Alle Artikel von Detlef.Dackel

VG Arnsberg vom 2.2.2017: Rechtswidrige IDF wegen „südländischen Aussehens“

Identitätsfeststellung zur Überprüfung des Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes

In einer Entscheidung aus dem vergangenen Jahr stellt das VG Arnsberg folgende Voraussetzungen für eine Identitätsfeststellung durch die Polizei fest: „Die Identitätsfeststellung sollte der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Klägers in der Bundesrepublik dienen. Auch wenn hierin – bei entsprechenden Anhaltspunkten -eine Maßnahme zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Form eines Verstoßes gegen aufenthaltsrechtliche Straf-vorschriften, zumindest aber eine Gefahrerforschungsmaßnahme, gesehen werden könnte, fehlten – vorgelagert – die erforderlichen Anhaltspunkte dafür, dass der Aufenthaltsstatus des -Klägers überhaupt auch nur zweifelhaft war. Allein aus dem Umstand, dass der Kläger ein südländisches Aussehen aufweist, konnte nicht auf einen möglicherweise illegalen Aufenthalt in Deutschland geschlossen werden. Dass in erster Linie solche Personen, deren Aussehen eine ausländische Herkunft vermuten lassen, -ins Visier einer Aufenthaltsüberprüfung geraten, ist dieser Maßnahme zwar immanent. Gleichwohl genügt allein das Aussehen einer Person nicht, um vernünftige Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihres Aufenthalts begründen zu können und dementsprechende Aufklärungsmaßnahmen vorzunehmen. Weitere Umstände, die auf einen illegalen Aufenthalt des Klägers schließen ließen, waren nicht ersichtlich.

Das Urteil ist (noch) nicht veröffentlicht. Eine Kopie kann bei Professor Dr. Clemens Arzt angefordert werden: clemens.arzt@hwr-berlin.de

OVG Lüneburg vom 26.04.2018: Rechtmäßiges polizeiliches Aufenthaltsverbot für einen „Ultra“

Polizeiliches Aufenthaltsverbot für einen „Ultra“

Das OVG Lüneburg hat festgestellt, dass der Erlass eines Aufenthaltsverbots voraus setzt, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufenthaltsverbots Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass eine Person im räumlichen und zeitlichen Geltungsbereich des Verbots eine Straftat begehen wird. Ob die Zugehörigkeit zu einer Gruppe – ggf. in Verbindung mit weiteren (Indiz-)Tatsachen – die Annahme rechtfertigt, dass die gruppenzugehörige Person in einem bestimmten Gebiet eine Straftat begehen wird, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, namentlich von der fraglichen Gruppe, der zu ihr vorhandenen polizeilichen und sonstigen Erkenntnisse, der Einbindung des Betroffenen in diese Gruppe sowie seinem gruppenbezogenen Verhalten in der Vergangenheit. Steht fest, dass eine Person (einfaches) Mitglied einer sog. Ultra-Gruppierung ist oder in einem polizeilichen Informationssystem geführt wird, ist dies in der Regel für sich gesehen nicht ausreichend, um die erforderliche Gefahrenprognose zu begründen. Hinzutreten müssen grundsätzlich weitere (Indiz-)Tatsachen, um den Erlass eines Aufenthaltsverbots zu rechtfertigen.

http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod?feed=bsnd-r-vwg&showdoccase=1%C2%B6mfromHL=true&doc.id=MWRE180001931#focuspoint

LG HH 18.06.2018 zu G20: Überlange Dauer bis zur Richtervorführung und rechtswidrigen Durchsuchungspraktien

Wie jüngst  von der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter im Jahresbericht 2017 gerügt, hat nun auch das LG Hamburg Verfahren bei den Gewahrsamnahmen im Rahmen des G20-Gipfels für rechtswidrig erklärt. Der  Nationalen Stelle wurden seitens der Hamburger Polizei auf mehrfache Nachfrage keine plausiblen Begründungen für die überlange Zeit bis zur Vorführung vor einen Richter gegeben; dies scheint auch in den vom LG HH entschiedenen Fällen so gewesen zu sein.

https://www.juris.de/jportal/portal/t/142e/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA180601731&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

Das VG Trier: Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“

Das VG Trier hat entschieden, dass der Dienstherr (hier: die Bundesrepublik Deutschland) im Falle der Dienstunfähigkeit eines Polizeibeamten nach dem Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ vor dessen Zurruhesetzung zunächst prüfen muss, ob der Beamte nicht anderweitig, gegebenenfalls auch in einem Amt einer anderen Laufbahn, verwendbar ist.

Quelle: https://www.juris.de/jportal/portal/t/nb8/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA180601660&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

VG Hamburg hat die Ingewahrsamnahme eines italienischen Staatsangehörigen im Zusammenhang mit einer Versammlung während des G20-Treffens für rechtswidrig erklärt

Der Kläger war Teil einer Gruppe italienischer Staatsangehöriger und hielt sich am Nachmittag des 08.07.2017 im Bereich der Abschlusskundgebung der Versammlung „Grenzenlose Solidarität statt G20“ auf. Die Polizei nahm den Kläger und die übrigen angetroffenen italienischen Staatsangehörigen in Gewahrsam und verbrachte sie zur Gefangenensammelstelle in Harburg. Der Kläger wurde am Abend des 09.07.2017 entlassen. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist eine Ingewahrsamnahme nach dem allgemeinen Polizeirecht schon deshalb unzulässig gewesen, weil der Kläger als Versammlungsteilnehmer anzusehen ist und daher dem Schutz des Versammlungsrechts unterstanden hat. Abgesehen davon hätten in Bezug auf die Person des Klägers keine Tatsachen vorgelegen, die die Annahme, von ihm gehe eine unmittelbare Gefahr aus, hätten rechtfertigen können. Schließlich sei auch nicht unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Ingewahrsamnahme eingeholt worden.

Quelle: https://www.juris.de/jportal/portal/t/vk8/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA180601552&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp