Frank Urbaniok: Darwin schlägt Kant. Über die Schwächen der menschlichen Vernunft und ihre fatalen Folgen. ISBN: 978-3-280-05722-3, 480 Seiten. Orell Füssli Verlag Zürich, 28.- Euro.
Ist es der „schlagfertige“ Titel („Darwin schlägt Kant“), der Name des Autors oder die Tatsache, dass Frank Urbaniok, in der Vergangenheit mehrmals in (auch negative) Schlagzeilen geraten war, der das Interesse an diesem Buch weckt? Oder i
st es die Tatsache, dass hier ein Psychiater über Vernunft, die, so seine eigene Aussage, „seit Jahrtausenden im Zentrum philosophischen (!) Denkens“ stehe (S. 217), schreibt? Jedenfalls lohnt es sich – auch und besonders wegen der durchgängig sehr positiven Rezensionen des Buches[1] – dieses „Lebenswerk“ (ob Urbaniok es selbst so bezeichnen würde, weiß man nicht) genauer anzusehen. Continue reading Frank Urbaniok: Darwin schlägt Kant. Rezensiert von Thomas Feltes
Lohnt sich eine solche Lektüre? Lohnt es sich, die darin enthaltene Autobiographie dieses „Straftäters“, überschrieben mit „Der Ausreis(ß)ende oder eine Kindheit, die keine Kindheit war“ zu lesen? Um es vorweg zu nehmen: Es lohnt sich auf jeden Fall! 
ökonomische, politische und soziokulturelle Transformationsprozesse, die gegenwärtig noch deutlich an Intensität und Geschwindigkeit zunehmen, verändern die Risikoperzeption der Menschen und des Gesetzgebers. Ganz allgemein stehen traditionelle Gewissheiten zur Disposition, der gewohnten Erwartbarkeit und Berechenbarkeit wird zunehmend das Fundament entzogen. Die Dynamik der Veränderung findet ihre individuelle Entsprechung in abnehmender Überschaubarkeit und sinkender Erwartungssicherheit.
Industrialisierung in Europa vergessen ließ und uns viele Parallelen deshalb verborgen bleiben. Die Gewalt in Afrika, die uns bedrohlich und befremdend erscheint, ist im Vergleich zu den Gewaltexzessen in Europa noch im 20. Jahrhundert unvergleichlich geringer. Unsere eigenen Gewalttraditionen und der Umgang mit Europas Unterschichten im 18. und 19. Jahrhundert werden beim Betrachten der Geschichte Afrikas plötzlich vergessen. Sie werden verdrängt aufgrund des historisch gewachsenen Überlegenheitsgefühls in Europa und Nordamerika. Die Fixierung auf die zu Wohlstandsstaaten entwickelten hochorganisierten Gesellschaften hat, so Bley richtigerweise, zudem dazu geführt, dass diese Lebensform zum Maßstab wurde. Darüber wird sogar verdrängt, dass auch unseren Gesellschaften ein dramatischer und vielleicht auch chaotischer Übergang bevorstehen könnte.