Kai Ambros – Internationales Strafrecht. Strafanwendungsrecht – Völkerstrafrecht – Europäisches Strafrecht – Rechtshilfe – Rezensiert von: Holger Plank

Ambos, Kai[1]; „Internationales Strafrecht. Strafanwendungsrecht – Völkerstrafrecht – Europäisches Strafrecht – Rechtshilfe.“ [2] ; ISBN: 978-3-406-71118-3, 5., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, 742 Seiten, erschienen bei C. H. Beck, München, 2018, 99.- €

Kai Ambos ist ein profunder Kenner der titelgebenden Materie, schließlich ist er als ordentlicher Professor der Universität in Göttingen (vgl. Fn. 1) nebenbei noch Richter am Kosovo -Sondertribunal in Den Haag und seit 2016 auch Berater („amicus curiae“) der kolumbianischen Sondergerichtsbarkeit für den Frieden.

So setzt auch die fünfte Auflage dieses Werkes aus der Beck`schen Reihe „Große Lehrbücher“ in Umfang, Reichweite und Tiefe Standards (vgl. Inhaltsverzeichnis). Die Pressestimmen nach der Ver­öffentlichung sind tendenziell eindeutig, „ (…) wer in dem Bereich des internationalen Strafrechts einen fundierten Einblick nehmen will, der kommt um ‚den Ambos‘ kaum herum (…).“[3] Was kann man dem eigentlich noch hin­zufügen, wenn der Eigenname des Herausgebers – noch dazu eigens innerhalb des Zitats gekennzeichnet – in der bezeichneten Besprechung bereits als „Deonym“ verwendet wird. Dennoch, auch für eine kurze Besprechung wie an dieser Stelle sollte man noch ein klein wenig tiefer blicken.

Auch wenn sich der Preis von der 4. Auflage (42,90 Euro für 697 Seiten – 2014 daher noch in der Beck`schen Reihe „Juristische Kurz-Lehrbücher“) zur 5. Auflage nun mehr als verdoppelt hat, „der Ambos“ – inzwischen „mutiert“ zum „Großen Lehrbuch“ – ist es wert. Ambos gelingt es – im Charakter gleichermaßen als Lehr- wie auch als Handbuch zu bezeichnen – hervor­ragend, das inhomogene Themengebiet des „inter­nationalen Strafrechts“ gleichzeitig ausführlich und tiefgehend darzustellen und dennoch einen Rahmen einzuhalten, der es nicht zu einem reinen Nachschlagewerk werden lässt, wenngleich es sich auch hierzu natürlich sehr gut eignet, wie Gölly[4] an anderer Stelle zutreffend feststellt. Das Werk zeichnet sich durch einen „gut verständlichen Schreibstil, den übersichtlichen Aufbau, zahllose Schaubilder und Fallbeispiele aus“ und ist damit gleichermaßen als studentisches Studienbuch (wenngleich inzwischen für den Eigenerwerb i. d. R. für den / die Studierende(n) zu teuer) wie auch mit seinen umfangreichen Informationsspeicher als Nachschlagewerk für erfahrene Strafrechts­wissenschaftler und -praktiker sehr gut geeignet. Es gehört daher in jede strafrechtswissenschaftliche Fachbibliothek.

„Der Ambos“ zeigt deutlich auf, dass die Zeiten, in denen das Strafrecht als Rechtsgebiet zum Kernbereich staatlicher Souveränität zu zählen war, nicht erst seit Verankerung völkerstrafrechtlicher Bestandteile im deutschen Strafrecht (VStGB) längst vorbei sind. Trüg[5] verweist an anderer Stelle in diesem Zusammenhang vice versa ebenso auf die zahllosen und „kaum mehr wegzudenkenden Internationalen Straf­gerichtshöfe, die überstaatliches Recht in Gestalt des Völkerrechts zur Aburteilung schwerster Ver­brechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen anwenden und ggf. durchsetzen“, wie auch auf die fortschreitenden Bestrebungen zur Begründung / zum Ausbau eines „europäischen Strafrechts“ (im Rahmen der europäischen Annexkompetenz zur Harmonisierung des Strafrechts, soweit dies „unerlässlich für die Durchführung der Politik der Union in einem bereits harmonisierten Politikbereich ist“, Art. 83 Abs. 2 AEUV)  hin. Insofern zeigt Ambos schon einleitend auf S. 1 des Werkes die irrtümliche Verwendung des Begriffs „internationales Strafrecht“ in der Literatur in Bezug auf die Eröffnung der Anwendung deutschen Strafrechts (§§ 3-7 StGB) auf und mahnt die korrektere Verwendung des Begriffs „transnationales Strafrecht“ bei derartigen Fallgestaltungen an. Internationales Strafrecht korreliert natürlich auch mit der Notwendigkeit internationalen Strafverfahrensrechts (Völkerstrafprozessrecht), was der Autor ebenso eindringlich darlegt.

Das Werk, Rechtsstand Dezember 2017, in dem der Autor einleitend darauf verweist, dass die Dynamik der Entwicklung dieses Gebietes eine fortlaufend aktuelle, literatur- und ent­scheidungsprozesstheoretische Durchdringung der behandelten Rechtssphären kaum noch zulässt, ist dennoch vor allem für Strafrechtspraktiker und -anwender unheimlich wertvoll. Schon deshalb – um nur auf einen kleinen Teil (§ 12) des Werkes zu reflektieren –  weil mindestens mittlere bis größere strafrechtsrelevante Sachverhalte und Verfahren kaum noch ohne länderübergreifende Rechts­hilfekomponente, die Ambos im Kapitel 12 des Werkes „kursorisch“ auf knapp 100 Seiten „anreißt“, schon innerhalb Europäischen Union kaum noch vorstellbar sind, wie z. B. polizeilicherseits am Beispiel des Phänomens der Geldautomatensprengungen in jüngerer Zeit ziemlich deutlich wird. Gleiches gilt generell für Btm-Sachverhalte und wirtschafts- oder steuerstrafrechtliche Verfahren.

[1] Prof. Dr. iur. Dr. h. c. Kai Ambos, Universität Göttingen, Institut für Kriminalwissenschaften, Abteilung für ausländisches und internationales Strafrecht, Lehrstuhl für Straf- und Strafprozessrecht, Rechtsvergleichung, Internationales Strafrecht und Völkerrecht.

[2] Siehe Website des Verlags.

[3] Krumm, im Juni 2018, vgl. unter der URL: http://dierezensenten.blogspot.com/2018/06/rezension-internationales-strafrecht.html

[4] Ders. in: ZJS, 2017, Ausgabe 1, S. 129 f.

[5] StraFo (2015), Heft 4, S. 175 f.

Rezensiert von: Holger Plank