Martin H. W. Möllers / Robert Chr. van Ooyen (Hrsg.) – Jahrbuch Öffentliche Sicherheit (JBÖS) 2018/2019 – Rezensiert von: Holger Plank

Möllers, Martin H. W.[1] / van Ooyen, Robert Chr. [2] (Hrsg.); Jahrbuch Öffentliche Sicherheit (JBÖS) 2018/2019. [3]; ISBN: 978-3-86676-570-2, 658 Seiten, Verlag für Polizeiwissenschaft (dort gleichnamige Schriftenreihe), Frankfurt und Nomos Verlag, Baden-Baden, 2019, 59.90 €

Die beiden Herausgeber haben, wenn man so will, mit dem aktuellen JBÖS einen „Jubiläums­band“ herausgebracht. Die Reihe, seit der ersten Auflage 2002/2003 nun mit dem (ohne die zahlreichen Sonderbände) zehnten Band im Verlag für Polizei­wissenschaft erschienen, ist inzwischen gut eingeführt und etabliert. Schon deshalb wünscht man sich angesichts des wiederum interessanten Portfolios von 46 Aufsätzen von 51 Autorinnen und Autoren zu aktuellen sicherheitspolitischen Themen (Link zur Kapitelübersicht, Fn. 3) eine möglichst dauerhafte Fortsetzung der Reihe, an der sich hoffentlich auch der Mitherausgeber Martin H. W. Möllers aus dem wohlverdienten Ruhestand heraus weiter beteiligen wird.

Ein aktueller Themenschwerpunkt dieses Bandes der Reihe sind neben der regel­mäßigen und gerade jetzt wieder hochaktuellen Rubrik „Extremismus / Radikalismus“ sicher die Kapitel „Neue Polizeigesetze und Ausweitung der Befugnisse“ sowie „Zukunft der deutschen Sicherheitsarchitektur“. Im letztgenannten Kapitel „Zukunft der deutschen Sicherheitsarchitektur“ steuern die vier Autoren Prof. Dr. Jan-Hendrik Dietrich[4], Prof. Dr. Dr. Ino Augsberg[5], Prof. Dr. Matthias Jahn[6] und Prof. Dr. Jens Puschke[7] leicht veränderte Versionen ihrer sehr interessanten Impulsvorträge, die sie anlässlich der 1. Münchner Fachtagung zum Sicherheitsrecht der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag im September 2018[8] gehalten haben, zu dem Sammelband bei. Zudem kommentiert der Mitherausgeber Möllers den neuen, durch das BVerfG im Rahmen seiner Entscheidung zum BKA-Gesetz vom 20.04.2016 (dort Rn. 112) definierten Gefahrenbegriff der „drohenden Gefahr“, wie er in Art. 11 Abs. 3 des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (BayPAG), so deutlich wie in keinem anderen Länderpoli­zeigesetz im Anschluss an die polizeiliche „Generalklausel“ herausgestellt, übernom­men wurde. Man darf gespannt sein, wie die allein gegen das BayPAG erhobenen zwölf „Popularklagen“, „Meinungsverschiedenheiten“, Normenkontroll­anträge und Verfassungsbeschwerden gegen inzwischen nahezu alle Befugnisartikel des BayPAG zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof und zum Bundesverfassungsgericht entschieden werden. Bislang ist erst ein Abweisungsbeschluss vom 07.03.2019 zu einem Eilrechtsschutzantrag (Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Aussetzung des Vollzugs der beklagten Vorschriften des PAG, der mit der Popularklage verbunden war) des Bundes für Geistesfreiheit München mit einigen interessanten Obiter dicta (A. a. O., S. 32 ff., S. 42 ff. zur drohenden Gefahr) durch den Bayerischen Verfassungs­gerichtshof bekannt.

Einige polizeiwissenschaftlich respektive kriminologisch aktuelle und daher ebenso interessante Beiträge finden sich im Kapitel „Öffentliche Sicherheit in Deutschland II: insbesondere Polizei“. So beleuchtet z. B. Prof. Dr. Rafael Behr[9] von der Akademie der Polizei Hamburg die Rolle der Polizei rund um den G20-Gipfel und der Mitherausgeber Möllers und Tim Schlun[10] widmen sich des nicht nur wegen der noch laufenden, von der DFG geförderten Studie „KVIAPOL“ am Lehrstuhl von Prof. Dr. Singelnstein wichtigen Thematik Gewaltausübung durch Polizeibeamte sowie dem (inner-) polizeilichen bzw. justiziellen Umgang damit. In diesem Zusammenhang berichten Philipp Buchallik und Benjamin Behschnitt, beide von der TU Dresden, von der „Zentralen Beschwerdestelle der sächsischen Polizei im Kontext des polizeilichen Beschwerdemanagements der anderen Länder“ und reflektieren hierbei auch auf die Forderungen derartiger (unabhängiger) Beschwerdestellen oder Ombudsleute.

Den Herausgebern ist wiederum gelungen, eine sehr interessante und zumeist aktuelle Melange von Beiträgen zusammenzustellen, die das JBÖS als doppeljährlich er­scheinenden Sammelband im Überblick für seine Leser so attraktiv macht. Es bietet nämlich ein schnelles, dennoch recht gehaltvolles und hinreichend kritisch-reflexives Update zu aktuellen kriminalpolitischen, polizeiwissenschaftlichen, kriminologischen, soziologischen, strafrechtswissenschaftlichen und -praktischen Frage- und Problem­stellungen. Daneben bietet es stets wertvolle theoretische Reflexionen des facetten­reichen Begriffs der (öffentlichen) Sicherheit, der sich gerade in jüngerer Vergangenheit sehr dynamisch fortentwickelt.

[1] Prof. (a. D.) Dr. phil. Möllers, bis zu seiner Pensionierung im November 2018 Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Prof. für Staatsrecht und Politik im Studienbereich Staats- und Gesellschaftswissenschaften am Fachbereich Bundespolizei, Lübeck.

[2] Prof. Dr. phil. van Ooyen, seit 2001 Hochschullehrer für Staats- und Gesellschaftswissenschaften an der Hochschule des Bundes, Mitherausgeber der Zeitschrift Recht und Politik (RuP).

[3] Siehe Kapitelübersicht auf der Website des Verlags für Polizeiwissenschaft.

[4] Prof. Dr. iur. Dietrich, Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Nach­richtendienste, Berlin.

[5] Prof. Dr. iur., Dr. phil. Augsberg, Lehrstuhl für Rechtsphilosophie und Öffentliches Recht an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Prozessbevollmächtigter für die Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN im Bayerischen Landtag im Rahmen einer Meinungsverschiedenheit, einer besonderen „Verfassungsbeschwerde“ nach Bayerischem Verfassungsrecht, zur ersten Novelle 2017 des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof.

[6] Prof. Dr. Jahn, Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Rechtstheorie an der Goethe Universität Frankfurt a. Main, Richter am OLG Frankfurt.

[7] Prof. Dr. iur. Puschke, LL.M. (King`s College), Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Krimino­logie und Medizinstrafrecht an der Philipps-Universität Marburg.

[8] Die Vorträge sind auch als Videostream auf YouTube verfügbar (zuletzt abgerufen am 30.06.2019).

[9] Prof. Dr. phil. Behr, Professur für Polizeiwissenschaften mit den Schwerpunkten Kriminologie und Soziologie am Fachhochschulbereich der Akademie der Polizei Hamburg, Leiter der Forschungsstelle Kultur und Sicherheit (FoKuS).

[10] Dr. iur. Tim Schlun, Gründungspartner der RA-Kanzlei Schlun & Elseven in Aachen.

Rezensiert von: Holger Plank