Frank Neubacher, Kriminologie, 4. Auflage 2020. Rezensiert von Thomas Feltes

Frank Neubacher, Kriminologie. 4. Auflage 2020, 270 S., Broschiert, ISBN 978-3-8487-4453-4, 25,90 Euro, e-book gleicher Preis.

Inzwischen in vierter Auflage erschienen, hat sich das Lehrbuch von Neubacher zu einem der Standardwerke für universitäre Kriminologie-Vorlesungen entwickelt – sicherlich auch deshalb, weil es aus einer solchen Vorlesung heraus entstanden ist. Auf rund 270 Seiten findet sich eigentlich alles, was man zum Thema „Kriminologie“ wissen muss, wenn auch natürlich nicht in der Tiefe und Breite, wie es andere, wesentlich umfangreichere Lehrbücher können. Allerdings „spielen“ die dann auch preislich in einer anderen Liga, und kaum ein Jura-Student wird sie sich zulegen (können).
Da ist das Buch von Neubacher schon wesentlich besser geeignet, und nicht nur wegen des Preises, sondern auch, weil es auch dort zur Begleitlektüre dient, wo der/die Dozierende sich nicht an die Gliederung des Buches hält. Die einzelnen Kapitel eignen sich bestens zum Nachschlagen und damit zur Nach- oder Vorbereitung von Vorlesungen. Denn neben den Grundlagen der Kriminologie (u.a. Begriff und Geschichte, Hell- und Dunkelfeld der Kriminalität, Alter, Geschlecht, Kriminalitätstheorien, Viktimologie, Kriminalprävention) werden auch (ab S. 161) spezielle Tat- und Tätergruppen vorgestellt.

Nicht immer ganz nachvollziehbar ist die Entscheidung, wie tiefgehend jeweils ein Thema behandelt wird. So ist das Kapitel über das Milgram-Experiment (S. 122 ff.) zwar spannend, aber genauso umfangreich wie die Kapitel über Sexualkriminalität (S.214 ff.) oder Kriminalität und Geschlecht (S. 82 ff.), wobei letzteres Thema sicherlich eine etwas ausführlichere Befassung verdient hätte, ebenso wie das Thema „Ausländerkriminalität“.

Der Text wird mit Hilfe von Abbildungen und Zusammenfassungen anschaulich aufbereitet, ausgesuchte Literaturhinweise und Internet-Adressen sind selbstverständlich. Da das Buch zur Vor- und Nachbereitung von Vorlesungen im Grundlagenbereich „Kriminologie“ und im entsprechenden Schwerpunktbereich und damit dem erfolgreichen Abschluss des universitären Schwerpunktexamens dient, werden auch einige Original-Prüfungsaufgaben mit den dazu gehörenden Antworten wiedergegeben.

Insgesamt ein angemessen kurzes, aber dennoch nicht oberflächliches oder gar tendenziöses Buch (leider sind solche (noch) immer auf dem Markt ), das durch Zusammenfassungen und Hervorhebungen auch gut strukturiert ist. Es ist in jedem Fall den im Internet verfügbaren „Skripten“ oder Texten vorzuziehen, nicht nur, weil ein Buch eben ein Buch ist – und mit dem kann man viel besser und nachhaltiger arbeiten als mit einem pdf-Dokument oder einem Ausdruck. Und die 25.- Euro sind gut angelegt, zumal man das Buch ja „gut gebraucht“ an den Nachfolgejahrgang weiterverkaufe kann, wenn man nicht doch Gefallen an dieser Wissenschaft gefunden hat und den Band als Nachschlagewerk behalten will.

Kritisch ist die doch sehr kleine Schrifttype anzumerken. Hier sollte der Verlag bei einer Neuauflage dem Autor einige Seiten mehr geben und die Schriftgröße erhöhen. Auch ein (preislich interessantes) E-Book wäre empfehlenswert.

Thomas Feltes, April 2020