Polizei : Newsletter Nr. 86, Mai 2006

 1)   Methoden und Analysen problemorientierter Polizeiarbeit
 2)   Entwicklung und Chancen junger Menschen in sozialen Brennpunkten
 3)   Was ist "Nachbarschaft"?
 4)   Familienstand und Stress bei Polizeibeamten
 5)   Verbal Judo und Polizeiarbeit
 6)   NationMaster: Länder im Grafikvergleich online
 7)   Alle Gesetze im Internet
 8)   Datenreport zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesrepublik Deutschland
 9)   Benachteiligte Wohngebiete, lokales Sozialkapital und »Disorder«
10)  Problematischer Paradigmenwechsel in der Niederländischen Polizei: „The Dutch Dilemma“
11)  Kriminalitätsentwicklung in den USA: Wer oder was ist für den Rückgang der Straftaten verantwortlich?
12)  Community Policing und lokale Problembearbeitung
13)  Leseproben von digitalen Skripten
14)  Kriminalität im Lebenslauf
15)  Polizeirecht in Baden-Württemberg
16)  Formalia bei juristischen Arbeiten – Hinweise für Studierende
17)  Bericht vom Europäischen Polizeikongress in Berlin
 
1) Methoden und Analysen problemorientierter Polizeiarbeit
Der Beitrag "Crime Analysis for Problem Solvers in 60 Small Steps" (150 pp.) (NCJ 211310) beschäftigt sich mit das Grundlagen von problemorientierter Polizeiarbeit und zeuigt, wie viele unterschiedliche Konzepte dazu derzeit existieren. Quelle: http://www.cops.usdoj.gov/mime/open.pdf?Item=1597
 
 
2) Entwicklung und Chancen junger Menschen in sozialen Brennpunkten
Dieses Bundesmodellprogramm bietet Informationen, Materialien, Tagungshinweise  und vieles mehr zur nachbarschaftlichen Entwicklung: http://www.eundc.de/seiten/global/home.html
 
 
3) Was ist "Nachbarschaft"?
Jan Philipp Reemtsma geht in einem Aufsatz den Potentialen von nachbarschaftlichen Beziehungen für Ausbrüche von Gewalt nach. Nachbarschaften können demnach von der Politik instrumentalisiert werden, sei es zur Verwirklichung von Überwachungsregimen oder in ethnisch-nationalen Bewegungen. Das besondere an der vorliegenden Aufarbeitung des Themas: Reemtsma macht an Hand eines populären Comics klar, welche Einsichten in jene Spannungen zu gewinnen sind, die Nachbarschaften inne  wohnen. Der Text ist zuerst in Mittelweg 36 5/2004 erschienen und nun auch online in www.EUROZINE.com, dem internationalen Netzwerk europäischer Kulturmagazine, unter http://www.eurozine.com/articles/article_2005-11-02-reemtsma-de.html verfügbar.
 
 
4) Familienstand und Stress bei Polizeibeamten
Eine Studie geht der Frage nach, ob der Familienstand Einfluss auf den berufsbedingten Stress bei Polizeibeamten hat. Paare, die beide als Polizeibeamte tätig sind, haben demnach ein niedrigeres Angstniveau, während  Paare, bei denen ein Partner nicht Polizist ist, ein niedrigeres Depressionsniveau haben. Dennoch ist insgesamt der Familienstand weniger entscheidend als andere Faktoren. Dazu gehören Konflikte im Bereich Familie-Beruf, destruktive Verarbeitung von Problemen, sowie insgesamt negative Einflüsse auf der Arbeit. Kameradschaft wiederum hat einen eher Stress ausgleichenden Einfluss. Quelle: Source: Zhao. J. S., He. N. P., Lovrich. N., et al., Marital status and police occu­pational stress. In:Journal of Crime & Justice, 26, 2, 2003, p. 23-46
 
 
5) Verbal Judo und Polizeiarbeit
Als “Verbal Judo” wird das in den USA die am meisten gebrauchte Kommunikationstrainingsprogramm für Polizeibeamte bezeichnet. Der Beitrag beschreibt dieses Programm und untersucht die Auswirkungen anhand einer Studie von 245 Polizeistudenten im Zusammenhang von Verkehrskontrollen. Quelle: Johnson, R., Citizen expectations of police traffic stop behavior. In: Po­licing: An International Journai of Police Strategies and Management. 27, 4, 2004, p. 487-497.
 
 
6) NationMaster: Länder im Grafikvergleich online
NationMaster.com ist eine gute Quelle, um grafisch Nationen und Länder zu vergleichen. Enthalten sind eine große Zahl von Daten zu den einzelnen Ländern (aus nationalen und internationalen Datenquellen), die tabellarisch und grafisch in Bezug gesetzt werden können. Verwendet werden dazu u.a. Daten aus dem CIA World Factbook, von den Vereinten NBationen, der WHO, der Weltbank, UNESCO, UNICEF, OECD. Und anderen Gegenwärtig enthält das System fast 6.000 Grafiken  http://www.nationmaster.com
 
 
7) Alle Gesetze im Internet
Öffentlicher Zugang auf alle Gesetze und Rechtsverordnungen des Bundes im Internet. Unter www.gesetze-im-internet.de stellt das Bundesjustizministerium in einem gemeinsamen Projekt mit der juris GmbH das gesamte aktuelle Bundesrecht kostenlos bereit. Bislang war eine Auswahl von etwa 750 Gesetzen und Verordnungen abrufbar, ab sofort sind auf den Webseiten rund 5.000 Gesetze und Rechtsverordnungen des Bundes in der aktuell geltenden Fassung barrierefrei verfügbar.
 
 
8) Datenreport zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesrepublik Deutschland
Zum ersten Mal in der Bundesrepublik Deutschland werden in einem Datenreport zur Gleichstellung von Frauen und Männern Fakten zur sozialen Lage und Lebensführung von Frauen und Männern zusammengetragen, miteinander verglichen, ausgewertet und interpretiert. Der Datenreport zeigt, dass sich in vielen Bereichen Lebenssituationen und Teilhabechancen von Frauen und Männern in den letzten Jahren weiter einander angenähert haben. Sie können den Daten-Report als Flyer mit CD-Rom bestellen oder direkt die Online-Publikation lesen. http://www.bmfsfj.de/Publikationen/genderreport/root.html
 
 
9) Benachteiligte Wohngebiete, lokales Sozialkapital und »Disorder«
In dem Beitrag geht es um die Erklärung der Wahrnehmung von sog. „incivilities“ oder „Unordentlichkeiten“. 30 physische oder soziale „incivilities“ werden auf den beiden Dimensionen perzipierte Häufigkeit und subjektive Schwere gemessen. Auf der Grundlage einer postalischen Bevölkerungsbefragung (N = 3612) in Hamburger Stadtteilen wird ein Mehrebenenmodell überprüft. In der Analyse bestätigen sich Effekte von Individualvariablen (persönliche und indirekte Viktimisierung, Vertrauen, Nachbarschaftskontakte, generelles Sozialkapital) und Kontextvariablen (problematische Sozialstruktur des Stadtteils). Quelle: Christian Lüdemann Benachteiligte Wohngebiete, lokales Sozialkapital und Disorder. Eine Mehrebenenanalyse zu den individuellen und sozialräumlichen Determinanten der Perzeption von physical und social incivilities im städtischen Raum. In: MSchrKrim 2005, S.240-256.
 
 
10) Problematischer Paradigmenwechsel in der Niederländischen Polizei: „The Dutch Dilemma“
Punch, Hoogenboom und Williamsom stellen in ihrem Beitrag die Schwierigkeiten der niederländischen Polizei dar, ihr Leitbild den heutigen Gegebenheiten anzupassen. Das in den 70er Jahren vorherrschenden Leitbild der niederländischen Polizei, das maßgeblich durch das Konzept des „Community Policing“ sowie durch die Toleranz und den Konsens in der niederländischen Gesellschaft geprägt wurde, war seit den späten 80er Jahren zunehmender Kritik ausgesetzt, da die Kriminalität sprunghaft angestiegen war und sich die Niederlande zum Zentrum des Europäischen Drogenhandels entwickelt hatten. Ab Mitte der 90er Jahre führten zudem weitere Faktoren zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung der niederländischen Polizei mit ihrem Leitbild. So spielten die neo-liberale Regierung, der „zero tolerance“ Ansatz, die europaweite Tendenz zu einer einheitlichen Polizei, die durch das New Public Management hervorgebrachten „Polizeimanager“, die sozio-politischen und wirtschaftlichen Einflüsse der Globalisierung, sowie die allmähliche Aufgabe der toleranten Haltung der niederländischen Gesellschaft bei der Neudefinierung des Konzeptes der niederländischen Polizei eine große Rolle. Heute befindet sich die holländische Polizei inmitten ihrer konzeptionellen Neuausrichtung, wobei dieser Prozess von Ambivalenz, Widerwillen und Ablehnung geprägt ist. Ein klar definiertes Leitbild würde diesen Prozess bedeutend erleichtern. Quelle: Punch, Maurice; Hoogenboom, Bob; Williamson, Tom: “Paradigm Lost: The Dutch Dilemma”. The Australian and New Zealand Journal of Criminologie, 38 (2): 268-281, 2005. (eine Kopie des Beitrages kann bei der Redaktion angefragt werden thomas.feltes@rub.de)
 
 
11) Kriminalitätsentwicklung in den USA: Wer oder was ist für den Rückgang der Straftaten verantwortlich?
Kritisch hinterfragt wird schon länger die (nicht vorhandene) Reaktion von Kriminologen auf die Kriminalitätsentwicklung in den USA in den 1980 und 1990er Jahren (erst Anstieg, dann starker Rückgang). Vor allem die Frage, ob z.B. die New Yorker Methode (hartes Durchgreifen) maßgeblich für den Rückgang war, wurde immer wieder aufgeworfen. Sie wird jetzt verlässlich von den Autoren dieses Beitrages dahingehend beantwortet, dass für die Kriminalitätsrückgänge in verschiedenen Städten der USA überregionale Faktoren verantwortlich waren und nicht regionale Polizeimaßnahmen und Kriminalpolitiken. R. Rosenfeld, R. Fornango, E. Baumer, Did Ceasefire, COMPSTAT, and EXILE reduce Homicide? In: Criminology and Public Policy 4, 3, 2005, S. 419-450 (dazu finden sich im gleichen Heft auch Kommentare von anderen Autoren).
 
 
12) Community Policing und lokale Problembearbeitung
Im Zuge kritischer Auseinandersetzungen mit der polizeilichen Arbeitsweise gewann in den USA im Verlauf der 1980er Jahre das Konzept des Community Policing an Popularität. 1993 erfuhr auch die Polizeiarbeit der Stadt Chicago mit der Chicago Alternative Policing Strategy (CAPS) eine weitgehende Umgestaltung. Deren Grundlagen bilden Bewohnerbeteiligung, Problemorientierung und institutionenübergreifende Kooperation zur stärkeren Vernetzung der polizeilichen Arbeit mit den Nachbarschaften. Der Beitrag von Wurtzbacher thematisiert die Reichweite der in die Polizeistrategie eingelagerten partizipatorischen Elemente, insbesondere auf das Instrument des Beat Meetings (Nachbarschaftsrat zu Sicherheitsfragen), und geht der Frage nach, inwieweit dieser Mechanismus auch in Stadtteilen mit hoher Kriminalitätsbelastung eine Möglichkeit bietet, nachbarschaftlichen (Sicherheits-)Problemen zu begegnen. Dafür werden zunächst die partizipatorischen Grundzüge der CAPS erläutert und anschließend deren Einbettung in eine stark mit Jugendgewalt belastete Nachbarschaft im Süd-Westen der Stadt Chicago näher thematisiert. Ein abschließendes Fazit geht auf die Reichweite bürgerschaftlicher Partizipation innerhalb der Chicagoer Polizeistrategie ein. Jens Wurtzbacher: Community Policing und lokale Problembearbeitung: Notizen über die Southwest-Side in Chicago. erschienen in: TRIALOG 87, 4/2005: 12-16. Jetzt im Online-Bereich des Polizei-Newsletter unter http://www.polizei-newsletter.de/online_documents_german.php.
 
 
13) Leseproben von digitalen Skripten
Auf der Internetseite www.lernegerne.de stehen Leseproben von digitalen Skripten zum polizeilichen Eingriffsrecht zur Verfügung. Das Online-Angebot orientiert sich an den Lehrplänen der Fachhochschulen der Polizei. Der interaktive Sprachkurs "English for Police Officers" mit typischen Dialogen und Szenarien, die anlässlich der WM 2006 zu erwarten sind, dürfte ebenfalls für viele Ihrer Leser von Interesse sein. Dieser Sprachkurs wurde in Zusammenarbeit mit einem erfahrenen britischen Sprachenlehrer/Trainer entwickelt. Ich würde mich freuen, wenn Sie Ihre Leser über dieses Angebot informieren. Für Fragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen  Alfred Rodorf www.rodorf.de
 
 
14) Kriminalität im Lebenslauf
Die von Stelly und Thomas erarbeitete Untersuchung zur Langfristentwicklung der Probanden der Tübinger Jungtäter-Vergleichs-Untersuchung ist in die elektronische Schriftenreihe TüKrim eingestellt worden: Stelly / Thomas: Kriminalität im Lebenslauf: Eine Reanalyse der Tübinger Jungtäter-Vergleichsuntersuchung, Tübingen 2005. Es handelt sich bei dieser elektronischen Publikation um die vollständig durchgesehene und korrigierte Neufassung der als Buch im Westdeutschen Verlag unter dem Titel "Einmal Verbrecher - Immer Verbrecher?“ erschienenen und inzwischen vergriffener Erstauflage. Sie können die Studie als PDF-Datei (1,3 MB) herunter laden unter: http://w210.ub.uni-tuebingen.de/dbt/volltexte/2005/2078/ Sie können alternativ oder zusätzlich auch gedruckte Exemplare gegen Erstattung der Herstellungs- und Versandkosten bestellen. Falls Sie einen Einblick in das gesamte Portal TüKrim und die dort bislang aufgenommenen Schriften bekommen wollen, besuchen Sie bitte folgende URL: http://w210.ub.uni-tuebingen.de/portal/tuekrim/
 
 
15) Polizeirecht in Baden-Württemberg
In der Neuauflage wird umfänglich über die aktuelle Entwicklung im Polizeirecht informiert. Dabei fallen insbesondere Neuerungen in der Datenverarbeitung bei den Dienststellen der Vollzugspolizei sowie spezielle Fragen der Gefahrenabwehr im Internet ins Auge. Quelle: Würtenberger/Heckmann: Polizeirecht in Baden-Württemberg. 6., neu bearbeitete und erweiterte Auflage 2005, C.F. Müller, Verlagsgruppe Hüthig Jehle. Eine etwas ausführlichere Vorstellung des Buches findet sich im Buchbesprechungsteil des PNL unter  http://www.polizei-newsletter.de/books_german.php
 
 
16) Formalia bei juristischen Arbeiten – Hinweise für Studierende
Unter dem Titel “Gut in Form” haben Carolin Knüll, Holm Putzke und Sebastian Weinzierl eine Broschüre zusammengestellt, in der Formalia für juristische Hausarbeiten, Klausuren und Seminararbeiten zusammengestellt und erläutert werden. Der 57-seitige Text enthält viele Hinweise zu Fragen der Zitierweise, des Aufbaus und der formalen Gestaltung juristischer Arbeiten und ist im Online-Bereich des Polizei-Newsletter unter http://www.polizei-newsletter.de/online_documents_german.php verfügbar. Der PNL dankt den Autoren dafür, dass sie das Manuskript  den Lesern zur Verfügung stellen.
 
 
17) Bericht vom Europäischen Polizeikongress in Berlin
Zum Thema "Sicherheit bei Großereignissen" fand am 14. und 15. Februar 2006 der der 9. Europäische Polizeikongress in Berlin statt. Knapp vier Monate vor Beginn der WM diskutierten insgesamt 1.450 Politiker, Fußball-Fachleute und Vertreter von Behörden und aus der Wirtschaft über ihre Vorbereitungen zu dem Fußball-Höhepunkt. Am ersten Tag wurde unter der Leitung von Corny Littmann, dem Präsidenten des FC St. Pauli, wurde zum Thema Stadionsicherheit während der Weltmeisterschaft referiert. In einer weiteren Podiumsdiskussion unter Leitung des früheren Bundesinnenministers Otto Schilly, betonten der israelische Sicherheitsminister Gideon Ezra,  der polnische Vize-Innenminister Wladyslaw Stasiak sowie der Sicherheitsbeauftragte der 2004 in Athen ausgetragenen Olympischen Spiele, Vasilios Konstantinidis, die Notwendigkeit intensiver grenzüberschreitender Zusammenarbeit zur Abwehr terroristischer Gefahren. Der Präsident des BKA, Jörg Zierke, hielt im Anschluss einen Vortrag über Allianzen im Kampf gegen den Terror. Am darauf folgenden Tag  wurde in einer hochkarätig besetzten Runde bestehend aus dem Bayerischen Innenminister Dr. Günther Beckstein, dem Hamburger Innensenator Udo Nagel, dem Innenminister von Brandenburg Jörg Schönbohm und dem stellvertretenden Innenminister von Nordrhein Westfalen Karl Peter Brendel das noch druckfrische Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz eingehend diskutiert. In verschiedenen Foren wurde zudem über den verstärkten Einsatz von neuen Techniken zur Verbesserung der Sicherheitslage, sowie über die Zusammenarbeit der Armee mit der Polizei referiert.