Polizei : Newsletter Nr. 50, März 2003

 1)   Initiativen zur Verbrechensreduktion
 2)   Informationen und Manuskripte des Deutschen Jugendinstituts online
 3)   Visuelles Management
 4)   Internationaler Strafgerichtshof – der Streit geht weiter
 5)   Muster abweichenden Verhaltens
 6)   Stimulation seeking und Intelligenz: Eine Langzeitstudie
 7)   Jüngere Polizeibeamte machen mehr Verhaftungen und bekommen mehr Beschwerden
 8)   Berliner CRIME Studie zur chronischen Rückfalldelinquenz im individuellen menschlichen Entwicklungsverlauf
 9)   Coaching – (k)ein Thema für die Polizei?
10)  Sicherheitsnachrichten
11)  Polizeibeamte, Stress und Alkoholkonsum in Gesellschaft
12)  Internationale Konferenz zu Beschwerden gegen Polizeieinsätze in Belfast
13)  Wer bedroht den Weltfrieden?
14)  Vertrauen in Institutionen: Polizei auch weltweit vorn
15)  Strafverfahren gegen den ehemaligen Bielefelder Polizeipräsidenten
 
1) Initiativen zur Verbrechensreduktion
Der britische RDS hat eine Anleitung über die Planung und Implementierung von Projekten zur Verbrechensreduktion veröffentlicht. In der Anleitung werden Kriterien für Aspekte wie Problemidentifikation und -analyse, Interventionsentwicklung und Projektevaluation genannt. Genauere Informationen unter http://www.homeoffice.gov.uk/rds/whatsnew1.html .
 
 
2) Informationen und Manuskripte des Deutschen Jugendinstituts online
Unter www.dji.de sind Forschungs- und Jahresberichte des Deutschen Jugendinstituts in München online verfügbar. Dort kann man auch das DJI -Bulletin kostenlos abonnieren
 
 
3) Visuelles Management
Japanische Unternehmensberater waren schon früher dafür bekannt, dass die bei den Kontrollgängen durch die Firmen, die sie zu beraten hatten, immer eine Kamera dabei hatten. Jetzt wird dieses Instrument des „Visual Management“ gezielt auch von Führungskräften selbst eingesetzt: Man trägt ständig eine (kleine digitale) Kamera mit sich und photographiert alles, was den Mitarbeitern durch Bilder besser vermittelt werden kann als durch Worte (das ist fast alles!). Die Bilder werden dann sortiert und Gegenstand eines Workshops. Kultur und Klima, Konflikte und Probleme werden so per Bild unbestechlich und unabhängig von Vorurteilen dokumentiert. Visual Management wurde von einem Unternehmensberater entwickelt: www.visual-turn.com, könnte aber auch für die Polizei interessant sein. Quelle: Trendletter 8/2002, S. 6
 
 
4) Internationaler Strafgerichtshof – der Streit geht weiter
Im letzten Jahr hatten die USA für Aufsehen gesorgt, weil sie ihre Ratifizierung unter das Abkommen zum Internationalen Strafgerichtshof zurückgezogen hatten. Auf der Website http://www.iccnow.org/index.html finden sich Informationen zum aktuellen Stand dieses Streits, zum Internationalen Strafgerichtshof und seiner Arbeit (einschl. dem Statut von Rom) sowie Karten, auf denen die Ratifizier- und Unterzeichnerstaaten verzeichnet sind und Informationen über die Wahl der Richter.
 
 
5) Muster abweichenden Verhaltens
Eine englische Studie zu abweichendem Verhalten untersucht unter Rückgriff auf den Straftäterindex abweichende Verhaltensentwicklungen in Abschnitten von jeweils 5 Jahren – im Gegensatz zum konventionellen Ansatz, abweichendes Verhalten über die Zeitspanne eines ganzen Lebens zusammenzufassen. Durch die neue Herangehensweise lassen sich Geschlechts- und Altersprofile zu bestimmten Typen kriminellen Verhaltens ausmachen und die Chancen einer Rückfälligkeit und von Verschiebungen im Kriminalitätsprofil bestimmen. Zentrale Ergebnisse der Untersuchung: Das abweichende Verhalten der 1953 geborenen männlichen Untersuchten weist eine größere Bandbreite von Kriminalitätsmustern auf als das der weiblichen. Die männlichen Untersuchten sind außerdem viel stärker als die weiblichen in ihren jeweiligen Abweichungsmustern einer bestimmten Altersgruppe zuzuordnen. Ausführlicher Bericht unter www.homeoffice.gov.uk/rds/rfpubs1.html .
 
 
6) Stimulation seeking und Intelligenz: Eine Langzeitstudie
Unter stimulation seeking versteht man die Suche nach sensorischen Reizen und somit das Bedürfnis nach sensorischer Stimulation. Kinder mit hohem stimulation seeking -Verhalten wirken oft neugierig und wenig ängstlich, da sie sich vorzugsweise neuen Gegenständen, Aktivitäten oder Lebewesen in ihrer Umwelt zuwenden. Sie möchten alles ausprobieren. Eine Langzeitstudie hat herausgefunden, dass hohes stimulation seeking –Verhalten im Kleinkindalter mit späterer höherer Intelligenz (bis zu 12 IQ-Punkte) zusammenhängt. Man vermutet, dass sich Kinder, die hohe Stimulationssuche zeigen, eine reizreichere Umwelt schaffen, welche wiederum die kognitive Entwicklung des Kindes fördert. Quelle: A. Raine, C. Reynolds, P.H. Venables, S.A. Mednick: Stimulation seeking and Intelligence: A Prospective Longitudinal Study. In: Journal of Personality and Social Psychology 2002, Vol. 82, No. 4, 663-674.
 
 
7) Jüngere Polizeibeamte machen mehr Verhaftungen und bekommen mehr Beschwerden
Die Studie untersuchte die Faktoren, die Beschwerden von Bürgern wegen polizeilichen Übergriffen beeinflussen. Keinen Einfluss haben danach die Ausbildung (!) und die Berufsspezialisierung. Einen Einfluss auf die Häufigkeit von Beschwerden haben jedoch Alter und Geschlecht sowie die Anzahl der von den Polizeibeamten durchgeführten Verhaftungen: Jüngere männliche Polizeibeamte führen mehr Verhaftungen durch und gegen sie werden auch mehr Beschwerden vorgebracht. Quelle: S.G. Brandl, M.S. Stroshine, J. Frank: Who are the complaint-prone officers? An examination of the relationship between police officers attributes, arrest activity, assignment, and citizen´s complaints about excessive force. In: Journal of Criminal Justice 29, 6, 2001, S. 521-529. Eine niederländische Studie konnte nachweisen, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Intensität des „Burn–out-Syndroms“ und der sowohl von Polizeibeamten selbst berichteten, als auch objektiv beobachteten Gewaltanwendungen gibt. Quelle: N. Kop, M.C. Euwema: Occupational stress and the use of force by Dutch police officers. In: Criminal Justice and Behavior 28, 5, 2001, S. 631-652
 
 
8) Berliner CRIME Studie zur chronischen Rückfalldelinquenz im individuellen menschlichen Entwicklungsverlauf
Das Berliner Institut für forensische Psychiatrie untersucht derzeit unter Leitung von Prof. Dahle Langzeitverläufe delinquenter und krimineller Verhaltensmuster im Lebenszyklus männlicher (z.T. ehemaliger) Rechtsbrecher anhand einer Stichprobe an 397 ehemaligen Strafgefangenen, die erstmals 1976 als unselektierte Stichprobe untersucht wurden. Das Projekt versucht, die Hintergründe für unterschiedliche Verlaufsformen der krimineller Aktivitäten aufzuklären. Zudem werden prognostische Methoden zur Vorhersage von Rückfalldelinquenz in unterschiedlichen Entwicklungsphasen von straffällig Gewordenen entwickelt und überprüft. Weiteres Ziel ist die Untersuchung von Voraussetzungen und Effizienz therapeutischer Interventionen bei Personen mit unterschiedlicher biographischer und delinquenter Entwicklung. Als pdf -Dokument zum Download unter: http://www.forensik-berlin.de/ verfügbar.
 
 
9) Coaching – (k)ein Thema für die Polizei?
Führungskräfte brauchen Hilfe, um richtig arbeiten zu können. In der Privatwirtschaft hat man dies längst erkannt und stellt dort sog. “Coaches” zur Verfügung, die Führungspersonen betreuen, trainieren und beraten. Sie sollen dem “Gecoachten” helfen, Probleme im Arbeitsumfeld selbst zu erkennen und zu lösen. Obwohl dieses System nicht billig ist, rechnet es sich offensichtlich für viele Firmen. Gerade für Führungspersonal, das (aus welchen Gründen auch immer) keine oder keine echten Rückmeldungen in seinem Job bekommt, empfiehlt sich dieses System der individuellen Beratung. Weitere Infos zum Thema sowie Linklisten etc. finden sich auf der Homepage von Coach Christopher Rauen, der u.a. das Handbuch Coaching herausgegeben hat: www.rauen.de
 
 
10) Sicherheitsnachrichten
Die Karlsruher Secorvo Security bringt seit einigen Monaten regelmäßig sicherheitsrelevante Nachrichten in einer monatlichen Zusammenfassung als pdf- Datei (http://www.secorvo.de/security-news/ ). Die News sollen Sie auf wichtige aktuelle Ereignisse und Entwicklungen in der IT -Sicherheit aufmerksam machen, Ihnen durch die Angabe der wesentlichen Quellen die Informationsrecherche erleichtern und Ihnen durch eine unabhängige Expertenmeinung bei der Bewertung dieser Nachrichten helfen. Quelle: www.sicherheit-im-internet.de
 
 
11) Polizeibeamte, Stress und Alkoholkonsum in Gesellschaft

Das DIFA -Forum (www.difa-forum.de ), gegründet 1992 durch „engagierte Unternehmen der Alkoholindustrie“, hat sich mit dem Alkoholkonsum von Polizeibeamten beschäftigt. Danach ergaben Forschungen über den Alkoholkonsum bei der Polizei zwei Hauptfaktoren, die bei der Förderung eines schädlichen Alkoholkonsums eine ganz besondere Rolle spielen: charakteristische Merkmale dieses Berufs, die zu Stress am Arbeitsplatz führen, und eine Kultur, die den Alkoholkonsum fördert. Während Polizeibeamte anscheinend Alkohol konsumieren, um den Stress zu bewältigen, sind Forscher in Australien der Ansicht, dass das Trinken laut Aussagen der Beamten eher eine Frage der Geselligkeit ist. Beamte im Außendienst tranken mehr als ihre Kollegen im Innendienst. Die Ergebnisse zeigen einen oft bemerkten Widerspruch und haben erhebliche Konsequenzen für Interventionsstrategien, die eine Reduktion des Alkoholkonsums bei Polizeibeamten zum Ziel haben. Damit derartige Strategien Erfolg zeigen, dürfen sie nach Ansicht der Verfasser nicht nur auf die Stressfaktoren abzielen, sondern müssen auch auf die Bedeutung dieser sozialen Faktoren abgestimmt und so eingeführt werden, dass sie in der Polizeikultur angenommen werden. Vollständige Meldung: Quelle: DIFA Forum e.V. http://www.difa-forum.de/forschung/home_f.html
 
 
12) Internationale Konferenz zu Beschwerden gegen Polizeieinsätze in Belfast
Nachdem in Nordirland im November 2000 ein Polizei-Ombudsmann eingesetzt worden war, sollen nun die Ergebnisse ausgewertet und international verglichen werden. Dazu dient eine Konferenz, die vom 5.-7. November 2003 in Belfast stattfindet. Wer sich mit einem eigenen Beitrag an der Konferenz beteiligen oder nur teilnehmen will, der soll sich (bis Ende Mai) per Mail mit den Organisatoren in Verbindung setzen m.ostermeyer@policeombudsman.org oder im Internet nachsehen: www.policeombudsman.org.
 
 
13) Wer bedroht den Weltfrieden?
Nach Ansicht der Gruppe führender Atom-Wissenschaftler bedrohen eher schlecht kontrollierbare Waffenarsenale den Weltfrieden, als der Terrorismus. Danach gibt es weltweit 31.000 Atomsprengköpfe, nur 3.000 weniger als 1991. 95% dieser Sprengköpfe liegen in den USA und Russland, der Rest in 6 weiteren Staaten. Die Hälfte der Sprengköpfe ist sofort betriebsbereit. Die USA entwickeln mit Hochdruck neue Waffen und stoppen ihre Atomtests nicht. Quelle: Trendletter 1, 2003, S. 4; s. www.thebulletin.org
 
 
14) Vertrauen in Institutionen: Polizei auch weltweit vorn
Für Deutschland wissen wir aufgrund regelmäßiger Studien, dass beim „Vertrauen in Institutionen“ die Polizei ganz vorne rangiert (meist unmittelbar hinter den NGO´s – also den Nicht-Regierungs-Organisationen wie Greenpeace, dem Bundesverfassungsgericht und den Kirchen. Nach einer Gallup -Umfrage von Ende 2002, vorgestellt vom Weltwirtschaftsforum in Davos, gilt dies auch weltweit: www.worldeconomicforum.org bzw. direkt http://www.weforum.org/pdf/AM_2003/Survey.pdf
 
 
15) Strafverfahren gegen den ehemaligen Bielefelder Polizeipräsidenten
Der Fall des ehemaligen Polizeipräsidenten von Bielefeld Horst Kruse beschäftigt die Staatsanwaltschaft Münster bereits seit anderthalb Jahren. Am Ende hatten die Beamten 147 Zeugen verhört, zehn Bände Akten zusammengestellt und eine 83-seitige Anklageschrift ausgearbeitet. Der Vorwurf lautet danach: Strafvereitelung im Amt weil er zwischen 1998 und 2000 den gewerbsmäßigen Rauschgifthandel in einer Drogenanlaufstelle geduldet haben soll. Der Fall schlug hohe Wellen, da dadurch das gesamte Drogenkonzept der Landesregierung mit Unterstützung von Drogenkonsumräume in die Kritik geriet. Ein weiterer Aspekt der Anklage ist, dass der Polizeipräsident drogenabhängige Prostituierte nicht strafrechtlich verfolgt hätte. Der Vorwurf: Strafvereitelung und Förderung der Prostitution. Erste Auswirkungen hat das Verfahren bereits: Polizeidienststellen in NRW ändern ihre Politik gegenüber Drogenkonsumräumen und veranlassen z.B. Streifen um diese Räume oder gar Razzien. Die Folgen dürften jedem klar sein.

Unter http://www.nw-news.de/news/mantel/politik/NW_20030111_1816370002.html ist die Chronik der Ereignisse bis 2002 dargestellt.