Lutz Meyer-Goßner, Bertram Schmitt (Hrsg.): Strafprozessordnung mit GVG und Nebengesetzen. Rezensiert von Holger Plank

Meyer-Goßner, Lutz / Schmitt, Bertram[1] (Hrsg.): Strafprozessordnung mit GVG und Nebengesetzen[2]. ISBN: 978-3-406-78383-9, 2758 Seiten, C. H. Beck, München, 65. Auflage 2022, 105.- €.

Der von Otto Schwarz (bis zur 22. Auflage) begründete, in dessen Nachfolge von Theodor Kleinknecht, Karlheinz Meyer, bis zur 60. Auflage 2017 von Lutz Meyer-Goßner und seither von Bertram Schmitt (Fn. 1) unter Mitarbeit von Marcus Köhler[3] in der 65. Auflage herausgegebene „Kurzkommentar“ zur Strafprozessordnung erscheint als Band 6 in der Reihe Beck`sche Kurzkommentare des C. H. Beck Verlags. Der Kommentar umfasst Gesetzgebung, Rechtsprechung und Schrifttum auf dem Stand März 2022. Die wesentlichen, seit der 64. Auflage aufgenommenen und umfänglich kommentierten legislativen Änderungen sind:

  • Das „Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder“ (BGBl. I 33, S. 1810 vom 16.06.2021),
  • das „Telekomunikationsmodernisierungsgesetz“; das „Gesetz zur Rege­lung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre in der Tele­kommunikation und der Telemedien“ (BGBl. I 35, S. 1858, 1982 vom 23.06.2021),
  • das umfangreiche „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO und zur Änderung weiterer Vorschriften“ (BGBl. I 37, S. 2099 vom 25.06.2021),
  • das „Gesetz zur Änderung des StGB – Strafbarkeit des Betreibens krimineller Plattformen im Internet“ (BGBl. I 54, S. 3544 vom 12.08.2021),
  • das „Gesetz zur Änderung des StGB – Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen sog. Feindeslisten, Strafbarkeit der Verbreitung und des Besitzes von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern und Verbesserung der Bekämpfung verhetzender Inhalte sowie Bekämpfung von Propagandamitteln und Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“ (BGBl. I 66, S. 4250 vom 21.09.2021) und – last but not least –
  • das „Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit – Erweiterung der Wiederaufnahmemöglichkeiten zuungusten des Verurteilten“ (BGBl. I, 86, S. 5252 vom 05.10.2021).

Besonderes Augenmerk legen die beiden Kommentatoren auf die legislativen Än­derungen iZm dem dritten und letzten Aufzählungszeichen. Gegen die Er­weiterung der Wiederaufnahmemöglichkeiten zuungunsten des Verurteilten gem. § 362 Nr. 5 der StPO war im Übrigen bereits am 14. Juli 2022 ein Eilantrag zum BVerfG teilweise erfolgreich (2 BvR 900/22), der Untersuchungshaftbefehl gegen den Tatverdächtigen im Fall Frederike von Möhlmann (1981) wurde außer Vollzug gesetzt. In der Hauptsache ist noch nicht entschieden. In der Entscheidungsvorschau des BVerfG für das Jahr 2022 ist bislang kein Verweis enthalten. Auch die seit der Vorgängerauflage aufgenommenen vielfältige aktuelle Rechtsprechung mit umfangreichen Verweisen auf die hierzu erschienene Fachliteratur lässt für den Rechtsanwender kaum eine Frage offen.

Die jährliche Neuauflage des Meyer-Goßner / Schmitt ausführlich besprechen oder gar würdigen zu wollen, hieße „Eulen nach Athen zu tragen“. Nicht umsonst fehlt der Kommentar in keiner fachanwaltlichen Kanzlei, keinem Sitzungssaal, keiner Fachbibliothek und er ist in nahezu allen Bundesländern zur Zweiten Juristischen Staatsprüfung zugelassen. Es dürfte sich um den meistgenutzten Kommentar zur StPO handeln. Aus gutem Grund, er bietet eine fundierte und – wo erforderlich – auch hinreichend tiefe Orientierung zu den allermeisten relevanten Problemstellungen und bietet zudem die Verweise auf die hierzu ergangenen Entscheidungen / zur in diesem Kontext lesenswerten Literatur / weitergehenden Kommentierung. So bleibt der Blick auf die jeweils herrschende Meinung klar, ohne kritische Untertöne hierzu zu vernachlässigen. Ich kenne keine kritische Besprechung des Werkes, vielmehr kumulieren die Superlative in der Besprechungsliteratur. Man darf sich also guten Gewissens der hM der Kom­mentierungen, gekennzeichnet durch die Prädikate „Goldstandard“ bzw. „Maß­stab und Referenz für alle Verfahrensbeteiligten“[4], anschließen.

Insofern stimmt – trotz des Umstandes, dass der Kommentar in der Neuauflage erstmals die 100-Euro-Marke reißt – auch weiterhin das Preis-Leistungs-Ver­hältnis.

Holger Plank (im September 2022)

[1] Prof. Dr. iur. Bertram Schmitt, Mitglied des 2. Strafsenats des BGH (seit 2015 wg. seiner Berufung als Richter am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag beurlaubt), seit April 2000 Honorar­professur an der Universität Würzburg (Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie).

[2] Siehe Verlags-Website von C. H. Beck; Inhaltsverzeichnis und Sachverzeichnis des Werks.

[3] Seit 2018 Mitglied des 5. Strafsenats des BGH.

[4] Juralit, 13.05.2022