OVG HH 29.03.2019 zu rechtwidriger Gewahrsamnahme bei G20 Gipfel 2017 in HH

OVG HH zu (rechtswidrigen) polizeilichen Maßnahmen anlässlich des G20-Gipfels

Bei alledem übersieht der Senat nicht die Ausnahmesituation, in der sich die Polizei insgesamt, aber auch die am vorliegend streitgegenständlichen Einsatz beteiligten Beamten befunden haben. Vor dem Hintergrund der am 7. und am 8. Juli 2017 vor der streitigen Ingewahrsamnahme verübten schweren Straftaten, die die Beklagte in der Begründung ihres Zulassungsantrags noch einmal schildert, lag es nahe, Personen, die schon aufgrund ihrer Kleidung und ihres sonstigen Auftretens dem Kreis möglicher Straftäter zuzurechnen waren, offensiv zu überprüfen. Auch ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass die eingesetzten, hochbelasteten Polizeibeamten alle rechtlich in Betracht kommenden Maßnahmen ergreifen wollten, um die Begehung weiterer schwerer Straftaten zu verhindern, und aufgrund der Vielzahl und Parallelität der Vorfälle wenig Zeit zur Prüfung des Sachverhalts hatten. Die sich aus der Ermächtigungsgrundlage für die Ingewahrsamnahme – eine freiheitsentziehende Maßnahme und damit eine polizeiliche Maßnahme von sehr hoher Intensität – ergebenden Voraussetzungen mussten aber auch in einem solchen Fall gewahrt bleiben. Keiner näheren Befassung bedarf es schließlich mit der von der Beklagten aufgeworfenen Frage nach dem Verhältnis zwischen der Schwere der mit einer Ingewahrsamnahme zu verhindernden Straftat und dem Grad der Wahrscheinlichkeit ihrer Begehung. Angesichts der hohen Grundrechtsrelevanz einer Ingewahrsamnahme als freiheitsentziehender Maßnahme kommt vorliegend eine – würde man der Beklagten insoweit folgen – Herabsenkung des Wahrscheinlichkeitsgrades auf ein Maß, nach dem die Ingewahrsamnahme im Streitfall den Tatbestandsvoraussetzungen entsprechen könnte, nicht in Betracht.

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