Hartwig Elzermann, Sächsisches Polizeibehördengesetz, 2. Auflage. Rezensiert von Karsten Lauber

Hartwig Elzermann, Sächsisches Polizeibehördengesetz, 2. Auflage. Wiesbaden, Kommunal- und Schul-Verlag 2024, 334 Seiten, ISBN 978-3-8293-1907-2, 40,00 EUR

Nach der sächsischen Polizeirechtsreform 2019 erschien im darauffolgenden Jahr zügig der erste Kommentar von Hartmut Elzermann zum Sächsischen Polizeibehördengesetz (SächsPBG). Die nun veröffentlichte 2. Auflage bezieht die aktuelle Rechtsprechung und Literatur seit Erscheinen der Erstauflage ein. Zudem ist die neue „Gemeindliche-Vollzugsbediensteten-Verordnung“ (GemVollzVO) mit Text und Kommentierung beinhaltet, nachdem das Sächsische Staatsministerium des Innern nach Inkrafttreten des SächsPBG stattliche fünf Jahre benötigte, um die auf § 9 Abs. 2 SächsPBG beruhende Rechtsverordnung zu herauszugeben.

Hartmut Elzermann, Polizeidirektor a. D., ist ehemaliger Dozent an der Hochschule der Sächsischen Polizei in Rothenburg/Oberlausitz. Er ist Ko-Autor für einen Kommentar zum Sächsischen Versammlungsgesetz und kommentierte bereits das vormalige Sächsische Polizeigesetz (SächsPolG) – jeweils mit Henning Schwier. Der Kommentar ist in fünf Abschnitte gegliedert: Aufgaben und allgemeine Bestimmungen, Maßnahmen, Polizeiverordnungen, Datenverarbeitung und Entschädigung

Neben einem aktuellen Vorwort beinhalt der Kommentar ein Abkürzungs-, Literatur- und Stichwortverzeichnis sowie eine Einführung. Der Text und die Kommentierung der GemVollzVO bilden den Anhang. Das detaillierte Inhaltsverzeichnis kann über die Deutsche Nationalbibliothek eingesehen werden.

Gegenüber der Vorauflage erscheint die 2. Auflage in einem neuen Design. Gleich geblieben ist das Format des Buches. Deutlich zugenommen hat hingegen der Umfang des Kommentars, von 227 Seiten der 1. Auflage auf nun 334 Seiten. So erweiterte sich das Literaturverzeichnis von 8,5 Seiten (1. Auflage) auf gut 43 Seiten (2. Auflage) und das Stichwortverzeichnis von 12,5 (1. Auflage) auf 19,5 Seiten (2. Auflage). Im geringen Umfang dürfte auch die großzügigere Textgestaltung zur Steigerung des Seitenumfangs beigetragen haben.

Das Literaturverzeichnis zeigt, dass sich die Aktualisierungen der 2. Auflage nicht unwesentlich auf ordnungs- und versammlungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit COVID-19 beziehen. Der Hinweis im Vorwort in Bezug auf eine Erweiterung der Themen zum Rechtschutz lässt sich im Stichwortverzeichnis gut nachvollziehen. In der ersten Auflage gab es lediglich eine Fundstelle, die auf § 8 SächsPBG (Fachaufsicht) verwies. In der Neuauflage gibt es 18 Querverweise. Ohnehin wurde das Stichwortverzeichnis stark überarbeitet und beinhaltet nun neue Stichwörter wie beispielsweise „Abbrennverbot pyrotechnischer Gegenstände“, „Abfallrecht“, „AIDS“, „Beichtgeheimnis“, „Brechtmittel“, „Bürgerpolizist“ bis hin zu „Racial Profiling“ und „Wachhund“. Ob sich Begriffe wie die die weiterhin beinhaltete „Gute Beleuchtung“ als praxistauglich erweisen, ist fraglich. Die zu starke Ausdifferenzierung des Stichwortverzeichnis ist noch immer ein Manko, obwohl Rezensionshinweise zur 1. Auflage Berücksichtigung fanden (vgl. Lauber 2021: 555). Die „faktische Duldung“ findet sich weiterhin unter dem Buchstaben F und nicht als Unterpunkt der (nicht im Inhaltsverzeichnis genannten) Duldung. Für die zwei Einträge „Museen“ und „Museum“ hätte sich die Reduzierung auf einen Begriff angeboten.

Der Fokus wird an dieser Stelle auf ausgewählte Normen gelegt. Die neu aufgenommene Ziffer 8 zur Kommentierung des § 9 SächsPBG (Gemeindliche Vollzugsbedienstete) widmet sich der Anwendung von unmittelbarem Zwang durch den gemeindlichen Vollzugsdienst, so dass sich durch die neuen Randnummern 11 bis 27 die Ausführungen zu dieser Norm im Umfang verdoppelt haben. Selbstverständlich war der unmittelbare Zwang bereits in der 1. Auflage beinhaltet und zwar als Randnummer 3. Dieser Text wurde auch als Randnummer 3 in die 2. Auflage übernommen, wobei unklar bleibt, weshalb keine Zusammenführung der bisherigen mit der neu aufgenommenen Kommentierung vorgenommen wurde. Die Kommentierung zum unmittelbaren Zwang ist in der Neuauflage also gesplittet: Randnummer 3 beinhaltet den bisherigen Kommentar und die Randnummern 11 ff. den neu aufgenommenen Kommentar. Diese Vorgehensweise ist auch deshalb unglücklich, da in der Randnummer 3 ein wichtiger (praxisnaher) Hinweis auf den Diensthund zur Eigensicherung beinhaltet ist, ohne die Idee explizit der Leipziger Stadtverwaltung zuzuschreiben.

Wenig überzeugend ist der in der Einleitung zum § 9 SächsPBG nicht selten anzutreffende Hinweis, wonach der gemeindliche Vollzugsdienst der Entlastung des Polizeivollzugsdienstes dienen soll (S. 132); in erster Linie ist es Aufgabe des gemeindlichen Vollzugsdienstes, zur Erledigung der originären Aufgaben der kommunalen Polizeibehörden beizutragen.

Im Übrigen beinhaltet die Kommentierung des § 9 SächsPBG gute Literaturhinweise in Bezug auf die Sonder- und Wegerechte (S. 135), den Funktionsvorbehalt (S. 136) und Aspekte der Ausbildung (S. 135 f.). Bemerkenswert ist, dass der Autor nicht auf Untersuchungen über die Wirksamkeit des gemeindlichen Vollzugsdienstes zurückgreift, die u.a. auch in den Rothenburger Beiträgen erschienen sind – der Schriftenreihe seiner ehemaligen Wirkungsstätte, der Fachhochschule der Sächsischen Polizei. Positiv hervorzuheben ist demgegenüber, dass verschiedene Aufsätze über die gemeindlichen Vollzugsbediensteten aus den „Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg“ Berücksichtigung fanden

Wie im Vorwort angekündigt, beinhaltet die Neuauflage insbesondere Erweiterungen beim Rechtsschutz. In der praktischen Umsetzung findet sich nun bei etlichen Normen eine neu aufgenommene Randnummer mit den wesentlichen Rechtsmitteln, bei denen es sich in der Regel um Widerspruch, Anfechtungsklage und Fortsetzungsfeststellungsklage handelt (vgl. S. 185/§ 18, S. 194/§ 19, S. 197/§ 20). Allerdings gibt es auch umfangreichere Ausführungen zum Rechtsschutz, wie beim § 16 SächsPBG (Unmittelbare Ausführung einer Maßnahme, S. 172 f.) oder beim § 32 (Verordnungsrecht, S. 253 f.). § 16 SächsPBG beinhaltet zudem eine neu eingefügte Kommentierung zur Kostenhaftung beim Abschleppen von Fahrzeugen.

Erweitert wurden die Erläuterungen zu § 18 SächsPBG (Identitätsfeststellung, Prüfung von Berechtigungsscheinen). In der dortigen Randnummer 2 erscheint der im Stichwortverzeichnis aufgenommene Begriff „Racial Profiling“ – mit dem Hinweis, wonach das „Problem des sog. racial profiling […] bei Identitätsfeststellungen der Polizeibehörden keine Rolle spielen [dürfte]“ (S. 181). Vermutlich resultiert diese Bewertung aus der fehlenden Befugnis der Polizeibehörden zur sog. anlassunabhängigen Kontrolle, wie sie beispielsweise der alte § 19 Abs. 1 Nr. 2 SächsPolG vorgesehen hat bzw. § 15 Abs. 1 Nr. 2 SächsPVDG für den Polizeivollzugsdienst weiterhin vorsieht (sog. gefährliche Orte). Gleichwohl ist diese These des Autors problematisch und nicht überzeugend, denn auch die bestehenden Befugnisse der Polizeibehörden zur Identitätsfeststellung beinhalten die Möglichkeit einer sachunangemessenen Selektionspraxis.

Ergänzt wurde des Weiteren der Abschnitt über die Polizeiverordnungen. § 32 SächsPBG beinhaltet jetzt eine Abgrenzung der Polizeiverordnung zur Satzung, eine Erweiterung der Ausführungen zu den Mischverordnungen, Abgrenzungen der Gefahrenbegriffe (abstrakte/konkrete Gefahr, Gefahrenverdacht, Gefahrenvorsorge) und Präzisierungen bei der Frage der Bestimmtheit von Polizeiverordnungen. Unverändert ist der Absatz über die Möglichkeit, eine Polizeiverordnung mit dem Ziel zu erlassen, das Füttern von Tauben zu verbieten. Unberücksichtigt blieb dabei die recht stattlich vorliegende Literatur zu den Stadttauben, die für Juristen und Praktiker hilfreich wäre, um die Wirksamkeit eines Taubenfütterungsverbots besser einschätzen zu können. Ausführlichere Hinweise wären auch in Bezug auf die Einrichtung und die Wirksamkeit einer Waffenverbotszone wünschenswert gewesen (vgl. Mühler et al. 2022).

Eine solide Kommentierung der GemVollzVO vom 26. April 2023 ist als Anhang 2 am Ende des Buches zu finden. Elzermann hat sich dieser Verordnung zuletzt in einem Aufsatz gewidmet, der in der Zeitschrift „Sächsische Verwaltungsblätter“ erschienen ist (vgl. Elzermann 2023).

Fazit

Auch weiterhin gilt, dass der empfehlenswerte Kommentar eine heterogene Zielgruppe anspricht und diese zufriedenstellen dürfte. Angesichts der nicht selten anzutreffenden polizeirechtlichen Anwendungsprobleme auf kommunaler Ebene ist dem Kommentar eine große Reichweite zu wünschen – sowohl in der Verwaltung als auch bei kommunalpolitischen Verantwortungsträgern. Hilfreich dabei ist, dass Elzermann die Entwicklungen bei den sächsischen Polizeibehörden im Blick behält und in seinen Kommentar einbezieht. Zu bedauern ist, dass die im geringen Umfang vorhandenen wissenschaftlichen Untersuchungen, die es über die sächsischen Polizeibehörden bzw. die gemeindlichen Vollzugsbediensteten gibt, keine Berücksichtigung fanden. Insofern ist die Aussage im Vorwort, die „Literatur [wäre] umfassend eingearbeitet“ worden, zu hoch gegriffen. Hier besteht Nachbesserungsbedarf für die – hoffentlich erscheinende – 3. Auflage.

Karsten Lauber, Oktober 2024

 

Verwendete Literatur

Elzermann, H. (2023): § 9 Sächsisches Polizeibehördengesetz (SächsPBG) und die Gemeindliche-Vollzugsbediensteten-Verordnung (GemVollzVO) des Staatsministeriums des Innern – oder der Berg kreißte sehr, sehr lange und gebar eine Maus?, in: Sächsische Verwaltungsblätter (31), Nr. 11/2023, S. 329-336.

Lauber, K. (2021): Rezension Sächsisches Polizeibehördengesetz. Hartwig Elzermann. – Kommunal- und Schul-Verlag, Wiesbaden, 2020, in: Landes- und Kommunalverwaltung; Nr. 12/2021, S. 554–555.

Mühler, K.; Dittrich, F.; Fleps, T.; Großmann, P.; Heyden, A.; Keßler, P.; Radici, J. (2022): Die Leipziger Waffenverbotszone. Analysen zu Kriminalitätsverlauf, Akzeptanz und Sicherheitsgefühl, in: Rothenburger Beiträge zur Polizei- und Sicherheitsforschung (109). Rothenburg/O.L.