Martin H. W. Möllers (Hrsg.) – Wörterbuch der Polizei – Rezensiert von: Holger Plank

Möllers, Martin H. W. Prof. Dr.[1] (Hrsg.): „Wörterbuch der Polizei“[2]; ISBN: 978-3-406-71933-2, 2796 Seiten, C. H. Beck Verlag, München, 3. Auflage 2018, 159.– €

Der Herausgeber hat zusammen mit 26 Autoren das „Wörterbuch der Polizei“[3] nun in der 3., grundlegend überarbeiteten und nochmals erheblich erweiterten Auflage 2018 (nach der zweiten Auflage 2010[4] und der ersten Auflage 2001[5]) den seit Erscheinen der Vorauflagen vielfältigen und sehr dynamischen Entwick­lungen auf dem Feld der inneren Sicherheit angepasst und angesichts zahlreicher neuer oder umfassend modifizierter Stichworte auf den „neuesten Stand“[6] gebracht.

Seit der 1. Auflage ist das lexikalische Werk im Umfang um nahezu 40 %, im Vergleich zur letzten Ausgabe nochmals um rund 15 % angewachsen! Eine stattliche Sammlung von weit mehr als 10.000 rechts-, polizei-, kriminal- und gesellschaftswis­sen­schaft­licher Begrifflichkeiten rund um die Arbeit der Polizei und anderer Sicherheitsbehörden. Diese Begriffs­vielfalt zeugt einerseits von der ausgeprägten Interdisziplinarität, anderseits von der wachsenden Notwendigkeit interbehördlicher aber auch wissenschaftlicher Ausrichtung polizeilicher Tätig­keit. Es bereitet dem Leser schon deshalb richtiggehend Freude, sich dem Werk zunächst nach dem Prinzip des „Daumenkinos“ zu nähern, denn, um Helmut Pollähne[7] (selbstironisch) zu zitieren, es handelt sich um „ein praktisch ergiebiges Nachschlage­werk, in dem sich das Nachschlagen oft selbst dann lohnt, wenn man sich eigentlich sicher ist, bestimmt nicht fündig zu werden.“ So gewinnt man trotz eigener langjähriger praktischer Berufserfahrung immer wieder neue Eindrücke, stößt auf alternative Betrachtungsperspek­tiven und erfährt somit selbst als erfahrener Praktiker und vermeintlich „alter Hase“ zahlreiche Neuigkeiten, mindestens jedoch eine ansehnliche Anzahl von nachschlagenswerten An­knüpfungs­hinweisen. Es findet sich außerdem inzwischen nicht nur eine breite Auswahl gut dargelegter einsatztaktischer Begriffe, der Leser wird auch durch die Vielfalt der Neugründungen relevanger Institutionen und Behörden geleitet. Das Buch ist für die Schutz- und Kriminalpolizei gleichermaßen empfehlenswert, wenn ich an dieser Stelle z. B. nur die Erläuterungen zu den zahllosen extre­mistischen Gruppierungen und Vereinigungen erwähne oder mir den vielfach zumindest kursorisch dargestellten Artenreichtum neuerer kriminaltechnischer Methoden betrachte. Gleichermaßen bietet das Werk aber auch der (Polizei- und den Krimi­nal-) Wissenschaft(en) nützliche erste Einblicke in systematische Neuerungen und deren inner- und intrabehördlicher Nutzung und Verwertung.

Bemerkenswert am „Möllers“ sind auch die mindestens ungewöhnlichen „lexika­lischen Service­leistungen“, bspw. z. T. umfangreiche und durchgängig aktualisierte Literatur­hinweise zum Abschluss vieler Beiträge sowie ein um­fängliches Abkürzungs­verzeichnis, das zu vielen Einträgen zusätzlich relevante Internet-Adressen anbietet. Apropos „Möllers“, dieses in vielen Beiträgen und Rezensionen inzwischen gebräuchliche Eponym deutet m. E. neben der Qualität auf die zumindest in der „Fachwelt“ inzwischen ansehnliche Reichweite und Bedeutung des Lexikons hin.

Ohne zu sehr kasuistisch werden zu wollen, zahlreiche im polizeilichen Alltag inzwischen durchaus bedeutsame sozialwis­sen­­schaft­liche, kriminolo­gische, gesellschafts- und politikwissenschaftliche bzw. rechtswissen­schaftliche Phänomene / Begrifflichkeiten sind in der 3. Auflage neu aufgenommen oder umfänglich überarbeitet worden, hier eine ganz kleine, stichpunktartige Auswahl:

  • „Ankerzentrum“
  • „Big Data“
  • „Cybercrime“ und einige artverwandte Begrifflichkeiten (aber angesichts des Phänomens doch relativ oberflächlich)
  • Datenschutz
  • Drohne
  • „Drohende Gefahr“
  • E-Government
  • Facebook
  • Gefährderansprache im Sport
  • „Hacktivismus“, „Hack-Back“
  • Industrie 4.0
  • „Kritische Infrastrukturen“ (KRITIS)
  • „PIAV“
  • „Precobs“ („Predictive Policing“)
  • „Prepper“
  • Prostitution
  • „Racial Profiling“
  • „Reichsbürger“
  • Vermögensabschöpfung

Insofern weist der Verlag in seiner Ankündigung nur auf einige wenige der in den acht Jahren seit der letzten Auflage geänderten / modifizierten sicherheitsbehördlichen Rahmen­be­dingungen hin.[8] Das ist jedoch unschädlich, macht es doch die ungeheure Dynamik der Entwicklungen auf dem Gebiet der inneren Sicherheit umso deutlicher.

Aufgrund einiger bedeutsamer Entwicklungen auf dem Gebiet der Kriminalistik (neue Studiengänge, auch außerhalb der Polizei [universitär] mit Auswirkung auf den Wissen­schaftscharakter der Disziplin etc.) bedürften einige mit dem Präfix „Kriminal-“ verbundene Stichworte ggf. einer vertiefenden Überarbeitung, wenn­gleich der disziplinäre lexika­lische Gesamtüberblick hierzu begrifflich durchaus weit­reichend ist.

Wenn man angesichts des enzyklopädischen Gesamtnutzens des Lexikons überhaupt „Kritik“ üben will, es könnte schon wegen der anhaltenden öffentlichen Diskussion hierüber u. a. z. B. noch das Stichwort (elektronische) Aufenthalts­überwachung (eAü, vulgo „elektronische Fußfessel“) aufgenommen werden, oder, angesichts der Bedeutung „künstlicher Intelligenz“ für die künftige Polizeiarbeit wäre das vorhandene Stichwort noch ausbau- und innerhalb des Lexikons als zentrales Stichwort vielgestaltig verknüpfungsfähig.

Das Werk ist schon ob des hervorhebenswerten Umfangs und darin verarbeiteter breiter und interdisziplinärer, klassisch lexikalischer Expertise teuer und wird schon deshalb in Behörden und Bildungseinrichtungen auch künftig leider nur vereinzelt zu finden sein. Es ist in Form und Inhalt als Nachschlagewerk auf dem Markt einmalig. Vielfach wird die Enzyklopädie sicher auch erster praktischer Ratgeber für klärungsbedürftige Problemstellungen im sicherheitsbehördlichen Alltag sehr wertvoll sein und verdient schon aus diesem Grund einen festen Platz in jeder sicherheits­behördlichen Bibliothek. Man sollte beim Verlag deswegen u. U. auch darüber nachdenken, ob man das Buch zusätzlich als elektronische Ausgabe z. B. in Beck Online zur Verfügung stellen kann, damit es einem breiteren Personenkreis über behördliche Lizenzen für diese Datenbank zugänglich wird.

[1] Prof. Dr. phil. an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Lübeck

[2] Vgl. Verlags-Website.

[3] Obgleich der Titel inzwischen gut eingeführt ist, hat Feltes (vgl. Fn. 4) zurecht auf die „Unschärfe“ desselben hingewiesen.

[4] Vgl. Besprechung Prof. Dr. Feltes im PNL, 2431 Seiten, 118.- €.

[5] 2001 Seiten

[6] Das Manuskript wurde am 15.06.2018 geschlossen.

[7] Ders., Recht & Psychiatrie, Heft 4, 2003, Rezension zur 1. Auflage des Werks.

[8] Vgl. Fn. 2: „Die Neuauflage verarbeitet u.a. das neue Datenschutzrecht, Änderungen der Telekom­munikationsüberwa­chung, ausländer-, asylverfahrens- und aufenthaltsrechtliche Änderungen, Fahrverbote gegen Straftäter, das G zur Korruptionsbekämpfung, das G zur Bekämpfung der organi­sierten Kriminalität, die neuesten Polizeidienstvorschriften (PDV) und die Einführung des elek­tronischen Rechtsverkehrs.“

Rezensiert von: Holger Plank