Frank Kawelowski, Sabine Mecking – Polizei im Wandel. 70 Jahre Polizeiarbeit in Nordrhein-Westfalen – Rezensiert von: Thomas Feltes

Kawelowski, Frank, Mecking, Sabine; Polizei im Wandel. 70 Jahre Polizeiarbeit in Nordrhein-Westfalen; Greven Verlag, Köln 2019, ISBN-13: 9783774309036, 135 Seiten, 25.- Euro

Bilder sagen mehr als tausend Worte – so sagt man, aber dieser Band ist mehr als ein „Bildband“. Das machen schon die ersten Sätze der Autoren deutlich, die zu Beginn schreiben: „Polizeigeschichte ist Gesellschaftsgeschichte. Sie gibt Auskunft über Regeln und Gesellschaft“. Und genau so ist es: Wer den optisch, vor allem aber auch inhaltlich sehr gut gemachten Band durchblättert, wird sehr schnell anfangen zu lesen, und zwar vom Anfang bis zum Ende. Den beiden Autoren gelingt das Kunststück, mit den Bildern einen Blickfang zu haben und auch zu illustrieren; die Bilder „verführen“ aber vor allem dazu, die Geschichte dahinter erfahren zu wollen, und da kommt dann der Text ins Spiel.

Ja, Bilder können auch lügen, oder besser gesagt für Lügengeschichten missbraucht und verfälscht werden. Umso wichtiger ist ein objektiver, aber dennoch beteiligter Blick auf das Geschehen. Diesen Blick liefern die Autoren des Buches, weil sie wissen, wovon sie schreiben und warum sie welche Bilder für das Buch ausgewählt haben.

So geht der Band dann tatsächlich der Frage nach (und beantwortet sie auch), welche Veränderungen sich innerhalb der Polizei in den letzten siebzig Jahren strukturell, personell, aber auch bei der Aufgabenstellung, der eigenen Zielsetzung und dem Selbstverständnis der Polizei vollzogen haben. Und zwar nicht nur in NRW, sondern überall in Deutschland. Insofern ist dieses Buch zwar auch ein Werk mit Lokalkolorit; letztlich aber könnten die Bilder überall in Deutschland entstanden sein, und damit ist es den Autoren gelungen, tatsächlich eine Zeitreise durch die Polizei in Deutschland anzubieten.

Eine Zeitreise in Bildern“, die „konkreter als Schimanski – echter als Toto und Harry“ sei, für „für Fans und Kritiker“ sei das Buch bestimmt und Themen wie „Schwarzmarkt, Gladbeck, Hambacher Forst“ behandele es. So wirbt der Verlag für dieses Buch, und selten ist eine Werbung so danebengegangen.

Zwar finden sich danach auf der Website[1] auch noch einige Sätze zum Inhalt des Buches („Wie sich dieser konfliktreiche Wandel zwischen alten Denkmustern und gesellschaftlichem Aufbruch vollzog, zeigt der Band anschaulich mit Einsatzbeispielen und Einblicken in den polizeilichen Arbeitsalltag. Acht chronologisch gegliederte Kapitel fassen die wechselvolle Geschichte der Polizei in Nordrhein-Westfalen von den Anfängen bis zur Gegenwart prägnant zusammen und machen sie mit zahlreichen, größtenteils erstmals veröffentlichten Fotos unmittelbar erlebbar“), offensichtlich aber konnte der Verlag der Versuchung nicht widerstehen, das Werk möglichst reißerisch anzupreisen. Schade, denn es ist gerade kein „Bildband“ für den alltäglichen Gebrauch, und der Inhalt hat wenig bis gar nichts mit Schimanski oder Toto und Harry zu tun.

Gut auch, dass die Autoren den Politikwissenschaftler Claus Leggewie[2] um ein „skeptisches Nachwort“ (S. 119 ff.) gebeten haben – wahrscheinlich hatten sie ihn um ein „Nachwort“ gebeten, und das „Skeptische“ kam dann von Leggewie hinzu. Jedenfalls sind die Zeilen des international renommierten Wissenschaftskollegen überaus lesenswert und sie passen auch vom Anspruch her in dieses Buch. Glückwunsch.

Wenn die Autoren dann ihr Buch mit den Worten schließen: „Durch ein besonnenes Handeln in nervösen Zeiten kann die Polizei und damit jede Polizistin und jeder Polizist dazu beitragen, politischen und sozialen Frieden zu bewahren“ (S. 117), dann bleibt nur zu hoffen, dass auch dies von den polizeilichen und nicht-polizeilichen Leserinnen und Lesern wahr- und ernstgenommen wird. In Zeiten wie diesen, in denen die Unterstützung des demokratischen Grundgedankens fast täglich schwindet und sich ganze Bevölkerungsschichten abgehängt fühlen, ist dies notwendiger denn je. Denn die Polizei darf diesem gesellschaftlichen Trend nicht nachgeben – oder ihn gar versuchen aufzunehmen, in dem sie repressiver wird. Das wäre ein fatales Signal.

Noch ein Vorschlag zum Schluss: Wenn der Verlag den Text ins Englische übersetzen lassen würde, dann hätten wir endlich ein Buch, das deutsche Polizeigeschichte auch für ausländische Kolleginnen und Kollegen (in Wissenschaft und Praxis) anschaulich darstellt und wir müssten uns nicht immer mit den meist englischsprachigen Veröffentlichungen aus dem Ausland herumschlagen, in denen die deutsche Polizei doch sehr „begrenzt“ dargestellt wird (manchmal auch im wahrsten Sinn des Wortes).

Und dann doch noch ein Lob an den Verlag: Der Verkaufspreis von 25.- Euro ist fair und sollte dazu führen, dass auch der eine oder andere Polizeianwärter (nicht nur in NRW) diesen Band kauft. Dass ihn alle Polizeihochschulen und Ausbildungseinrichtungen bei sich ins Regal stellen, versteht sich doch wohl von selbst. Oder?

[1] https://shop.greven-verlag.de/polizei-im-wandel.html

[2] http://www.leggewie.de/

Rezensiert von: Thomas Feltes