spezialisierte Gruppen für Video- und andere digitale Beweismittel in Chicago
14)  Messerangriffe: Wie viel Zeit bleibt zur Reaktion?
15)  Hamburger Sicherheitsrechtstag
 
1) Reminder: 20. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kriminalistik in Freiburg
Am 13. und 14. Oktober 2025 veranstaltet die Deutsche Gesellschaft für Kriminalistik e. V. (DGfK) in Freiburg ihre 20. Jahrestagung. Unter dem Titel "Facetten der nationalen und internationalen Kriminalitätskontrolle" werden renommierte Referenten Vorträge aus den Themengebieten Recht, kriminalistisches Denken, Kriminaltechnik und Kasuistik halten. Eine Anerkennung gem. § 15 FAO ist möglich. Die Jahrestagung ist Mitgliedern und Nichtmitgliedern zugänglich. Nähere Informationen unter https://ogy.de/ydj8
 
 
2) Kriminologische Lehr-Videos
Eine (virtuelle) Bibliothek mit Videos zur Kriminologie von und mit deutschen Kriminologen ist neu, auch weil es derartige Videos noch nicht lange gibt. Rüdiger Wulf hat im Internet verfügbare Videos recherchiert und zusammengestellt. Die Videos weisen unterschiedliche Formate auf: Diskussion, Interview, Podcast, Statement, Vortrag/Vorlesung. Insgesamt liegt hier ein bunter Strauß kriminologisch relevanter Videos vor, den Wulf als ersten Anlauf für eine Video-Bibliothek versteht. Wer weitere Hinweise hat, kann sich per Mail an ihn wenden. https://ogy.de/pypa
 
 
3) Die registrierte Kriminalität geht zurück, die Verbrechensfurcht steigt. Auch in den USA
FBI-Daten haben gezeigt, dass die Kriminalitätsrate in den USA in den letzten drei Jahrzehnten zurückgegangen ist, aber mehr als die Hälfte der Amerikaner glauben, dass es mehr Kriminalität als im Jahr zuvor in fast jeder Gallup-Umfrage gibt, die seit 1993 durchgeführt wurde. Mit den Gründen für diesen Widerspruch und der (auch von Trump aufgestellten) Behauptung, dass die Daten gefälscht seien, beschäftigt sich ein Überblicksbeitrag in USAToday. https://ogy.de/2piy
 
 
4) Stress und seine Bewältigung im ersten Jahr als Polizeibeamter
Eine Studie untersucht, wie Stressoren und Bewältigungsmethoden im ersten Jahr als Polizeibeamter erlebt werden. Ziel dieser Studie ist es, die gelebten Erfahrungen des Stresses des Polizeibeamten im ersten Jahr zu beschreiben und ihre Bewältigungsfähigkeiten zu identifizieren. Die Studienergebnisse bieten Ausbildern und Fachleuten für psychische Gesundheit Einblicke bei der Formulierung von Präventions-, Interventions- und Behandlungsstrategien, um Stress unter Polizeibeamten des ersten Jahres anzugehen. Darüber hinaus kann die Förderung von adaptiven Bewältigungsstrategien die Arbeitsleistung der Beamten und die psychische Gesundheit verbessern. https://ogy.de/tzjm
 
 
5) Eigenschaften und Verhaltensweisen von Polizeivorgesetzten, die das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter fördern wollen
Eine methodisch aufwändige Studie identifizierte drei Hauptbereiche (Unterstützung, Vertrauen und Kompetenz) und zehn Unterbereiche (Bedeutung des Wohlergehens, Präsenz, Offenheit und Zugänglichkeit, Stolz, Bescheidenheit, Wertschätzung, Leidenschaft, Bewusstsein, Ausgeglichenheit und Ausbildung) als Kriterien dafür, welche Vorgesetzte das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden fördern. Die Ergebnisse verdeutlichen entscheidende Eigenschaften und Verhaltensweisen, die zu einer unterstützenden Beziehung zwischen einem Vorgesetzten und seinem Team (den Untergebenen) führten und dazu beitrugen, das Wohlbefinden dieser Beamten zu erhalten. https://ogy.de/w58a
 
 
6) Strukturelle Netzwerke und Widerstandsbeamte
Auf der Grundlage von mehr als 12.000 Beschwerden über polizeiliches Fehlverhalten in New York untersucht die Studie strukturelle Unterschiede zwischen Netzwerken polizeilichen Fehlverhaltens, basierend auf Art und Schwere des Fehlverhaltens. Beamte mit einer längeren Geschichte von Vorwürfen wegen Fehlverhaltens sind häufiger an Beschwerden beteiligt (Widerstandsbeamte). Homopholie, d.h. die Tendenz, Menschen zu bevorzugen, die einem ähnlich sind, was aber nicht nur das Geschlecht, sondern auch ethnische Herkunft, sozioökonomischer Status, Bildungsgrad etc. umfasst, ist in allen Subnetzwerken vorhanden, wobei die geschlechtsspezifische Homopholie einen stärkeren Zusammenhang mit der Anwendung von Gewalt aufweist als mit anderen Formen von Fehlverhalten. Diese Erkenntnisse könnten Polizeiführern dabei helfen, vielfältige Polizeiteams zu bilden und sich auf Beamte zu konzentrieren, deren Fehlverhalten den größten Schaden verursacht, wobei zu berücksichtigen ist, dass verschiedene Arten von Fehlverhalten eine einzigartige Netzwerkdynamik aufweisen. https://ogy.de/bzyk
 
 
7) Längsschnitt Pilotstudie zu Polizeiauszubildenden in der Schweiz
In einem Projekt wurde zum ersten Mal in der Schweiz eine Kohorte von Polizeiaspiranten über den gesamten Zeitraum der zweijährigen Ausbildung hinweg wissenschaftlich begleitet. Dazu wurden die Personen mittels vier standardisierter Befragungen untersucht. Zusätzlich werden mittels qualitativen Forschungsmodulen vertiefte Erkenntnisse zu Entwicklungsprozessen während der Ausbildung ermöglicht. Bei den qualitativen Modulen handelt es sich erstens um einen qualitativen Längsschnitt zu Aspiranten über drei Erhebungszeitpunkte hinweg, zweitens um Interviews mit Personen, die die Ausbildung abbrechen, und drittens um Experteninterviews mit dem leitenden bzw. ausbildenden Personal in den Polizeischulen https://ogy.de/3eli
 
 
8) Höheres Suizidrisiko für Polizeibeamte im Ruhestand
Polizeibeamte im Ruhestand sind im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung einem erhöhten Suizidrisiko ausgesetzt, doch die Forschung zu Risiko- und Schutzfaktoren ist begrenzt. Diese Studie untersucht Zusammenhänge bei 400 Polizeibeamten im Ruhestand. Depressive Symptome erklärten die größte Varianz in der Suizidalität. Dabei geht es auch um moralische Verletzungen, die für Polizeibeamte auch nach Beendigung ihres Dienstes relevant bleiben. Traumatische Ereignisse, die ebenfalls potenziell moralisch verletzend sind, können Auslöser für Depressionen sein. Darüber hinaus deuten Hinweise darauf hin, dass pensionierte Polizeibeamte nach ihrem Ausscheiden aus dem Berufsleben anhaltende psychische Symptome aufweisen, darunter auch solche, die mit moralischen Verletzungen zusammenhängen, wie Schuldgefühle und Scham, wobei diese durch eigenes Handeln oder die Beobachtung fremden Handelns erfolgt sein können. https://ogy.de/w7ua
 
 
9) Warum so viel Straftaten mit Waffen in den USA?
In einem Beitrag wird die Frage thematisiert, wieso gerade die USA eine so hohe Waffengewalt haben. Der Autor argumentiert, dass man das Thema Waffengewalt in die Worte „Waffe“ und „Gewalt“ zerlegen und unterschiedlich bewerten muss. Er glaubt, dass Konservative den Zusammenhang meistens falsch verstehen, wenn sie das Verbrechen auf den schlechten Charakter von Kriminellen zurückführen. Wegen des grundlegenden Zuordnungsfehlers gehen sie davon aus, dass Menschen schlechte Dinge tun, weil sie schlechte Menschen sind. Die Daten unterstützen diese Theorie nicht, und die Lösungen der Konservativen (Null-Toleranz-Politik, mehr Gefängnisse und längere Haftstrafen) machen die Dinge nur noch schlimmer. Die Liberalen wiederum irren sich vor allem, wenn sie das Verbrechen auf Armut zurückführen. https://ogy.de/l3mz
 
 
10) Programm zur Verbesserung von Schlafqualität, Gesundheit und Wohlbefinden von Polizeibeamten
Die Studie untersuchte die Auswirkungen eines Ernährungs- und Bewegungsprogramms auf Schlafqualität, Gesundheit und Wohlbefinden von Polizeibeamten in Großbritannien. Die Studienergebnisse zeigten, dass das Programm den selbst berichteten Schlaf der Beamten signifikant verbesserte und die selbst berichtete Schlaflatenz verringerte. Darüber hinaus verbesserte sich die Bewertung der Zufriedenheit mit der Gesundheit und dem Wohlbefinden. Diese Studie zeigt, dass die Förderung von Ernährung und Bewegung bei Polizeibeamten und Mitarbeitern sich positiv auf die Schlafgesundheit auswirken kann. https://ogy.de/z2bs
 
 
11) USA fährt die Ausbildung von Polizeibeamten weiter herunter
Obwohl ohnehin mehr als 80% der Strafverfolgungsbehörden in den USA lediglich einen High-School-Abschluss verlangen, fahren vor allem Großstädte die Anforderungen an die Ausbildung weiter runter. So gehört beispielsweise Dallas zu einer Reihe von Städten, die die Einstellungsanforderungen für die Einrichtung von Colleges für Beamte lockern, ein jahrelanger Trend, der auch andere Städte umfasst. Es gibt, so ein Experte, mehr Nachfrage nach qualifizierten Polizisten, als ein Angebot. Und dann werden eben die Anforderungen reduziert. https://ogy.de/1k6g
 
 
12) Polizeigewalt und Gewalt gegen Polizei: Probleme bei der Datenerfassung
Auch in den USA fehlt es an einer umfassenden Datenerhebung über polizeiliche Gewaltanwendung und Vorfälle von Gewalt gegen Beamte. In dieser Studie wurden Interviews und Fokusgruppen mit 21 Führungskräften und 4 Beamten aus 21 Strafverfolgungsbehörden durchgeführt, um die Melde- und Aufzeichnungsprozesse in den Behörden zu verstehen. Es wurden fünf Themen identifiziert: (1) die Definitionen von meldepflichtigen Fällen von Polizeigewalt variieren von Behörde zu Behörde; (2) der Melde- und Überprüfungsprozess ist arbeitsintensiv; (3) die Meldeverfahren zu Gewalt gegen Polizeibeamte sind verbesserungsbedürftig; (4) den meisten Behörden fehlt es an effektiven Verfahren, um Beamte mit hohen eigenen Gewaltraten (Widerstandsbeamte) zu identifizieren; und (5) die Analyse der aggregierten Daten kann zur Verbesserung von Schulungen und Richtlinien genutzt werden. https://ogy.de/wfvv
 
 
13) Spezialisierte Gruppen für Video- und andere digitale Beweismittel in Chicago
2019 richtete die Chicagoer Polizei sogenannte Area Technology Centers (ATC) ein. Die ATCs sind spezialisierte Unterstützungsgruppen, die bei der Beschaffung und Verarbeitung von Video- und anderen digitalen Beweismitteln helfen. Die Einheiten verfügen über geschulte Spezialisten, deren Hauptaufgabe die Beschaffung und Verarbeitung digitaler Beweismittel ist, anstatt diese Arbeit von Beamten oder anderen Beweismittelverarbeitungseinheiten erledigen zu lassen. Das Ziel war die schnellere Aufklärung von Straftaten und Verbesserung der Aufklärungsquote durch die Möglichkeit, Videos von privaten Überwachungskameras und Handys schneller zu verarbeiten. Eine Studie untersucht nun den Erfolg dieses Projektes. https://ogy.de/er9a
 
 
14) Messerangriffe: Wie viel Zeit bleibt zur Reaktion?
Ziel der Studie war es, verdeckte Messerangriffe aus drei Metern Entfernung mit drei verschiedenen Messerbewegungen zu untersuchen und festzustellen, wie sich Alter und Geschlecht auf die Angriffszeit auswirken. Die Probanden führten drei verschiedene Messerangriffe auf ein Ziel mit einem Trainingsmesser aus Gummi aus. Die durchschnittlichen Angriffszeiten waren: Stich (1,43 ± 0,26 s), horizontal (1,55 ± 0,33 s) und über Kopf (1,60 ± 0,32 s). Die Altersgruppen unterschieden sich nicht in der Angriffszeit, während die Männer bei jeder Messerbewegung deutlich schneller waren. Das Üben von Verteidigungsmanövern und -taktiken in diesen Zeitfenstern kann, so die Studie, dazu dienen, optimale Reaktionen zu ermitteln. https://ogy.de/z1cm
 
 
15) Hamburger Sicherheitsrechtstag
Auf dem 8. Hamburger Sicherheitsrechtstag am 5. November 2025 mit dem Titel „AI and Policing in the Security Union - Chancen, Risiken und rechtliche Herausforderungen nach dem AI-Act “ gehen Experten aus den Bereichen IT, Kriminologie, Medienwissenschaften und Recht mit einer interdisziplinären Perspektive auf die Chancen und Risiken und rechtlichen Herausforderungen des Einsatzes künstlicher Intelligenz durch Sicherheitsbehörden ein. Programm und weitere Informationen finden sich unter: https://ogy.de/ovkv