Burke, Hendrik[1]: „Die Polizeiverordnung“[2] ISBN: 978-3-428-15792-1, 281 Seiten, Verlag Duncker & Humblot, Berlin, 2019, Reihe Schriften zum öffentlichen Recht (SÖR), Band 1409, 79,90 € [E-Book als .pdf für 71,90 €])
Tiefgreifende ökonomische, politische und soziokulturelle Transformationsprozesse, d
ie gegenwärtig noch deutlich an Intensität und Geschwindigkeit zunehmen, verändern die Risikoperzeption der Menschen und des Gesetzgebers. Ganz allgemein stehen traditionelle Gewissheiten zur Disposition, der gewohnten Erwartbarkeit und Berechenbarkeit wird zunehmend das Fundament entzogen. Die Dynamik der Veränderung findet ihre individuelle Entsprechung in abnehmender Überschaubarkeit und sinkender Erwartungssicherheit.[3] Eine derartige Risikoperzeption ist immer schwieriger in den klassischen polizeirechtlichen Gefahrenbegriff einzubetten. Besonders terroristische Gewalttaten haben dazu beigetragen, dass Sicherheitsfragen im aktuellen politischen Diskurs einen anhaltend hohen Stellenwert haben.[4] Continue reading Burke, Hendrik : Die Polizeiverordnung. Rezensiert von Holger Plank
reagieren sollte. Um diese Frage zu beantworten begnügt sich die Autorin nicht, bereits bestehende Forschungsergebnisse auszuwerten und zu vergleichen, sondern führt eine eigene – recht breit angelegte (n= 350) – empirische Studie durch, in der sie erforscht, „ob innerhalb der informellen Verfahrenserledigung nach § 45 Abs. 1 und Abs. 2 sowie des § 47 Abs. 1 JGG eine Diversionsvariante im Hinblick auf Spezialprävention und Verfahrensökonomie den anderen überlegen ist.“
angezeigt), also nicht zu einem Strafverfahren führte. In der Stichprobe ist das Dunkelfeld etwa sechsmal größer als das Hellfeld. Damit wären es ca. 12.000 Fälle von Polizeigewalt pro Jahr in Deutschland. Strafverfahren gegen Polizistinnen und Polizisten weisen dabei eine auffallend hohe Einstellungs- sowie eine besonders niedrige Anklagequote auf – dies gilt übrigens auch für die USA (S. 60). Das hier besprochene Buch liefert eine gründliche und wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas und gibt Hinweise, wie man Polizeigewalt evaluieren kann.
Dort steht: „Eine alltägliche Rauschgift-Personenkontrolle eskalierte in Stuttgart zu einer gewalttätigen Straßenschlacht zwischen Polizeibeamten und mehr als 500 (überwiegend alkoholisierten) Jugendlichen. Die Überraschung war in der Öffentlichkeit groß – doch in der Fachwelt relativ klein. Die Ursachen sind mehrschichtig. Das Jahrbuch Sucht 2020 erläutert, warum in jährlich fast 19.000 Fällen Betrunkene „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ leisten“. Interessanter als dieser doch sehr allgemeine Hinweis ist dann ein Zitat eines Stuttgarter Streetworkers. Für Serkan Bicen hat der Gewaltausbruch in Stuttgart einen gesellschaftlichen Riss gezeigt: „Auf der einen Seite Jugendliche, die wenig Geld haben und im Freien mit Alkohol oder Rauschgift feiern wollen – und auf der anderen Seite die wohlhabende Stadtgesellschaft, die sich in Edelrestaurants oder Bars amüsiert. Sowohl die etablierten Bürger als auch Polizisten verhalten sich gegenüber der jugendlichen Spaßgesellschaft häufig „respektlos“, berichtet Bicen. „Das sind überwiegend normale junge Leute, die da nur sitzen und feiern, und dann stürmt eine Hundertschaft Polizisten auf sie zu und will die Ausweise sehen.“ Oft folgt darauf die schroffe Anweisung der Beamten, nachhause zu gehen. „Ich kritisiere das Auftreten von Ordnungshütern, die vielen Kontrollen …“, die während der Corona-Zeit verschärft und vermehrt wurden. Serkan Bicen beobachtete, wie sich mehr und mehr Frust gegen die Polizei aufbaute, – war dann jedoch von der extremen Massivität der Entladung überrascht.