Liza Cody. Die Schnellimbissdetektivin. Rezensiert von Thomas Feltes

Liza Cody. Die Schnellimbissdetektivin. Deutsch von Iris Konopik. Ariadne im Argument-Verlag, Hamburg 2024, 352 Seiten, broschiert, ISBN 978-3-86754-275-3, 18,00 €

„Jedes Buch ein Geschenk, weil immer voll auf die Zwölf, unverschämt, subversiv und voller Wärme“ (Else Laudan). „Verglichen mit der Fastfood-Branche wirkt Polizeiarbeit manchmal wie Zuckerschlecken, bloß ohne Zucker“. Was taugt ein Buch, das von taz, SZ und FAZ gleichermaßen gelobt wird? Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Viel. Sehr viel. Unbedingt lesen!

Hannah Abram, die „Schnellimbissdetektivin“, war bei der Metropolitan Police – bis sie ihren Sergeant (natürlich nicht grundlos) in den Kanal warf. Jetzt ackert sie in einer ranzigen Imbissbude und hat Wut im Bauch. Die Fälle, die sie bearbeitet, sind läppisch: Wo treibt sich mein Kerl rum, wer klaut meine Kartoffeln, wo ist mein Hund, wer kippt mir Müll vor die Tür? Dann hat Hannah plötzlich eine Stalkerin am Hals. Nervig, aber im Grunde harmlos – oder doch nicht?

„Die Schnellimbissdetektivin ist Cody pur: rasant und ruppig mit präzisem Blick für Krisen und rabenschwarzem Galgenhumor“.

Wer „Lady Bag“ von Liza Cody gelesen hat (Rezension im Buch-Blog des PNL hier) der weiß, worauf er sich einlässt und was ihn erwartet. Dieses Mal ist eine ehemalige Polizistin die Protagonistin des Buches, und nicht nur deshalb sei das Buch auch und besonders Polizeibeamtinnen (durchaus auch -beamten) empfohlen – sofern sie über die nötige Brise Selbstironie verfügen und so ganz nebenbei das eine oder andere auch für ihre eigene Praxis mitnehmen wollen. Die folgenden Zitate aus dem Buch machen das deutlich:

Zur Vernehmung von Zeugen: „Meine Expertise habe ich von einem alten Bullen gelernt, der sagte: `Ohren auf, Mund zu, Pokerface, und um Himmels willen nie mit einem Zeugen streiten oder ihn auslachen´.“

Zur Online-Kriminalität: „Die sogenannten Ordnungshüter sind praktisch zahnlos gehen die gierigen, mahlenden Kiefer des Online-Kapitalismus“.

Zur Polizeikultur: „… du musst die überholte alte toxische Polizeikultur hinter dir lassen. … Die Welt besteht aus sehr viel mehr als einem Haufen weißer Männer, die einander den Arsch retten und sich überlegen fühlen“.

Das Ganze ist eingepackt in eine rasante Story, oder besser gesagt in mehrere einzelne Geschichten, denn Hannah hat kleinere und größere Aufträge nebeneinander und neben ihrem Job als Schnellimbiss-Bedienung, die manchmal von morgens bis abends im Imbiss steht und auf die das pralle englische Leben einprasselt.

„Wer mich kennt, weiß, dass ich keine flauschige Person bin. Davon können mehrere Polizisten ein Lied singen, darunter ein toxischer Exfreund und ein klatschnasser Sergeant.“

Aufmachung und Format des Buches helfen dabei, es auf Bahnfahrten oder in den Urlaub mitzunehmen. Sehr empfehlenswert, kurzweilig, ohne oberflächlich, die Augen öffnend, ohne zu belehren. Liza Cody eben. Kaufen und lesen.

PS: Die Vorbemerkung der Herausgeberin Else Laudan passt sich dem Stil des Buches vorzüglich an. Sie schreibt über das Buch: „Seit vier Dekaden schmiedet Liza Cody rockige Krimis aus der zugespitzten Normalität eines Landes, das von uns bloß eine Kanalbreite entfernt ist. Ihre Figuren stürmen das Genre und prägen es wie ganz unwahrscheinliche Gütesiegel. … karikieren und verkörpern Codys Frauen die Kehrseiten der großen Erzählung, die Risse im Lack, die bösen Blamagen und schlimmen Schandtaten des Systems. Literatur über Geknechtete, Gebeutelte und Loser, nie beflissen oder freudlos, vielmehr hohnlachend oder mit beißendem Galgenhumor, triumphal ungeschönt. … Und jetzt, wo es immer enger wird, die Schere immer weiter auseinandergeht, wo selbst der Mainstream der Krise gewahr wird, jetzt zaubert Liza Cody uns eine neue Figur aus dem Hut, den sie so gern trägt. Die Neue heißt Hannah, noch keine dreißig, … Die Fälle … sind so schäbig und desolat wie der Alltag im Post-Brexit-London …  Am besten gönnt man sich dabei irgendwas Ungesundes zu essen – Fritten oder Sandwiches passen ideal, aber Pizza tut’s auch. Film ab!“

Thomas Feltes, Juni 2024