Polizei : Newsletter Nr. 42, Juli 2002

 1)   A'
 2)   Zahlen zur Polizeistärke in England
 3)   Öffentliche soziale Kontrolle in städtischen Wohngegenden
 4)   Unterschiedliche Ergebnisse bei Online-Befragungen und herkömmlichen schriftlichen Befragungen
 5)   Bekämpfung der Kriminalität durch strukturiertes Vorgehen
 6)   FBI mit Hacker-Methoden
 7)   Gratis-Anruf bietet Hilfe bei Pannen oder Unfall
 8)   Großer Lauschangriff: 41 von 70 Operationen erfolglos
 9)   Europäischer Präventionspreis
10)  Aktuelle Studie zur Behandlung von „hyperaktiven“ Kindern und Jugendkriminalität
11)   Mädchen und junge Frauen in gewaltbereiten Jugendgruppen
12)  Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen beschaffen neue Polizeiausrüstung
13)  Counter-Strike-Spiel der US-Army
14)  Zuletzt: Jeden Tag eine neue Vokabel lernen – kostenlos
 
1) A'
53,5% der jüngst in Tennessee befragten Personen befürworten die Verhängung und Vollstreckung der Todesstrafe auch bei Jugendlichen, die einen Mord begangen haben, immerhin zweidrittel sind für lebenslange Freiheitsstrafen ohne die Möglichkeit der Bewährung und vierfünftel für Lebenslang in Verbindung mit Arbeit und Wiedergutmachung (Quelle: M.M. Moon u.a., Putting kids to death: Specifying public support for juvenile capital punishment. In: Justice Quarterly 17, 4, 2000, S. 663-684). Insgesamt 85 Todesurteile wurden im übrigen im Jahr 2000 in den USA vollstreckt – dennoch sitzen über 3.500 Menschen zwischen 18 und 85 Jahren nach wie vor in der Todeszelle und warten auf ihre Hinrichtung. Inzwischen scheint aber die anhaltende Diskussion um die Todesstrafe Wirkung zu zeigen. Quelle: Capital Punishment 2000 (16 pp.) (NCJ 190598), http://www.ojp.usdoj.gov/bjs/abstract/cp00.htm mit anschaulichen Skizzen und hinterlegten Tabellen. Die Rate der in Bundes- und Staatsgefängnissen inhaftierten Personen (auf 100.000 Einwohner) hat sich zwischen 1980 und dem Jahr 2000 von 139 auf 478 mehr als verdreifacht. Nicht enthalten sind in diesen Raten die in den lokalen „jails" Einsitzenden. Die Zahl der in den Gefängnissen wegen Drogendelikten Einsitzenden war 1999 mehr als 12x so hoch wie 1980 (von 19.000 auf 251.000). Die Zahl derjenigen, die wegen Verstößen gegen „public order“ (Waffenbesitz, Trunkenheitsfahrten, Flucht, Verstöße gegen Alkoholgesetze, „morals and decency charges“) einsitzen, hat sich verzehnfacht, während sich die Gewalttäter „nur“ verdreifacht haben.
 
 
2) Zahlen zur Polizeistärke in England
Auf den Punkt genaue Zahlen zur Polizeistärke und zur Stärkenentwicklung in England hat das Home Office veröffentlicht. Unter „Statistical Bulletin 23/01 - Police Service Strength England and Wales” http://www.homeoffice.gov.uk/rds/pdfs/hosb2301.pdf sind Entwicklungen und auch regionale Unterschiede dargestellt. Ebenfalls in den Zusammenhang interessant: Police Numbers Task Force: Report and recommendations (consultation document): http://www.homeoffice.gov.uk/rds/pdfs/policenumbers.pdf. Hier stellt eine Arbeitgruppe ihre Empfehlungen zur Dokumentation, Aufbereitung und zum Vergleich dieser Zahlen vor.
 
 
3) Öffentliche soziale Kontrolle in städtischen Wohngegenden
Eine Studie hat die Auswirkungen öffentlicher sozialer Kontrolle auf das Viktimisierungsrisiko in städtischen Wohnbezirken untersucht. Öffentliche soziale Kontrolle meint dabei die Fähigkeit von Wohnbezirken, äußere Ressourcen, die zur Reduzierung von Kriminalität und Viktimisierung erforderlich sind, zu nutzen. Es hat sich gezeigt, dass das Leben in Gegenden mit einem hohen Grad an öffentlicher sozialer Kontrolle die individuelle Viktimisierungswahrscheinlichkeit vermindert, vor allem in sozial benachteiligten Gegenden. Auch wenn die Polizei ihre Beziehungen zu den Bürgern verbessert, so steht doch fest, dass die Einwohner von benachteiligten Wohngegenden bei der Verwirklichung von öffentlicher sozialer Kontrolle die entscheidende Rolle spielen. Quelle: Vélez , María B.: The Role of Public Social Control in Urban Neighbourhoods: A Multi-Level Analysis of Victimization Risk, in Criminology, Vol. 39, No.4, November 2001, p.837-864. Auch eine andere empirische Studie konnte nachweisen, dass der Zusammenhalt im Gemeinwesen eine entscheidende Rolle bei der Opferwahrscheinlichkeit und dem Viktimisierungsrisiko spielt. Je intensiver der Zusammenhalt in einer Kommune oder in einer Nachbarschaft ist, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Straftat zu werden – um umgekehrt. Quelle: M.R. Lee, Community cohesion and violent predatory victimization. In: Social Forces 79, 2, 2000, S.683-706. In die gleiche Richtung geht eine Studie, die Zusammenhänge zwischen Bau- und Stadtstruktur und Kriminalität aufzeigt. Danach ist Verbrechensfurcht eher bestimmt durch lokale Besonderheiten (wie Geschäfte, bestimmte Strassen) als durch die reale Kriminalitätsbelastung. Quelle: J.H. Schweitzer, J.W. Kim, J.R. Mackin, The impact of the built environment on crime and fear of crime in urban neighborhoods. In: Journal of Urban Technology 6, 3, 1999, S.59-73.
 
 
4) Unterschiedliche Ergebnisse bei Online-Befragungen und herkömmlichen schriftlichen Befragungen
Mit der Frage, ob und ggf. welche unterschiedlichen Ergebnisse bei Befragungen, die entweder schriftlich-postalisch oder über das Internet (online) durchgeführt werden, zu erwarten sind, hat sich eine Studie des Zentrums für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA) beschäftigt. Im Ergebnis wurden erhebliche Unterschiede festgestellt, die auch mittels Gewichtung nicht bereinigt werden konnten. Lediglich für bestimmte Zielgruppen (Befragte mit höherem Bildungsabschluss oder Gymnasiasten) konnte eine Übereinstimmung festgestellt werden. Online-Befragungen scheiden also zumindest im Moment noch als Instrument aus, wenn man einen tatsächlich repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung (oder einer Gemeinde) haben will. Quelle: Bandilla/Bosnjak/Altdorfer: Effekte des Erhebungsverfahrens? Ein Vergleich zwischen einer Web-basierten und einer schriftlichen Befragung zum ISSP-Modul Umwelt. In: ZUMA-Nachrichten 49 (November 2001), S. 7-28. http://www.gesis.org/publikationen/zeitschriften/zuma_nachrichten/zuna-inhalt-49.htm
 
 
5) Bekämpfung der Kriminalität durch strukturiertes Vorgehen
Das britische Home Office hat gleich mehrere Studien veröffentlicht, die sich mit den Erfolgen von verschiedenen Konzepten der Kriminalitätsbekämpfung und der Prävention beschäftigen. Um auf Fakten und Beweise gestützte Strategien geht es in dem Bericht in der Reihe “Crime Reduction Research Series”. Paper 11 hat den Titel: “Working out what to do: Evidence-based crime reduction”. Der Gesamtbericht ist verfügbar unter: http://www.homeoffice.gov.uk/rds/prgpdfs/crrs11.pdf, eine Kurzfassung unter: http://www.homeoffice.gov.uk/rds/prgpdfs/crrs11bn.pdf Eine andere Studie beschäftigt sich speziell mit wohnsitzlosen und von der Schule ausgeschlossenen Jugendlichen: Police Research Series Paper 152 - 'Hard-to-Reach' Young People and Community Safety: A Model for Participatory Research and Consultation. Die Kurzfassung dazu findet sich unter: http://www.homeoffice.gov.uk/rds/prgpdfs/prs152bn.pdf. Schliesslich ist wieder einmal die bürgernahe Polizeiarbeit thematisiert worden: Police Research Series Paper 151 - Crime and Disorder Reduction Partnerships: Round one progress. Gesamtbericht unter: http://www.homeoffice.gov.uk/rds/prgpdfs/prs151.pdf , Kurzfassung unter: http://www.homeoffice.gov.uk/rds/prgpdfs/prs151bn.pdf Dazu gehört auch das Paper 148 - Consultation by Crime and Disorder Partnerships, Vollständiger Bericht unter: http://www.homeoffice.gov.uk/rds/prgpdfs/prs148.pdf
 
 
6) FBI mit Hacker-Methoden
Mit Hilfe eines Tastatur-Ausspähprogrammes hat das FBI einen Mafia-Boss des Glücksspiels und Kreditwuchers überführt. Dazu war eine Software auf dem Computer des Verdächtigen installiert worden, die jeden Tastendruck protokollierte. Damit "erspähte" man das Passwort für ein Verschlüsselungsprogramm, das der Verdächtige benutzte. Das FBI entwickelt angeblich auch entsprechende Internet-Spionageprogramme, da die verfügbare Anti-Viren- und Internet-Schutz-Software entsprechende Lücken habe. Hersteller wie Symantec (www.symantec.de) bestreiten dies jedoch. Ob das Vor-Ort Ausspähverfahren in Deutschland zulässig wäre, ist umstritten.
 
 
7) Gratis-Anruf bietet Hilfe bei Pannen oder Unfall
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungsanstalt will mit der Einrichtung einer Notrufzentrale einen Beitrag zur Entlastung der Polizei leisten. Da mittlerweile 85 Prozent aller Notrufe nach Unfällen oder Pannen per Handy eingehen, bietet das neue „Notfon“ über die kostenfreie Vorwahl 0800 die Möglichkeit, mit einen der insgesamt 80 Experten kostenlos in Kontakt zu treten, um Auskunft zu den nötigen Verhaltensmaßnahmen bzw. zur Schadensregulierung zu erhalten und gegebenenfalls Polizei und Rettungswagen oder Abschleppdienst und Ersatzfahrzeug zu ordern. Zudem wurde diese Nummer als sog. Vanity-Nummer, mit der Telefonverbindungen über Worte einprägsam sind, eingerichtet. Nach der 0800er Vorwahl wird durch Drücken der Tasten mit den entsprechenden Buchstaben für "Notfon D" automatisch die 6683663 gewählt. http://www.gdv.de Quelle: www.geizkragen.de
 
 
8) Großer Lauschangriff: 41 von 70 Operationen erfolglos
Zwischen 1998 und Ende 2000 wurden in insgesamt 70 Verfahren in 78 Wohnungen akustische Wohnraumüberwachungen angeordnet und vollzogen; dies geht aus einem Erfahrungsbericht der Bundesregierung hervor, der im Februar 2002 veröffentlich wurde. Demgegenüber wurden allein im Jahr 1999 in insgesamt 12.651 Fällen Telefonüberwachungen durchgeführt. Bei den akustischen Wohnraumüberwachungen waren 41 der 70 erfolglos, wobei 90% der Überwachungen wegen des Verdachts einer Drogenstraftat erfolgten. Die Überwachungsdauer reichte von 35 Minuten bis zu 4 Wochen. Leider hat der Bericht nur 13 Seiten und ist damit recht kurz ausgefallen, wie der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichtes, Burghard Hirsch kritisierte. Quelle: taz vom 28.2.02.
 
 
9) Europäischer Präventionspreis
Am dem Wettbewerb um den European Crime Prevention Award nahmen 2001 sechs Länder (Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Schweden) teil. Deutschland hat sich nicht beteiligt. Sieger war ein Projekt aus der belgischen Stadt Brügge, mit dem gegen Graffiti vorgegangen wird. Der dänische Beitrag nennt sich „Neuer Start“ und ist ein Programm gegen Gewalt und Aggression junger Menschen. Das englische Projekt „Hartnäckige Straftäter“ führte bei jungen Vielfachtätern zu einer Abnahme der Rückfallhäufigkeit um 53%. In einem Pariser Vorort hat die französische Organisation „Ego“ seit 1987 mit Hilfen für Rauschgiftsüchtige unter Einbeziehung der Bevölkerung bewirkt, dass sich die Lebensumstände Suchtabhängiger verbessern und häufiger zum Ausstieg aus der Sucht führen. (Danke an Helmut Koetsche).
 
 
10) Aktuelle Studie zur Behandlung von „hyperaktiven“ Kindern und Jugendkriminalität
Mit den Ergebnissen einer multimodalen Behandlung von sog. „hyperaktiven“ Kindern und Jugendlichen (Kinder mit Aufmerksamkeitsstörung bzw. ADHS Attention Deficit Hyperactivity Syndrome) beschäftigt sich eine neue Studie des amerikanischen Justizministeriums. Nachdem dieses Thema in Deutschland insbesondere wegen der Behandlung mit Ritalin in die Diskussion gekommen ist, ist diese Studie, die auch auf die Zusammenhänge zwischen ADHS und Jugendkriminalität eingeht, von besonderem Interesse. Zum gleichen Thema wird im Sommer ein Buch auch in Deutschland erscheinen, das den aktuellen Diskussionsstand in Deutschland und die empirischen Ergebnisse aus dem Ausland nachzeichnet. Quelle: Stern, K.R. 2001: A Treatment Study of Children With Attention Deficit Hyperactivity Disorder. Fact Sheet. Washington, DC: U.S. Department of Justice. http://ojjdp.ncjrs.org/pubs/fs200120; pdf-file verfügbar unter http://www.ncjrs.org/pdffiles1/ojjdp/fs200120.pdf. Eine kürzlich gegründete Organisation will sich in Deutschland der Unterstützung der wissenschaftlichen Untersuchung dieser Problematik zuwenden: http://www.geah.de
 
 
11) Mädchen und junge Frauen in gewaltbereiten Jugendgruppen
Sozialwissenschaftliche Untersuchungen - vor allem zur Gewalt in rechtsextremistischen Cliquen - belegen, dass Mädchen in Gruppenzusammenhängen gewaltverstärkend und in Einzelfällen auch selbst offen gewalttätig agieren, ebenso dokumentieren Kriminalstatistiken eine erhebliche Zunahme der Gewaltdelinquenz bei Mädchen, auch wenn deren Anteil nach wie vor deutlich unter dem Anteil der männlichen Jugendlichen liegt. Eine Studie des Deutsches Jugendinstitut e.V. beschäftigt sich mit diesem Phänomen. Die Autorinnen Kirsten Bruhns und Svendy Wittmann haben die Ergebnisse unter dem Titel "Ich meine, mit Gewalt kannst du dir Respekt verschaffen" (DJI-Reihe (Gender) Opladen: Leske + Budrich 2002 292 S., EUR 20,- ISBN 3-8100-3272-7) veröffentlicht. Danach werden Mädchen und junge Frauen in gewaltbereiten Jugendgruppen entweder als "Anhängsel" dominierender männlicher Jugendlicher oder als "verirrte Rebellen" wahrgenommen. Eine Übersicht findet sich unter http://cgi.dji.de/cgi-bin/projekte/output.php?projekt=78.
 
 
12) Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen beschaffen neue Polizeiausrüstung
Bereits im letzten Jahr hatte Baden-Württemberg begonnen, für rund 5 Mio. Euro neue Polizeiausrüstung (z.B. Schutzwesten und –helme) zu beschaffen. Jetzt wird hier wir in NRW komplettiert (in NRW für 2,5 Mio. Euro). Beschafft werden in Baden-Württemberg: Ein Einsatzanzug der Firma workfashion.com der aus einer Hose und einer Jacke aus brandhemmenden Stoffen besteht; eine Funktionshose als knielange, anliegende Hose (ähnlich einer Radfahrhose; von der Firma Quambusch). Sie wird unter der Einsatzhose getragen und bietet mit einem Genitalschutz und Hartschaumeinlagen im Oberschenkelbereich einen wirksamen Schutz gegen Gewalteinwirkungen in diesem Körperbereich; der herkömmliche Lederstiefel wird abgelöst durch einen wasserdichten und antistatischen Einsatz-Schnürstiefel mit Zehenschutzkappe und durchtrittsicherer Zwischensohle und Klimamembrane (Haix "High Walker S 3"); der neue Handschuh wird von der Firma Seiz geliefert mit erhöhtem Schnittschutz und deutlich bessere Eigenschaften in Bezug auf Stichhemmung und Temperaturbeständigkeit.
 
 
13) Counter-Strike-Spiel der US-Army
Mit einem eigens produzierten sog. „First-Person-Shooter“ will die US-Army neue Wege der Rekrutenwerbung gehen. Das Spiel, das weitestgehend dem nach Erfurt kontrovers diskutierten Spiel „Counter-Strike“ ähnelt, soll ab August kostenlos über das Internet, Spiele-Magazine und Rekrutierungsbüros verteilt werden. Für die Online-Spiele stellen die US-Streitkräfte 140 Server zur Verfügung. Einziger Unterschied zu Counter-Strike: Der Spieler bzw. die eigene Mannschaft wird immer von US-Soldaten dargestellt, die gegen Terroristen kämpft. Deren Rolle kann man nicht wählen; zudem muss man sich durch Training und eine Exerzier-Mission für bestimmte Waffen qualifizieren. Quelle: c´t 3.6.2002, S. 18
 
 
14) Zuletzt: Jeden Tag eine neue Vokabel lernen – kostenlos
Ein Vokabelmail-Dienst liefert täglich eine E-Mail mit einem deutschen Wort, der englischen Übersetzung und einem Beispielsatz. Der Dienst ist kostenlos: www.vokabelmail.de und bietet auch einen Vokabeltest an.